Der Adler ist gelandet
ich Ihnen versichern.« Himmler lächelte dünn. »Ich habe sie dem Führer genau im richtigen Augenblick vorgeschlagen.« Er nahm die Feder auf. »Es geht voran, Radl. Heute in zwei Wochen wird alles vorüber sein. Halten Sie mich auf dem laufenden.«
Er beugte sich über seine Arbeit, und Radl leckte sich die trockenen Lippen. Koste es, was es wolle, es mußte gesagt werden. »Reichsführer...« Himmler seufzte tief. »Ich habe wirklich sehr viel zu tun, Radl. Was ist denn noch?«
»General Steiner, Reichsführer. Ist er... ist er wohlauf?« »Selbstverständlich«, sagte Himmler ruhig. »Warum fragen Sie?« »Oberstleutnant Steiner«, erklärte Radl unter Herzklopfen. »Er macht sich natürlich die größten Sorgen...«
»Völlig grundlos«, erwiderte Himmler ernst. »Ich gab Ihnen persönlich meine Zusicherung, nicht wahr?«
»Gewiß.« Radl ging rückwärts zur Tür. »Nochmals vielen Dank.« Er salutierte, machte kehrt und beeilte sich, hinauszukommen. Himmler schüttelte den Kopf, seufzte über soviel Verbohrtheit und wandte sich wieder seiner Schreibarbeit zu.
Als Devlin die Kirche betrat, war die Messe beinah zu Ende. Er schlich den rechten Seitengang entlang und schlüpfte in eine Bank. Molly kniete neben ihrer Mutter, sie war genauso angezogen wie am vergangenen Sonntag. Ihr Kleid, das Arthur Seymour zerrissen hatte, war geflickt. Und Seymour war auch da, an seinem üblichen Platz, und er sah Devlin sofort. Er zeigte keinerlei Gemütsbewegung, sondern stand nur auf, schlich sich im Schatten den Seitengang entlang und verschwand aus der Kirche. Devlin wartete und beobachtete die betende Molly, die wie ein Bild der Unschuld im Kerzenschein kniete. Nach einer Weile öffnete sie die Augen und drehte sich sehr langsam um, als hätte sie seine Anwesenheit gespürt.
Ihre Augen wurden groß, sie sah ihn lange an und wandte sich dann wieder ab.
Kurz vor Ende des Gottesdienstes stand Devlin auf und ging schnell aus der Kirche. Als die ersten Gemeindemitglieder herauskamen, saß er schon auf seinem Motorrad. Es regnete leicht, er schlug den Mantelkragen hoch, blieb im Sattel sitzen und wartete. Als Molly schließlich mit ihrer Mutter des Wegs kam, schenkte sie ihm keinen Blick. Die beiden bestiegen das Wägelchen, die Mutter nahm die Zügel auf, und sie fuhren ab. »Tja, so ist das nun«, sagte Devlin zu sich selbst. »Und im Grund kann man's ihr nicht verübeln.«
Er trat den Starter, hörte seinen Namen rufen und sah Joanna Grey herbeieilen. Sie sagte leise: »Philip Voreker hat mir heute nachmittag zwei Stunden lang zugesetzt. Er wollte sich bei Sir Henry über Sie beschweren.«
»Kann ich ihm nicht verübeln.«
»Könnten Sie vielleicht einmal länger als fünf Minuten hintereinander ernst sein?« sagte sie vorwurfsvoll.
»Viel zu anstrengend«, erwiderte er, und nur die Ankunft der Willoughbys ersparte ihm eine weitere Zurechtweisung. Sir Henry war in Uniform. »Na, Devlin, wie macht es sich?« »Sehr gut, Sir.« Devlin drückte wieder auf die irische Tube. »Ich kann Ihnen nicht genug dankbar sein für diese wunderbare Gelegenheit, mich doch noch nützlich zu machen.«
Er sah, wie Joanna Grey mit zusammengepreßten Lippen im Hintergrund stand, aber Sir Henry war von seinen Worten angetan. »Famose Arbeit, Devlin. Bekomme ausgezeichnete Berichte über Sie. Ganz famos. Nur so weiter.«
Er wandte sich ab, um mit Joanna zu sprechen, und Devlin ergriff die Gelegenheit und fuhr ab.
Als er zu seinem Haus kam, regnete es in Strömen. Er stellte das Motorrad in der ersten Scheune unter, zog sich Wasserstiefel und eine Ölhaut an, holte sein Gewehr und machte sich auf den Weg in die Marschen. Bei den schweren Regenfällen mußten die Deichschieber ständig kontrolliert werden, und das war sonst bei solchem Wetter genau die richtige Beschäftigung, um ihn von seinen Gedanken abzulenken. Doch heute nicht. Molly Prior ging ihm nicht aus dem Kopf. Immer wieder sah er sie vor sich, wie sie am vergangenen Sonntag bei der Messe auf die Knie gesunken war und der Rock sich über die Schenkel hochgeschoben hatte. Er konnte das Bild einfach nicht loswerden. »Jungfrau Maria und alle Heiligen«, sagte er leise. »Wenn das die wahre Liebe ist, Liam, mein Junge, dann hast du verdammt lange gebraucht, bis du dahintergekommen bist.«
Als er über den Hauptdeich zurück zu seinem Haus wanderte, roch er Holzrauch, der schwer in der feuchten Luft lag. Aus dem Fenster fiel ein winziger Lichtstrahl, dort, wo die
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