Der Adler ist gelandet
der ganzen Abwehrtätigkeit.
Keiner der deutschen Agenten, die nach Irland geschickt worden waren, hatte irgend etwas Brauchbares geleistet. Nur ein einziger hatte sich überhaupt längere Zeit drüben halten können, Hauptmann Goertz, der im Mai 1940 aus einer Heinkel über Meath abgesetzt worden war und neunzehn Monate lang zwar auf freiem Fuß bleiben, aber nichts ausrichten konnte.
Goertz sah die IRA als einen Haufen hoffnungsloser Amateure, die keinerlei Rat annehmen wollten. Wie er Jahre später sagte, verstanden sie sich darauf, für Irland zu sterben, aber für Irland zu kämpfen verstanden sie nicht, und die deutschen Hoffnungen auf regelmäßige Angriffe gegen britische Armee-Einrichtungen in Ulster schwanden dahin. Das alles war Radl längst bekannt. Neugierig hingegen war er auf den Mann, der sich Liam Devlin nannte. Devlin war bereits einmal für die Abwehr über Irland abgesprungen und hatte nicht nur überlebt, sondern sich schließlich sogar wieder bis nach Deutschland durchgeschlagen, eine einmalige Leistung.
Liam Devlin war im Juli 1908 in Lismore in Nordirland zur Welt gekommen, als Sohn eines Kleinpächters, der während des Englisch-Irischen Kriegs 1921 wegen seiner Zugehörigkeit zu einer fliegenden IRA-Kolonne hingerichtet wurde. Die Mutter des Jungen war zu ihrem Bruder gezogen, einem katholischen Priester im Falls-Road-Viertel in Belfast, um ihm den Haushalt zu führen, und dieser Onkel hatte Devlin den Besuch eines Jesuiteninternats im Süden ermöglicht. Danach schaffte er es ins Trinity College in Dublin, wo er mit Auszeichnung in Englischer Literatur promovierte.
Er veröffentlichte ein paar Gedichte, strebte den Journalistenberuf an und wäre vermutlich ein erfolgreicher Schriftsteller geworden, hätte sich nicht 1931 jener Vorfall abgespielt, der seinem ganzen ferneren Leben eine völlig neue Wendung geben sollte. Ein Besuch bei den Seinen in Belfast in diesem Jahr fiel in eine Periode schwerer Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen, und er wurde Zeuge, wie eine Horde irischer Protestanten die Kirche seines Onkels plünderte. Der alte Priester wurde so brutal geschlagen, daß er ein Auge verlor. Von diesem Augenblick an hatte Devlin sich mit Leib und Seele der Republikanischen Sache verschrieben. Bei einem Banküberfall in Derry, den er 1932 ausführte, um für die Bewegung Geld zu beschaffen, wurde er in ein Feuergefecht mit der Polizei verwickelt und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. 1934 brach er aus der Strafanstalt Crumlin Road aus und organisierte als Flüchtling die Verteidigung der katholischen Stadtviertel in Belfast während der Unruhen von 1935.
1936 ging er nach Spanien und kämpfte in der Lincoln Washington Brigade. Er wurde verwundet und von den Italienern gefangengenommen, jedoch nicht erschossen, sondern für einen möglichen Austausch gegen einen italienischen Offizier in Gewahrsam gehalten. Es kam zwar nie zu einem solchen Austausch, aber er hatte auf diese Weise wenigstens den Krieg überlebt. Schließlich verurteilte ihn die Regierung Franco zu lebenslänglicher Haft.
Im Herbst 1940 wurde er auf Betreiben der Abwehr freigelassen und nach Berlin gebracht, da man hoffte, ihn für den deutschen Geheimdienst einsetzen zu können. Bedauerlicherweise stellte sich jedoch heraus, daß Devlin zwar wenig für die Kommunisten übrig hatte, aber auch entschiedener Antifaschist war, eine Tatsache, die er während seiner Befragung eindeutig klarmachte. Da er folglich als schweres Sicherheitsrisiko galt, beschloß man, ihn nur für unbedeutendere Übersetzungsarbeiten und für englische Vorlesungen an der Berliner Universität zu verwenden. Dann jedoch kam die dramatische Wende. Die Abwehr hatte bereits mehrere Versuche unternommen, Goertz aus Irland herauszuholen. Alle waren gescheitert. In ihrer Verzweiflung hatte die Irland-Abteilung sich an Devlin gewandt und ihn beauftragt, mit gefälschten Papieren über Irland abzuspringen, mit Goertz Kontakt aufzunehmen und ihn auf einem portugiesischen oder einem sonstigen neutralen Schiff herauszuschmuggeln. Devlin wurde am 18. Oktober 1941 in Meath abgesetzt, aber noch ehe er sich mit Goertz in Verbindung setzen konnte, wurde der Deutsche von der IrlandAbteilung des britischen Geheimdienstes festgenommen. Devlin hatte aufreibende Monate im Untergrund verbracht, auf Schritt und Tritt von Verrat bedroht, denn die irische Regierung hatte so viele IRA-Anhänger im Curragh interniert, daß kaum noch zuverlässige Leute
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