Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Adler ist gelandet

Der Adler ist gelandet

Titel: Der Adler ist gelandet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
»Und denken Sie dran, was ich Ihnen gesagt habe.«
    Als Kommandeur der Home Guard besaß er alle möglichen Spezialkarten der Küstenbefestigung in seinem Abschnitt mit Angabe sämtlicher verminter Strande und - was noch wichtiger war - der Strände, die nur angeblich vermint waren. Einmal hatte er, besorgt um ihr Wohlergehen, zwei volle Stunden lang mit ihr zusammen die Karten studiert und ihr genau gezeigt, welche Stellen sie auf ihren ornithologischen Streifzügen keinesfalls betreten dürfte.
    »Ich weiß, daß ständig Änderungen vorgenommen werden«, sagte sie. »Vielleicht könnten Sie gelegentlich wieder einmal mit Ihren Karten bei mir vorbeikommen und mir nochmals eine Instruktionsstunde erteilen.«
    Seine Augen wurden leicht glasig. »Wäre Ihnen das lieb?« »Natürlich. Heute nachmittag zum Beispiel bin ich zu Hause.« »Nach dem Lunch«, sagte er. »Komme gegen zwei.« Er brauste davon. Joanna Grey stieg wieder aufs Rad und fuhr hinunter zur Hauptstraße, Patch, ihr Hund, trabte hinterdrein. Armer Henry. Sie hatte ihn wirklich gern. Wie ein Kind; und so leicht zu lenken.
    Nach einer halben Stunde schwenkte sie von der
    Küstenstraße ab und radelte einen Deich entlang durch ödes Marschland, das die Bewohner der Gegend Hobs End nannten. Eine eigenartige Landschaft: kleine Buchten, Schlammniederungen und übermannshohe Schilfbahnen, ausschließlich von Vögeln bevölkert; Brachvögeln, Wasserläufern und Wildgänsen, die aus Sibirien kamen, um in den Schlammniederungen zu überwintern. Halbwegs auf dem Deich versteckte sich ein Blockhaus hinter einer zerfallenden Steinmauer. Kümmerliche Fichten ragten darüber auf. Das Haus mit seinen Nebengebäuden und der großen Scheune wirkte recht solide, aber die Fensterläden waren geschlossen, und kein Leben regte sich ringsum. Es war das Deichhegerhaus, und seit 1940 gab es keinen Deichheger mehr.
    Sie fuhr bis zu einem fichtenbestandenen Höhenkamm. Dort stieg sie ab und lehnte das Rad an einen Baum. Vor ihr lagen Sanddünen, und dann kam ein breiter flacher Strand, der sich eine Viertelmeile ins Meer hinausschob, weil Ebbe herrschte. In der Ferne konnte sie die Landspitze jenseits der Bucht sehen, einen großen gekrümmten Finger, der sich um ein Gebiet von Wasserrinnen, Sandbänken und Untiefen legte. Sie nahm ihren

Fotoapparat zur Hand und machte zahlreiche Aufnahmen aus verschiedenen Blickwinkeln. Als sie fertig war, kam der Hund mit einem Stein an, den er ihr zu Füßen legte. »Ja, Patch«, sagte sie sanft, »ich glaube auch, daß es jetzt reicht.«
    Sie schleuderte den Stein über den Stacheldrahtzaun, der den Zutritt zum Strand verwehrte, und Patch raste an dem Pfosten mit dem Warnschild »Vermintes Gelände« vorbei, wand sich unter dem Stacheldraht hindurch und schnappte sich den Stein, ohne in Fetzen gerissen zu werden. Was Joanna Grey nicht erstaunte, da sie von Henry Willoughby zuverlässig wußte, daß auf diesem Strand keine einzige Mine vergraben war. Zu ihrer Linken lagen ein Bunker und ein Maschinengewehrstand, beide deutlich im Stadium des Verfalls, und die Panzerfalle zwischen den Fichten hatte der verwehte Sand aufgefüllt. Vor drei Jahren, nach der Katastrophe von Dünkirchen, waren hier Soldaten gewesen. Vor einem Jahr wenigstens noch Männer von der Home Guard, aber jetzt nicht mehr. Im Juni 1940 war ein zwanzig Meilen tiefer Küstenstreifen zwischen Wash und Rye zum Sperrgebiet erklärt worden. Ortsansässige konnten dort bleiben, aber jeder Fremde mußte für seinen Besuch einen triftigen Grund angeben können. Das alles war heute, nach drei Jahren, ganz anders, niemand kümmerte sich mehr um die Einhaltung der Vorschriften, denn das war schlicht und einfach nicht mehr nötig: Die Invasion der Deutschen würde es nie geben.
    Sie machte kehrt und rannte im Zickzack zwischen den Fichten herum, und der Hund jagte ihr nach und bellte aus Leibeskräften.

    Zwei

    Joanna Greys Bericht traf erst am folgenden Dienstag am Tirpitz-Ufer ein. Stabsfeldwebel Hofer brachte ihn umgehend zu Oberst Radl, der ihn öffnete und den Inhalt sichtete.
    Er enthielt Fotos der Marschen bei Hobs End und der Zugänge zur Küste, die durch eine kodierte Entsprechung auf der Karte bezeichnet waren. Auch der Bericht war wie üblich chiffriert, und Radl gab ihn Hofer.
    »Dringlichkeitsstufe eins. Lassen Sie das dechiffrieren und warten Sie darauf.«
    Es dauerte nicht lange, denn die Abwehr hatte gerade das neue Sonlar-Kodiergerät in Betrieb genommen, ein

Weitere Kostenlose Bücher