Der Adler ist gelandet
erste Blatt durch. »Pater Voreker und einige Dorfbewohner haben die Leichen der Deutschen identifiziert.« »Wie geht's Voreker?« fragte Corcoran.
»Er ist ziemlich erschüttert, aber sonst scheint ihm nichts zu fehlen. Nach Aussagen der Zeugen sind alle tot, außer Steiner, seinem Stellvertreter Neumann und natürlich dem Iren.«
»Aber wie, zum Teufel, konnten die drei entwischen, das möchte ich endlich wissen?«
»Zunächst schafften sie den Weg in die Sakristei, wo sie vor Garvey und seinen Leuten oben auf dem Gesims sicher waren. Meine Theorie: Als Pamela Voreker und die kleine Prior durch den Priestertunnel flohen, waren sie so in Eile, daß sie die Geheimtür nicht richtig verschlossen.« Corcoran sagte: »Angeblich soll die kleine Prior in diesen Devlin verknallt gewesen sein. Glauben Sie nicht, daß sie die Hand im Spiel haben könnte?«
»Nein, das glaube ich nicht. Pamela Voreker berichtete, das Mädel sei über die ganze Sache verdammt erbittert.«
»Kann sein«, sagte Corcoran. »Übrigens, wie steht es mit den Verlusten auf Ihrer Seite?«
Kane sah die zweite Liste durch. »Mit Shafto und Captain Mallory einundzwanzig Tote und acht Verwundete.« Er schüttelte den Kopf. »Von insgesamt vierzig. Wenn das herauskommt, gibt's einen Heidenstunk.« »Wenn es herauskommt.« »Wie meinen Sie das?«
»London gibt bereits deutlich zu verstehen, daß die Berichterstattung äußerst knapp zu halten sei. Schon weil die Bevölkerung nicht hysterisch gemacht werden soll. Man stelle sich vor: Deutsche Fallschirmjäger landen in Norfolk, um den Premierminister zu entführen. Und hätten's auch um ein Haar geschafft. Ferner: Was hat es mit diesem British Free Corps auf sich? Engländer in der SS. Können Sie sich vorstellen, wie sich das in den Zeitungen machen würde?« Er schauderte. »Ich hätte den verdammten Kerl auch gehenkt.« »Sehe ich ein.«
»Und betrachten Sie es einmal vom Standpunkt des Pentagon aus. Eine amerikanische Eliteeinheit, das Beste vom Besten, läßt sich mit einer Handvoll deutscher Fallschirmjäger ein und muß eine Verlustquote von siebzig Prozent einstecken.«
»Ich weiß nicht recht«, Kane schüttelte den Kopf. »Es sind immerhin ein bißchen viele Mitwisser, die den Mund halten müßten.« »Wir sind im Krieg, Kane«, erwiderte Corcoran. »Und in Kriegszeiten kann dafür gesorgt werden, daß die Leute tun, was man ihnen sagt. Basta.«
Die Tür ging auf, und der junge Corporal schaute herein. »London ruft wieder an, Sir.«
Corcoran eilte hinaus, und Kane folgte ihm. Er zündete sich eine Zigarette an, die er in der hohlen Hand versteckte, als er durch die Vordertür und an den Wachen vorbei die Treppe hinunterging. Es regnete stark und war sehr dunkel, aber als er die Terrasse an der Frontseite des Hauses überquerte, konnte er Nebel in der Luft riechen. Vielleicht hatte Corcoran recht. So müßte es zu schaffen sein. In Kriegszeiten war alles und jedes möglich.
Er war am Fuß der Treppe angelangt, als sich ein Arm um seinen Hals schlang und ein Knie ihm in den Rücken gestoßen wurde. Schwach blinkte ein Messer auf. Jemand sagte: »Weisen Sie sich aus.« »Major Kane.«
Eine Stablampe blitzte kurz auf. »Verzeihung, Sir. Corporal Bleeker.« »Sie sollten doch im Bett liegen, Bleeker. Was ist mit Ihrem Auge?« »Mit fünf Stichen geflickt, Sir. Aber es wird bald wieder in Ordnung sein. Gestatten Sie, Sir, daß ich meine Runde fortsetze?« Er verschwand in der Dunkelheit, und Kane starrte vor sich hin. »Und wenn ich hundert Jahre alt würde«, sagte er leise vor sich hin, »meine Mitmenschen werde ich im ganzen Leben auch nicht annähernd verstehen lernen.«
Im gesamten Gebiet der Nordsee herrschte laut Wetterbericht Windstärke drei bis vier mit einzelnen Regenschauern und bis zum Morgen anhaltendem, strichweisem Nebel. Das S-Boot hatte gute Fahrt gemacht. Um acht Uhr abends hatte es die Minenfelder passiert und befand sich auf Kurs entlang der Küste.
Müller stand am Ruder, und König blickte vom Kartentisch auf, wo er mit größter Sorgfalt den weiteren Kurs berechnet hatte. »Kurs halten, zehn Meilen östlich von Blakeney Point.«
Müller nickte und spähte angestrengt in den milchigen Dunst. »Dieser Nebel macht's auch nicht grade leichter.«
»Ach, ich weiß nicht«, erwiderte König. »Vielleicht sind wir bald schon froh darüber.«
Die Tür flog auf, und Teusen, der Oberfunker, kam herein. Er hielt einen Zettel hoch. »Funkspruch aus Landsvoort, Herr
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