Der Agent - The Invisible
beträchtlicher Verkehr.
»General?«
Er wandte sich seinem Untergebenen zu, der das Telefon ans Ohr presste. Mengal hatte es nicht klingeln gehört, da er in Gedanken woanders war. »Ja?«
»Der Konvoi hat gerade eine Straßensperre passiert, keine anderthalb Kilometer von hier. Das zweite Fahrzeug wartet.«
Mengal nickte knapp. »Sind die Männer startklar?«
Der ehemalige Soldat zeigte in Richtung Brücke. Von Norden aus fuhr gerade ein schwerer Nissan-Lastwagen auf die Brücke, dessen Ladefläche wegen einer dicken Plane nicht zu sehen war. »Sie sind startklar. Wir haben einen Späher postiert. Er bleibt an der Nordseite der Brücke, bis sich der Konvoi nähert. Dann ruft er an.«
»Gut.«
Der Mann trat ungeduldig von einem Bein aufs andere, während Mengals Blick sich auf den sich langsam nähernden Lastwagen richtete. Die Autofahrer dahinter hupten ohne Unterlass, nervös darauf wartend, die Brücke passieren zu können. Mengal empfand kein Mitgefühl für die Menschen, die auf der Brücke festsaßen. Der starke Verkehr beruhigte ihn, denn deshalb würde der Konvoi beim Erreichen der Brücke deutlich abbremsen müssen, wodurch er leichter zu treffen war. Sobald die ersten Raketen abgefeuert waren, wurden die getroffenen Wagen Hindernisse für die folgenden Fahrzeuge, und die hohe Zahl unbeteiligter Opfer würde die Verwirrung noch steigern. Kurzum, es war der perfekte Plan für einen Anschlag. Mengal hatte bereits erlebt, dass diese Taktik aufging.
Trotzdem konnte er dieses unbehagliche Gefühl nicht abschütteln, das ihn schon vor einigen Stunden beschlichen hatte. So etwas kam selten vor bei ihm. Er glaubte an taktische Entscheidungen, die auf erfolgreichen früheren Operationen beruhten, und angesichts dessen, was gleich geschehen würde,
musste er an nicht lange zurückliegende Ereignisse in der Geschichte seines Landes denken. Ereignisse, die als beunruhigende Fehlschläge zu verbuchen waren. Pervez Musharraf hatte im Lauf seiner Präsidentschaft wie durch ein Wunder nicht weniger als drei Mordanschläge überlebt. Zwei davon hatten sich 2003 ereignet, und in einem Fall war Musharrafs Überleben auf den Einsatz eines Störsenders zurückzuführen, der in einem Umkreis von mehreren Hundert Metern um den Konvoi herum jedes Handygespräch unmöglich machte. Durch Naveed Jilani, der gute Verbindungen zur amerikanischen Botschaft hatte, wusste er, dass die Fahrzeuge der diplomatischen Vertretung nicht mit solchen Störsendern ausgerüstet waren. Wie auch immer, das war nur ein unbedeutendes Detail, das ihn nicht beunruhigte. Technik war leicht auszuschalten, ein echtes Hindernis vermochte er darin nicht zu sehen. Ihn beschäftigte das Personenschutzkommando der Außenministerin sehr viel mehr.
Dieses war für ihn der wahrscheinlichste Grund, der einem Erfolg im Wege stand. Während seiner Zeit bei der Armee hatte er einmal auf dem Flughafen Chaklala an einer Begrüßungszeremonie für Präsident Clinton teilgenommen und gesehen, wie der amerikanische Secret Service arbeitete. Er erinnerte sich an die extreme Wachsamkeit der Männer, die Art und Weise, wie sie sich perfekt aufeinander abgestimmt bewegten, und besonders daran, wie sie ihn mit schlecht kaschiertem Misstrauen taxierten. Es schien fast, als hätten sie schon damals in die finstersten Abgründe seines Gehirns schauen können. Schnell hatte er begriffen, dass sie eine Akte über ihn haben mussten, und seitdem hatte er immer wieder anerkennen müssen, wie gründlich die Amerikaner waren. Die Außenministerin wurde nicht vom Secret Service, sondern
vom Diplomatic Security Service geschützt, doch Mengal wusste, dass die Sicherheitsvorkehrungen genauso gut sein würden. Er konnte nicht sicher sein, vermutete aber, dass ihr persönlicher Trupp von Personenschützern mindestens sieben Mann stark war. Wahrscheinlich eher zehn. Er hatte mehr Männer zur Verfügung, doch die Amerikaner hatten viele Vorteile. Ihre Sicherheitsbeamten waren so perfekt ausgebildet, dass sie instinktiv und immer richtig reagierten. Außerdem hatten sie die besten Waffen, die für Geld zu haben waren.
Seine Männer waren alle irgendwann seine Untergebenen bei der Armee gewesen, die meisten hatten in der instabilen nordwestlichen Grenzprovinz gekämpft. Sie waren erfahrene Veteranen, und er vertraute auf ihre Fähigkeiten. Trotzdem gab es beachtliche Unterschiede im Hinblick auf Ausbildung und Waffen, was nicht ignoriert werden durfte. Andererseits sprachen die
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