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Der Agent - The Invisible

Der Agent - The Invisible

Titel: Der Agent - The Invisible Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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er zu viel in ihre Worte hinein? Natürlich hätte er sie fragen können, aber warum? Wenn sie es die ganze Zeit gewusst hatte, machte es dann noch einen Unterschied?
    Nein, macht es nicht, dachte er nach kurzem Nachdenken. Wenn Naomi wirklich tot war, trug daran nur einer die Schuld, und nicht Marissa Pétain. Selbst wenn sie wusste - oder vermutete -, was bei dem Telefonat mit Machado gesagt worden war, traf sie keine Schuld. Sie war nicht verantwortlich und konnte nicht zur Rechenschaft gezogen werden für etwas, das ihr Vater getan hatte.
    Trotzdem, immer wieder fragte er sich, wie viel sie wusste, und er musste sich daran erinnern, dass es eigentlich egal war. Wie auch immer, diese Rechnung würde bezahlt werden, das hatte er sich bereits geschworen. Und er hatte vor, mit seiner Absicht ernst zu machen.
    Er öffnete die Tür des Toyota und setzte sich auf den Beifahrersitz.
Owen, bereits hinter dem Steuer, ließ den Motor an, und als sie losfuhren, sah Kealey im Rückspiegel Pétain, die ihnen nachblickte. Er beobachtete sie weiter, während der Wagen über die holprige Straße rollte, und für einen kurzen Augenblick kam es ihm so vor, als würden sich ihre Blicke treffen. Dann verschwand der Subaru zwischen den Bäumen, und sie war nicht mehr zu sehen.

38
    Sialkot/Südportugal
    Der Albtraum schien absolut real und wollte kein Ende nehmen - ein entsetzlicher, in ihrem Kopf ablaufender Film. Flammen, Blut, Tod, wie in einer Endlosschleife. Sosehr sie es versuchte, es gelang ihr nicht, die Bilder aus ihrem Unterbewusstsein zu verdrängen. Sie schienen dort festzusitzen, in den tiefsten, dunkelsten Winkeln ihrer Imagination, aber sie wusste, dass sie kein Fantasieprodukt waren. Alles, was sie sah, war wirklich geschehen, und doch war sie sich mittlerweile nicht mehr sicher, was real und was Täuschung war. Stunden, Tage oder Wochen des Entsetzens - sie hatte jedes Zeitgefühl verloren - hatten ihr jegliches Gefühl der Gewissheit genommen. Die Hoffnung.
    Die Sicherheit der eigenen Identität.
     
    Sie wusste nicht, ob sie den eigenen Gedanken noch trauen konnte. War sie geistig gesund? Sie glaubte, die Frage mit Ja beantworten zu können, zumindest in den kurzen, flüchtigen Momenten, wo sie in der Lage war, sich zu konzentrieren und einen klaren Gedanken zu fassen. Aber es dauerte nie länger als ein paar Minuten. Dann entzogen sich ihr die rationalen Gedanken, und sie versank wieder in dem tiefen Abgrund. Der Film in ihrem Kopf lief erneut ab, und sie wollte schreien, hörte aber nur die Tonspur der Bilder des Todes und der Zerstörung, das Kreischen und den dumpfen Einschlag der
Rakete in den Suburban, das Krachen des Schusses, der Lee Pattersons Gehirn zerfetzte, die Hilfeschreie der namenlosen Frau, die der Algerier durch einen Kopfschuss getötet hatte. Die Hölle auf Erden, es nahm kein Ende.
    Brynn Fitzgerald wollte nur noch, dass es endlich vorbei war, doch sie wusste, dass es keine Hoffnung auf Erlösung gab. Hätte sie noch irgendeine Hoffnung gehabt, hätte sie ihr Leiden tapfer ertragen, doch im Moment sehnte sie sich einzig danach, dass alles aufhörte, selbst wenn es das Ende von allem gewesen wäre. Sie wollte nicht sterben, doch der Tod schien der einzige Ausweg zu sein. Sie hätte alles dafür gegeben, eine Zukunftshoffnung zu haben, die Gewissheit, dass es eine - wenn auch noch so kleine - Chance gab, in die Welt zurückzukehren, die ihr vertraut gewesen war. Wenn es doch nur ein Licht am anderen Ende des Tunnels gegeben hätte …
    Und plötzlich sah sie es.
     
    »Sie ist aufgewacht«, sagte Said Kureshi.
    Darauf hatte Benazir Mengal gewartet, und er trat an das in den Operationsraum geschaffte Bett, um sich selbst zu überzeugen. Seit der zweiten Operation - der perikardialen Fensterung, sie lag jetzt achtzehn Stunden zurück - hatte Fitzgerald die ganze Zeit geschlafen, was zum Teil an den Schmerzmitteln lag, die Kureshi ihr alle zwei Stunden verabreichte. Andererseits war es nur natürlich, dass sie so fest schlief, denn sie musste erst wieder Kräfte sammeln. Auf Kureshis Vorschlag hatte Mengal seine Männer beauftragt, ein Bett aus dem ersten Stock zu holen. Nachdem für den Arzt kein Zweifel mehr bestand, dass ihr Zustand stabil war, hatten sie Fitzgerald von dem Operationstisch in das Bett verfrachtet.
    Während Kureshi prüfende Blicke auf die Monitore warf,
beugte sich der ehemalige General über die designierte amerikanische Außenministerin. Sein Gesicht war keine dreißig

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