Der Agent - The Invisible
dieser Männer war Leutnant der pakistanischen Armee und Mitarbeiter des Geheimdienstes ISI. Benazir Mengal war der einzige Sohn eines Baulöwen und hatte beste Beziehungen zu afghanischen Warlords, pakistanischen Generälen und prominenten Mitgliedern der Taliban. Damit war er der ideale Mann, um Syed Jilani beim Waffenschmuggel zu helfen.
Naveed Jilani war fünfzehn, als er Mengal zum ersten Mal begegnete, und hatte sich sofort von dem charismatischen pakistanischen Offizier angezogen gefühlt. Der Grund lag auf der Hand. Es war nicht schwer, in Mengal eine faszinierende Persönlichkeit zu sehen. Im Gegensatz zu Naveeds Vater und Onkel war er ein Erfolgsmensch, dem alles gelungen war, was er in Angriff genommen hatte. Er war ein attraktiver und intelligenter Mann mit der natürlichen Gabe, andere mühelos in seinen Bann zu ziehen. Von Anfang an fiel Naveed auf, was für eine Wirkung Mengal auf die Menschen in seiner Umgebung hatte, auch auf seinen Onkel. Syed Jilani, der normalerweise ein aufbrausendes Temperament hatte, benahm sich in Mengals Anwesenheit zurückhaltend und respektvoll, wie auch seine Freunde. In Kürze, Ben Mengal war alles, was Naveed Jilani sein wollte, und der hatte sein ganzes Leben darauf ausgerichtet,
ihm ähnlich zu sein. Oder es zumindest versucht. Ob es ihm gelungen war oder nicht, war eine ganz andere Sache.
Kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag hatte er versucht, in die pakistanische Armee aufgenommen zu werden, doch bei der Musterung war eine Herzschwäche diagnostiziert worden, weshalb er für dienstuntauglich erklärt wurde. Naveed suchte verzweifelt nach einem Schlupfloch, doch als unübersehbar war, dass es für ihn keinen Weg in die Armee gab, hatte er sich Hilfe suchend an Mengal gewendet, der zu diesem Zeitpunkt zum Oberstleutnant befördert worden und beim ISI zum Chef einer Abteilung aufgestiegen war. Sein Einfluss hätte ausgereicht, um die bürokratischen Hindernisse zu überwinden, doch an einem friedlichen Sommerabend des Jahres 1993 hatte er sich mit Naveed getroffen, um ihm zu erklären, dass die Armee für einen Mann ohne jede Bildung nur begrenzte Aufstiegsmöglichkeiten bot. Stattdessen schlug er eine Alternative vor, eine Stellung in der Regierungsbürokratie.
Dieses Gespräch war Naveed bis in die kleinste Einzelheit im Gedächtnis geblieben. Zunächst hatte er gezögert, doch Mengal war es schnell gelungen, ihn zu überzeugen. Er machte aufrichtige Versprechungen, die einzulösen ihm seine Position erlaubte, und in den folgenden Jahren hatte er Wort gehalten. Mehr als das. Für einen Mann von vierunddreißig Jahren, der nie eine Universität besucht hatte und über eine nur begrenzte Kenntnis des Englischen verfügte, hatte Naveed Jilani eine bemerkenswert einflussreiche Stellung in der pakistanischen Bürokratie erreicht. Aber Mengals Aktivitäten hinter den Kulissen waren nicht uneigennützig, und vor zwei Wochen hatte er seinen jungen Freund aufgefordert, sich für die erwiesenen Dienste zu revanchieren.
Naveed hörte selten persönlich von dem General. Der Anruf
kam überraschend, doch das, was von ihm erwartet wurde, verschlug ihm die Sprache. Natürlich hatte er zugestimmt - ihm war längst klar, dass er nicht in der Lage war, Ben Mengal zu widersprechen -, doch das folgende Gespräch, das im Hinterzimmer einer Koranschule in Peschawar stattfand, hatte ihn gezwungen, seine Beziehung zu dem ehemaligen Armeeoffizier zu überdenken. Tatsache war, dass er praktisch nichts wusste über diesen Mann, der ihm seine berufliche Karriere ermöglicht hatte. Seit jenem verstörenden Treffen hatte er alles versucht, um mehr über seinen Wohltäter herauszufinden, doch leider war das leichter gesagt als getan.
Es gab reichlich Gerüchte über Mengal, deren Wahrheitsgehalt aber nur in wenigen Fällen bestätigt werden konnte. Es hieß, sein kranker Vater habe ihn kürzlich enterbt, wodurch ihm ein riesiges Vermögen entgehen würde. Naveed hatte keine Ahnung, ob das stimmte, doch er wusste, dass Mengal nach den Ereignissen des 11. September zum Rücktritt von seinem Armeeposten aufgefordert worden war. Dieses Ereignis war für niemanden überraschend gekommen. Seit dem Sturz der Taliban waren Mengal und seine Gefolgsleute zu einer Belastung geworden, zu einer unangenehmen Erinnerung an Musharrafs ehemalige Verbündete. Schlimmer noch, es wurde weithin vermutet, dass Mengal direkte Verbindungen zu prominenten Mitgliedern von Al Kaida unterhielt, angeblich auch zu deren
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