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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Sie das Wort ›Lösegeld‹? Sie fordern viel Geld von Ihrem Bruder Petrov. Sie
    wissen doch sicher, daß Ihr Neffe in Jugoslawien war?«
    »Da«, sagte die Frau. »Sein erstes Mal in Europa. Jugoslawien.«
    »Nikki war auch dort und hat ihn dazu überredet, nach Bulgarien zu kommen.«
    Die Frau blickte prüfend von einer zur anderen. »Philip kommt nie nach Bulgarien«, sagte sie kopfschüttelnd. »Nie. Nicht gut.«
    »Er kam aber doch«, versicherte Debby ihr. »Ich glaube, Nikki hat ihm Drogen gegeben,
    damit er ihm gehorcht. Und er wurde sofort nach seiner Ankunft in Sofia verhaftet. Ich war selbst dabei. Angeblich hat er Spionage betrieben.«
    »Was heißt Spionage?«
    »Spitzeln. Auskundschaften«, erklärte Mrs. Pollifax.
    »Ich kann nicht glauben«, sagte Mrs. Bemish entschieden. »In Panchevsky-Institut sind
    keine Amerikaner. Du lügen.«
    »Wo?«
    »Panchevsky-Institut. Ich arbeite dort«, sagte Mrs. Bemish.
    »Ich wissen. Jede Nacht ich arbeite dort, acht Uhr bis sechs Uhr früh. In der Küche. Keine Amerikaner.« Sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Ach ja, so wird hier das Gefängnis genannt«, sagte Mrs.
    Pollifax, der Tsankos Worte eingefallen waren. »Aber würden Sie denn in der Küche davon hören?« Sie beugte sich näher. »Alle europäischen Zeitungen schreiben, daß Philip Trenda wegen Spionage verhaftet worden ist. Ihr Mann hat als erster darüber berichtet, aber nur an das Ausland, weil —« Sie brach ab.
    Ihre Worte hatten gewirkt. Mrs. Bemish sah plötzlich alt und verfallen aus. »Wann?« flüsterte sie.
    »Montag«, sagte Debby.
    Sie wartete. Die Frau schien etwas zu wissen oder zumindest ein Gerücht gehört zu haben, denn sie wurde unsicher. Lange schwieg sie still. Dann wurden ihre Augen schmal, sie stand auf und ging zum Fenster, zog die Vorhänge zurück und starrte hinaus. »So«, sagte sie
    endlich und drehte sich um. Ihr Blick war hart geworden. »So.«
    Sie zitterte merklich. Dann warf sie den Kopf zurück, ihr Gesicht verzerrte sich. Zwischen zusammengebissenen Zähnen stieß sie einen dumpfen tierischen Wehlaut aus. Es war
    fürchterlich. Alle stumm erduldete Qual und Demütigung vieler Jahre machte sich mit diesem Schrei Luft. Mrs. Pollifax wandte verlegen den Blick ab.
    Nach wenigen Minuten hatte Mrs. Bemish sich wieder in der Gewalt. Tonlos sagte sie: »In Panchevsky-Institut — hoch oben
    — ist eigenes Zimmer für IIIIIHOH Spione«, erklärte sie. »Am Montag sie sagen, daß junger Mann — sehr junger Mann — abgeliefert ist. Ausländer. Wachen sagen, ist sehr jung, mit
    viel schwarzem Haar, sehr bulgarisch, aber spricht nicht bulgarisch.«
    Bettelnd sah sie Mrs. Pollifax an. »Wenn ist Philip...«
    »Können Sie das feststellen? Oder zumindest, welche Sprache er spricht? Oder was er
    verbrochen hat?«
    Die Frau hatte Angst. »Ich versuche «, sagte sie. »Mein Mann macht mich tot, wenn er weiß.«
    Debby wollte etwas sagen, aber Mrs. Pollifax schüttelte den Kopf. »Vielleicht werden Sie sich entscheiden müssen: entweder Ihr Mann oder Ihr Neffe.« Sie hielt den Augenblick für ungeeignet, ihr zu sagen, daß ihr Mann tot war.
    »Für Petrov ich mache«, sagte Mrs. Bemish schlicht. »Er gute Bruder. Immer. Er schreibt Briefe. Jeden Monat er sendet zweihundert Leva für uns helfen.« Sie hob den Blick zu Mrs.
    Pollifax und sagte inbrünstig: »Für Petrov ich sterben.«
    Von soviel Leidenschaftlichkeit verblüfft, nickte Mrs. Pollifax. Sie glaubte ihr. »Wir müssen jetzt gehen, Mrs. Bemish. Aber wir sehen uns wieder. Morgen, nehme ich an. Freitag.«
    Mrs. Bemish nickte stumm.
    Auf Zehenspitzen schlichen sie aus der Wohnung und zogen leise die Tür hinter sich zu.
    »Die Ärmste«, sagte Debby halblaut.
    Mrs. Pollifax jedoch war eben ein erstaunlicher Einfall gekommen, den sie von allen Seiten erwog. Er war so einfach, daß er ihr die Sprache verschlug. Beim Haustor angelangt, fragte sie sich: »Warum auch nicht?«
    »Wie bitte?« sagte Debby. »Mrs. Pollifax, sie machen schon wieder ein unheimliches
    Gesicht.«
    »Es kribbelt mir in den Fingern«, gestand Mrs. Pollifax nachdenklich. »Wir haben einen
    Untergrund und eine Frau, die bereit wäre, für ihren Bruder zu sterben...« Dann aber
    meldete sich die Vorsicht zu Wort, und sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein,
    ausgeschlossen.« Aber Vorsicht war nie Mrs. Pollifax' Stärke gewesen. »Wir machen noch
    einen zweiten Besuch«, sagte sie und fühlte sich plötzlich wie verjüngt.

16
    Der Laden in der

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