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Der Agent - The Invisible

Der Agent - The Invisible

Titel: Der Agent - The Invisible Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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nachgelassen. Zuvor hatte er sich in erster Linie darauf konzentriert, das Leben der Außenministerin zu retten, doch jetzt, nachdem er Kureshi dabei assistiert hatte, die Aufgabe zu bewältigen, drängte sich der stärkste menschliche Trieb in den Vordergrund.
    Der Selbsterhaltungstrieb.
    Alles in ihm drängte darauf, die Flucht zu wagen. Seine Beine waren gespannt wie zusammengedrückte Federn, das Adrenalin pumpte wie Treibstoff durch seine Adern. Fast hätte er geglaubt, er könnte abheben, über die sanft gewellten Weiden fliegen und sich in dem dichten Farnkraut verstecken, bevor die Wachtposten reagieren konnten. Es war kurz nach zehn in dieser mondlosen Nacht, auch die Sterne waren größtenteils hinter schnell dahintreibenden dunklen Wolken verborgen. Jenseits der Weiden, wo das Gelände anstieg und in das Vorgebirge von Kaschmir überging, sah er auf einer sich bergan windenden Straße eine Lichterkette. Dutzende, wenn nicht Hunderte von Lichtern. Aus der Ferne drang das dumpfe Geräusch von Dieselmotoren an sein Ohr. Kureshi
hatte ihm gesagt, er sei in Sialkot, in der Stadt gebe es einen großen Stützpunkt der pakistanischen Armee. Er vermutete, dass die Fahrzeuge zu dem Krisengebiet im Norden fuhren. Nicht mehr lange, dann würden sie die Scheinwerfer ausschalten und Nachtsichtgeräte benutzen, um nicht von den Bombern der indischen Luftstreitkräfte entdeckt zu werden, die am Himmel über dem Kaschmir-Tal patrouillierten.
    Während er den Blick über die Weiden schweifen ließ, erwog er alle Möglichkeiten. Tief in seinem Inneren war ihm klar, dass es nicht funktionieren würde. Bis zu der ersten Baumreihe waren es mindestens zweihundert Meter, und er musste über einen hüfthohen Drahtzaun klettern, um dorthin zu gelangen. Im Moment stand er am Ende des Gartens, so weit von den Wachtposten entfernt, wie es seiner Meinung nach möglich war, ohne dass sie misstrauisch wurden. Sie waren zu zweit und bewaffnet. Nicht mit Maschinenpistolen wie die Männer im Haus, sondern mit langläufigen Gewehren, die zweifellos mit Nachtsichtzielfernrohren ausgestattet waren. Wenn er zu fliehen versuchte, wäre nach maximal zwanzig Metern Schluss. Es war einfach selbstmörderisch. Er war bereit, ein Risiko einzugehen, aber nur ein kalkulierbares. Lebensmüde war er nicht. Nicht, solange es eine bessere Alternative gab.
    Während er weiter vergeblich nach Büschen Ausschau hielt, hinter denen er auf dem Weg zum Zaun möglicherweise in Deckung gehen konnte, spürte er, dass hinter ihm jemand war. Als er sich abrupt umdrehte, stand er einem Mann gegenüber, der nur drei Meter entfernt war. Seine Gesichtszüge waren in der Dunkelheit kaum zu erkennen, aber er war groß und trug eine Art Turban oder etwas Ähnliches … vielleicht eine Kufija. Der Mann trat auf ihn zu, und seine weißen Zähne leuchteten, als er ihn freundlich anlächelte.

    »Dr. Craig?« Als er näher kam, sah Craig, dass er ein langes Gewand trug, im Gegensatz zu Mengal und seinen Männern, die dunklen Hosen und Hemden den Vorzug gaben. Der Mann hatte eine lange Hakennase, einen dichten schwarzen Bart und braune Augen. Man hätte eher vermutet, in der Wüste auf ihn zu stoßen, nicht im Norden Pakistans. Noch seltsamer waren die Turnschuhe, die unter dem langen Gewand hervorschauten. »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken, sondern nur gratulieren. Sie haben ganze Arbeit geleistet. Die Außenministerin verdankt Ihnen ihr Leben.«
    Der Mann sprach perfektes Englisch, aber mit einem Akzent, den Craig nicht einordnen konnte, denn er unterschied sich von allem, das ihm bisher zu Ohren gekommen war. Jetzt stand er unmittelbar vor ihm, und er machte den Eindruck, als wäre er daran gewöhnt, Befehle zu geben. Plötzlich dämmerte Craig eine Ahnung, begleitet von Angst. Er glaubte zu wissen, wer vor ihm stand. Es musste jener Mann sein, den Kureshi erwähnt hatte und den er nur als »den Algerier« kannte. Was hatte Said gesagt?
    Einer von ihnen ist der Teufel persönlich.
    »Wissen Sie, wer ich bin, Doktor?«
    Craig wich einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Der Algerier rückte weiter vor und war so nah, dass Craig seinen Atem riechen konnte. Pfefferminztee, er roch nach dem Tee, von dem man auch ihm angeboten hatte. »Sind Sie sicher?« Ein seltsames Lächeln huschte über das hagere, wettergegerbte Gesicht. »Sie haben mich nie gesehen?«
    Von Angst gepackt, konnte Craig nicht mehr klar denken, und doch wusste er genau, dass

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