Der Agent - The Invisible
wurde.
Einer der Beschatter aus Madrid - das letzte Mitglied von Pétains Team, das noch im Land war-, war gerade gefahren. Er hatte ihre Taschen und Pässe gebracht, die am Vortag in dem Hotel in Madrid zurückgeblieben waren. Kealey hatte alles inspiziert, nichts schien zu fehlen. Er hätte es vorgezogen, auf neue Pässe zu warten, statt noch einmal jene zu benutzen, mit denen sie eingereist waren, aber er und Pétain hatten keine Zeit mehr zu verlieren. Am Vortag hatte Amari Saifi seine Lösegeldforderung öffentlich gemacht, durch ein an Al-Dschasiras Hauptquartier
in Doha geschicktes Video. Jetzt wusste alle Welt, was die amerikanische Regierung selbst erst seit knapp zwölf Stunden wusste, und schon jetzt waren die Konsequenzen fatal. Harper hatte es ihm am Vorabend erzählt, und als Kealey an diesem Morgen durch die Nachrichtenkanäle switchte, war ihm klar, was er meinte. Von Beginn an hatten die Reporter zu wilden Spekulationen Zuflucht genommen, doch jetzt, angesichts der jüngsten Entwicklung, gab es praktisch kein anderes Thema mehr. Selbst der drohende Konflikt zwischen Indien und Pakistan schien nicht wichtig genug, um die Sender von der Fixierung auf die Entführung Fitzgeralds abzubringen. Und das andere große Thema war die zwielichtige Vorgeschichte jenes Mannes, der es gerade geschafft hatte, Osama bin Laden den Rang als berühmtester Terrorist der Welt streitig zu machen.
Die Urne mit den sterblichen Überresten Lee Pattersons, des verstorbenen amerikanischen Botschafters in Pakistan, war am Vortag mit allen militärischen Ehren auf dem Arlington National Cemetery beigesetzt worden. Laut MSNBC war Patterson sechs Jahre Offizier bei der Navy gewesen, bevor er sein Patent zurückgab, um Diplomat zu werden. Mehr als sechshundert Menschen hatten an der Beisetzung teilgenommen, darunter etliche prominente Geschäftsleute, ein ehemaliger Außenminister und der Präsident der Vereinigten Staaten, David Brenneman. Nach dem Ende des Beitrags ließ der Moderator noch einmal den Anschlag auf Fitzgerald Revue passieren. In diesem Zusammenhang wurde auch erwähnt, das FBI habe ein Team von Ermittlern nach Rawalpindi entsandt, das den Vorfall umfassend untersuchen solle.
Zu Kealeys großer Erleichterung wurde der Name Benazir Mengal nicht erwähnt. Obwohl er Harper erst am Vortag von Mengals Verbindungen zu dem Algerier erzählt hatte, war der
Name Saifi bei der CIA schon fast zwei Wochen im Umlauf - erstaunlich, dass er nicht durchgesickert war. Doch jetzt, mit der Veröffentlichung des Videos, war unvermeidlich, dass er allgemein bekannt wurde. Aber ein Schnelldurchlauf durch die anderen Nachrichtenkanäle hatte bestätigt, dass die Medien von Mengals Verwicklung in die Ereignisse noch keine Ahnung hatten. Mögliche Verwicklung, dachte er. Noch hatte er keinen hieb- und stichfesten Beweis dafür, dass Mengal bei Fitzgeralds Entführung die Finger im Spiel gehabt hatte, doch er war sich sicher, auf der richtigen Spur zu sein. Mit etwas Glück würde er es in knapp vierundzwanzig Stunden zweifelsfrei wissen.
Von den großen Sendern hatte es nur CNN für nötig befunden, einen Beitrag über die brisante Lage in Kaschmir zu bringen. Christiane Amanpour, die bekannteste Auslandskorrespondentin des Senders, war nach Udhampur geschickt worden, wo sie aus dem Hauptquartier des Oberkommandos der indischen Armee berichtete. Kealey erwischte nur den Schluss des Beitrags, doch es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass die Lage eskalierte. Ein Zurück schien es nicht mehr zu geben. Mehr als fünfzigtausend Soldaten waren mittlerweile in der Region zusammengezogen worden, und dazu kam noch eine unbekannte Anzahl von Aufständischen aus Kaschmir, von denen die allermeisten mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI zusammenarbeiteten. Es waren bereits Schüsse gefallen, und es sah so aus, als bereitete sich Indien auf eine längere Auseinandersetzung vor, denn es waren bereits zusätzliches Material und weitere Soldaten in die Region gebracht worden. Die indische Marine hatte zudem eine Blockade mehrerer strategisch wichtiger pakistanischer Häfen vorgenommen, was Musharraf erneut dazu veranlasste, Brenneman zum Eingreifen
aufzufordern. Bis jetzt hatte das Weiße Haus noch keine Stellungnahme veröffentlicht, und es sah auch nicht so aus, als wäre der Präsident bereit, seinen Standpunkt zu revidieren.
Eine Stimme am anderen Ende riss ihn aus seinen Gedanken. Nachdem er eine achtstellige Zahl heruntergerasselt und
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