Der Adler ist gelandet
bekommen.« Himmler rieb sich lebhaft die Hände. »Das wäre also erledigt. Sie sind bereit, die Aufgabe zu übernehmen, die der Führer Ihnen anvertraut?« Hierauf gab es nur eine Antwort: »Jawohl, Reichsführer.« »Gut. Kommen wir also zur Sache. Mit Steiner haben Sie eine gute Wahl getroffen. Genau der richtige Mann. Ich schlage vor, daß Sie ihn unverzüglich aufsuchen.«
»Wäre es nicht denkbar«, sagte Radl vorsichtig, »daß er in Anbetracht seiner jüngsten Erlebnisse nicht an einem solchen Auftrag interessiert wäre?«
»Er hat keine Wahl«, sagte Himmler. »Vor vier Tagen wurde sein Vater unter dem Verdacht des Hochverrats festgenommen.« »General Steiner?« fragte Radl betroffen.
»Ja, der alte Narr scheint sich mit den falschen Leuten eingelassen zu haben. Er wird eben jetzt nach Berlin gebracht.« »In die... in die Prinz-Albrecht-Straße?«
»Wohin sonst? Sie sollten Steiner klarmachen, daß es nicht
nur seinen eigenen Interessen förderlich wäre, wenn er dem Reich jetzt nach besten Kräften diente. Ein solcher Treuebeweis könnte auch das Schicksal seines Vaters entscheidend beeinflussen.« Radl war zutiefst entsetzt, aber Himmler sprach ungerührt weiter. »Jetzt ein paar konkrete Einzelheiten. Ich bitte um Vortrag über die Tarnungsmöglichkeiten, die Sie in Ihrem Expose erwähnen. Das interessiert mich.«
Radl überkam ein Gefühl völliger Unwirklichkeit. Dieser furchtbare kleine Mann in der schwarzen Uniform, ehemaliger Hühnerzüchter und Düngemittel-Vertreter, brauchte nur einen Finger zu heben, um Tod und Vernichtung zu entfesseln. Und niemand war davor sicher - niemand. Radl wußte von Leuten, die nach dem Auftauchen der Gestapo spurlos verschwunden waren, ganze Familien, und er dachte an Trudi, seine Frau, und an die drei geliebten Töchter, und der gleiche verzweifelte Mut, der ihn durch den Winterkrieg geleitet hatte, durchströmte ihn aufs neue. Für sie, dachte er, für sie muß ich durchhalten. Um jeden Preis. Er begann zu sprechen und staunte selber über die Gelassenheit seiner Stimme. »Die Briten haben zahlreiche Kommandoregimenter, aber eine der erfolgreichsten war die von einem britischen Offizier namens Stirling gebildete Einheit, die hinter unseren Linien in Afrika operierte. Der Special Air Service.«
»Ah ja, der Mann, den sie den Phantom-Major nannten. Der Rommel so imponiert hat.«
»Er wurde im Januar dieses Jahres gefangengenommen, Reichsführer. Soviel ich weiß, ist er jetzt in Colditz, aber die von ihm eingeleiteten Aktivitäten wurden nicht nur fortgesetzt, sondern noch erweitert. Nach unseren Informationen sollen in nächster Zeit, vermutlich zwecks Vorbereitung einer Invasion Europas, das erste und zweite SAS-Regiment und das dritte und vierte französische Fallschirmbataillon nach England verlegt werden. Sogar eine polnische Fallschirmschwadron ist dabei.« »Und worauf wollen Sie hinaus?«
»Die reguläre Army weiß wenig über diese Einheiten. Ihre Aufgaben gelten allgemein als streng geheim, folglich dürfte niemand neugierige Fragen stellen.«
»Sie beabsichtigen demnach, unsere Leute als polnische Mitglieder einer solchen Einheit auftreten zu lassen?« »Jawohl, Reichsführer.« »Und die Uniformen?«
»In diesen Einheiten werden vorwiegend Tarnanzüge getragen, die denen der SS ziemlich ähnlich sind. Dazu die roten englischen Fallschirmjägermützen mit einem besonderen Abzeichen. Die Abwehr hat Vorräte an derartiger Kleidung, die gefangenen SAS-Leuten auf den griechischen Inseln, in Jugoslawien und Albanien abgenommen wurde.« »Und die Ausrüstung?«
»Kein Problem. Die britische Special-Operarions-Abteilung hat noch immer keine Ahnung, wie weit wir die holländische Widerstandsbewegung bereits unterwandert haben.« »Partisanen-Bewegung«, korrigierte Himmler. »Aber sprechen Sie weiter.«
»Beinah jede Nacht werfen die Briten Waffen, Sabotagegerät, Funkgerät und sogar Geld ab. Sie wissen noch immer nicht, daß die meisten bei ihnen eingehenden Funkmeldungen von der Abwehr stammen.« »Mein Gott«, sagte Himmler, »und trotzdem geraten wir immer mehr in Bedrängnis.« Er stand auf, trat zum Feuer und wärmte sich die Hände. »Das Tragen von Feinduniformen ist eine höchst delikate Sache und nach der Genfer Konvention verboten. Es gibt dafür nur eine Strafe: Erschießung.«
»Das stimmt, Reichsführer.«
»In diesem Fall scheint mir ein Kompromiß vertretbar. Die Einsatzgruppe würde unter den britischen Tarnanzügen normale
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