Der Afghane
könnten.«
»Was sagt die Army dazu?«, fragte Martin.
»Ich glaube, die werden unseren Standpunkt verstehen«, erwiderte der andere.
Die Army maulte wieder, aber sie ließ ihn gehen. Ein paar Wochen später überquerte Martin, als beduinischer Kameltreiber verkleidet, die saudische Grenze in das vom Irak besetzte Kuwait. Auf dem Weg nach Norden, nach Kuwait City, begegnete er mehreren irakischen Patrouillen, aber sie nahmen keine Notiz von dem bärtigen Nomaden, der zwei Kamele zum Markt führte. Die Beduinen sind so entschlossen unpolitisch, dass sie jahrtausendelang zugesehen haben, wie Invasoren durch ganz Arabien hin und her marschierten, ohne sich jemals einzumischen. Deshalb haben die Invasoren sie meist auch in Ruhe gelassen.
Martin verbrachte mehrere Wochen in Kuwait. Er setzte sich mit dem aufkeimenden kuwaitischen Widerstand in Verbindung und zeigte den Leuten ein paar Kniffe seines Handwerks. Er registrierte die irakischen Positionen, ihre Stärken und Schwächen, und dann kam er zurück.
Sein zweiter Ausflug im Golfkrieg führte ihn in den Irak. Er überquerte die saudische Grenze im Westen und nahm einfach den nächsten Bus nach Bagdad, getarnt als einfacher Bauer, der einen Korb mit Hühnern bei sich trug.
In der Stadt, die er gut kannte, fand er Arbeit als Gärtner in einer reichen Villa. Er wohnte in einer Hütte am Ende des Gartens. Sein Auftrag bestand darin, Nachrichten zu sammeln und weiterzuleiten. Zu diesem Zweck hatte er eine kleine, faltbare Parabolantenne, deren Blitzsendungen von der irakischen Geheimpolizei nicht abgefangen werden konnten, die aber bis nach Riad reichte.
Es war eines der bestgehüteten Geheimnisse dieses Krieges, dass die Firma über eine hochrangige Quelle in Saddams Regierung verfügte. Martin lernte den Mann nie kennen. Er erhielt seine Informationen über »tote Briefkästen« und übermittelte sie nach Saudi-Arabien. Im Hauptquartier der amerikanisch geführten Koalition empfing man sie ebenso perplex wie dankbar. Saddam kapitulierte am 26. Februar 1991, und Mike Martin verließ das Land. Beim Überschreiten der Grenze im Dunkel der Nacht wäre er beinahe von der französischen Fremdenlegion erschossen worden.
Am Morgen des 15. Februar 1989 überquerte General Boris Gromow, Befehlshaber der 40. Sowjetarmee, die Afghanistan besetzt hatte, allein die Freundschaftsbrücke über den Fluss Amu Darya nach Usbekistan. Seine Armee war ihm vorausgegangen. Der Krieg war beendet.
Die Euphorie dauerte nicht lange. Das Vietnam der UdSSR hatte in einer Katastrophe geendet. Ihre unruhigen europäischen Satellitenstaaten meuterten jetzt offen, und ihre Wirtschaft stand vor dem Zusammenbruch. Im November rissen die Berliner die Mauer ein, und das sowjetische Weltreich fiel einfach auseinander.
In Afghanistan hatten die Sowjets eine Regierung hinterlassen, die nach Ansicht der meisten Analytiker schnell verschwinden würde, sobald die siegreichen Warlords eine stabile Absprache getroffen hätten und die Macht übernähmen. Aber die Experten irrten sich. Die Regierung Präsident Nadschibullahs, des whiskyliebenden Afghanen, den die Sowjets in Kabul im Stich gelassen hatten, hielt aus zwei Gründen durch. Zum einen war die afghanische Armee einfach stärker als jede andere Streitmacht im Lande. Sie besaß die Unterstützung der Geheimpolizei, und sie beherrschte die Städte und damit den Großteil der Bevölkerung.
Entscheidender aber war, dass die Koalition der Warlords einfach zerfiel. Was daraus wurde, war ein Gemenge von fauchenden, habgierigen, einander befehdenden, selbstsüchtigen Opportunisten, die keine stabile Regierung zustande brachten, sondern das genaue Gegenteil: Sie begannen einen Bürgerkrieg.
Izmat Khan berührte das alles nicht. Sein Vater, obgleich steif und vorzeitig gealtert, war immer noch das Oberhaupt der Familie. Mit Hilfe der Nachbarn bauten sie das Dorf Maloko-zai wieder auf. Stein für Stein, Felsbrocken für Felsbrocken räumten sie den Schutt beiseite, den Bomben und Raketen hinterlassen hatten, und errichteten das Anwesen der Familie zwischen Maulbeer- und Granatapfelbäumen erneut.
Nachdem Izmats Bein ausgeheilt war, kehrte er in den Krieg zurück und hatte in jeder praktischen Hinsicht den Befehl über die lashkar seines Vaters übernommen. Die Männer waren ihm gefolgt, denn er hatte seine Feuertaufe bestanden. Als der Frieden kam, hatte seine Guerillatruppe ein großes Waffenlager ausgehoben, das die Sowjets achtlos zurückgelassen
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