Der Agent - The Invisible
Termin im Weißen Haus platzen lassen, um an einer Friedenskonferenz teilzunehmen, die ausgerechnet in der amerikanischen Hauptstadt Washington stattfand.
»Vor einigen Stunden ist Außenministerin Fitzgerald in Islamabad eingetroffen«, sagte Harper. Genau genommen war Brynn Fitzgerald designierte Außenministerin. Ihr Vorgänger war vor zwei Monaten während eines Gipfeltreffens in Genf an einem Herzinfarkt gestorben, und Fitzgerald hatte seinen Job bekommen, wodurch sie zur dritten Frau auf diesem Posten wurde. Der Präsident war beeindruckt von ihrer bisherigen Bilanz und hatte sie sofort dem Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen als neue Außenministerin vorgeschlagen, doch bisher war die Nominierung noch nicht bestätigt worden.
»Sie soll sich heute Abend und morgen mit Musharraf treffen«, fuhr Harper fort. »Wenn’s gut läuft, kann sie ihn davon überzeugen, dass wir nur einen begrenzten Einfluss darauf haben, mit wem die Israelis Geschäfte machen. Natürlich wird es schwierig, das Musharraf glaubhaft zu verkaufen. Jeder
weiß, dass Brenneman das Geschäft durch einen einzigen Anruf unterbinden könnte.«
»Wohl wahr«, sagte Kealey. »Doch was hat das alles mit Amari Saifi zu tun?«
Harper zeigte auf die auf dem Tisch liegenden Fotos. »Diese Schnappschüsse wurden von einer professionellen Fotografin namens Rebeka Česnik gemacht, die vor zwei Wochen mit vierzehn Touristen spurlos verschwunden ist. In Pakistan, auf dem Karakorum-Highway. Drei Reisende wurden bei der Entführung getötet, außerdem der Busfahrer. Die Leichen wurden am Ort des Geschehens zurückgelassen. Wie der Bus mit dem gesamten Gepäck der Touristen.«
»Wenn alle verschwunden oder tot sind, wie sind wir dann an die Fotos herangekommen?«
»Offenbar war den Entführern nicht bewusst, dass Česnik den Film aus der Kamera genommen hatte. Er befand sich in ihrem Rucksack, aber sie haben sich damit begnügt, den Fotoapparat mitzunehmen. Zumindest vermuten wir das, weil die Kamera nicht gefunden wurde.«
»Okay, aber was hat das mit Fitzgeralds Besuch zu tun? Und warum taucht Amari Saifi, der Anführer einer nordafrikanischen Terroristengruppe, auf einmal in Pakistan auf?«
»Fitzgerald wird in Islamabad ein paar diskrete Fragen stellen«, antwortete Harper, Kealeys erste Frage beantwortend. »Zum Beispiel, welche Anstrengungen sie unternehmen, um die Entführer zu fassen. Dagegen ist das Thema Saifi so lange tabu, bis wir mehr Informationen darüber haben, was er dort zu suchen hat. Fitzgerald wird ihn Musharraf gegenüber nicht ein einziges Mal erwähnen. Möglicherweise wissen Sie nichts davon, aber im Lauf der letzten paar Monate sind in Pakistan zwölf amerikanische Touristen spurlos verschwunden. Einzeln,
zu zweit oder zu dritt. Niemand hat Lösegeld verlangt, niemand Verantwortung für die Entführungen übernommen. Wir vermuten Saifi dahinter. Alles lief nach dem gleichen Muster wie bei seinen Taten in Algerien. Nur hat es diesmal Amerikaner getroffen, und deshalb sind wir zuständig.«
»Und der Präsident will, dass die Entführten so schnell wie möglich freigelassen werden. Deshalb hat er sich an Sie gewandt.«
»Genau.«
»Warum sollte mich das kümmern?« Kealey blickte Harper in die Augen, und es entstand ein kurzes, unbehagliches Schweigen. »Ich arbeite nicht mehr für die CIA. Ich will nichts damit zu tun haben, und dieser Wunsch ist stärker als der, Sie nicht hängen zu lassen. Außerdem hört sich das für mich so an, als bräuchten Sie jemanden, der die dortigen Sprachen beherrscht und die Gegend kennt. Noch wichtiger ist, dass Sie erst mal wissen müssen, wie die Sache anzugehen ist. Sie brauchen eine Spur.«
»Haben wir«, versicherte Harper. »Jetzt suchen wir nur noch jemanden, der sie aufnimmt. Jemanden, der sein Können unter Beweis gestellt hat. Jemanden wie Sie. Vergessen Sie nicht, dass der Präsident in dieser Sache ausdrücklich Ihren Namen genannt hat. So lange liegen die Ereignisse in New York noch nicht zurück. Er erinnert sich, was Sie da geleistet haben. Daran, wie viele Menschenleben Sie an jenem Tag gerettet haben. Brenneman empfindet Ihnen gegenüber ein Gefühl der Dankbarkeit. Jetzt braucht er jemanden, der weiß, wie man Resultate liefert.«
»Womit wir wieder bei dem Punkt wären, warum mich das alles interessieren sollte.«
Harper lehnte sich zurück, frustriert den Kopf schüttelnd.
Er wirkte wie ein Tutor, dem es nicht gelang, an einen renitenten Studenten
Weitere Kostenlose Bücher