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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Quaderbau im Zentrum der Stadt, eingeschlossen von einer hohen Steinmauer mit Wachtposten und Lichtern an jeder Mauerecke. Das Gebäude liegt unmittelbar an den Straßen...«
    »Sollten wir nicht mal hinfahren und uns die Sache ansehen?« meinte Mrs. Pollifax nachdenklich. »Ist ein Auto vorhanden?«
    Die Männer sahen einander an. »Ein Auto kommt nicht in Frage«, murmelte Tsanko. »Man darf uns nicht zusammen sehen.«
    »Aber vielleicht einer der geschlossenen Lastwagen?« schlug Volko vor. »Draußen steht einer. Georgi, du könntest dir einen Arbeitsanzug anziehen und fahren.«
    »Ypa«, antwortete er grinsend.
    »Das ist sehr riskant«, sagte Boris. »Mein Gott, wenn wir angehalten werden...«
    Tsanko lachte und klopfte ihm auf die Schulter. »Dann wird die Amerikanski auch dich aus dem Panchevsky-Institut befreien, mein Freund. Los, gehen wir.«

17
    Mrs. Pollifax saß geduckt im Laderaum des Lastwagens und schielte über Georgis Schulter.
    Es dämmerte bereits. Aus den Cafes des Touristenviertels fiel Licht auf die Pflastersteine, und Volksmusik plärrte aus vielen Lautsprechern. Einige wenige Spaziergänger sahen sich die Auslagenfenster an. Kaum aber hatten sie das Hotelviertel hinter sich gelassen, erlosch jeder Versuch, ein Nachtleben vorzutäuschen, und die Straßen waren beinahe
    menschenleer.
    Sie waren etwa zehn Minuten gefahren, als Georgi sagte: »Dort vorne ist sie. Die Mauer.«
    Drohend türmte sie sich in der Ferne auf, ein Anachronismus in dieser modernen
    Ringstraße, eine häßliche chinesische Mauer, die ihnen den Weg abschnitt und die Straße zwang, sich nach rechts und links zu gabeln. Die Ringstraße war leicht abschüssig. Unten angelangt, bremste Georgi im Schatten der Mauer ab und fuhr nach rechts weiter. Sie
    gelangten auf einen weiten Platz — »Das ist die Vorderseite, der Eingang«, erklärte Georgi
    —, und Mrs. Pollifax sah hinter seiner Schulter einen großen gepflasterten Hof im Flutlicht.
    Zwei armselige Steinsäulen flankierten das eiserne Tor mit dem Schilderhäuschen. Der
    Wagen fuhr vorbei und folgte der Mauer nach links in eine schmale Seitengasse nach.
    Gegenüber der Zufahrt hielt Georgi an.
    Sie schwiegen. Über dem Viertel hing tiefe Stille, als sei es von der steinernen Mißbildung erschlagen worden. An der anderen Seite der Straße ragte die Mauer fünf bis sechs Meter auf.
    »Verdammt«, sagte Debby erstickt.
    Tsanko und seine Begleiter sahen Mrs. Pollifax erwartungsvoll an. Aber ihr fiel beim besten Willen nicht ein, was sie sagen sollte. Ihr Blick glitt vom Mauerrand zur Straße und blieb am Schilderhäuschen an der Ecke hängen. Es war ein ziemlich primitives Schilderhäuschen,
    eigentlich nur ein Unterstand bei Regen und Schnee. Die Fenster waren offen und nicht
    verglast. Soviel sie sehen konnte, standen keine Wachen drinnen. »Fahren Sie um die Ecke, Georgi, und sehen wir uns das Wachhäuschen an«, sagte sie.
    »Die volle Runde dürfen wir nicht nochmals fahren, sonst fallen wir auf«, warnte Volko.
    Sie nickte. »Eine Viertelstunde genügt sicher auch.«
    Der Wagen setzte sich in Bewegung. Jetzt reckten auch die anderen die Hälse nach dem
    Postenhäuschen. Mrs. Pollifax sah noch immer keine Wachen. Erst am Ende des Platzes
    begegneten sie einem Posten mit umgehängtem Maschinengewehr, der gemächlich auf
    dem oberen Mauerrand patrouillierte. Dann waren sie wieder auf der Ringstraße angelangt, die zu dem Platz führte. Georgi gab Gas.
    »Nun?« Tsanko beugte sich vor und sah sie mitleidig an.
    »Sind Sie jetzt bereit aufzugeben?«
    Mrs. Pollifax begegnete seinem Blick und sah zur Seite, ohne zu antworten. Der Anblick der wuchtigen Mauer hatte sie ernüchtert. Sie wirkte niederschmetternd. Jede Mauer ist ein
    Symbol der Herrschaft und Gewalt. Ihre geistige Aussage schreckt Beschauer mindestens
    so wie ihre tatsächliche Unüberwindlichkeit.
    Sie dachte aber auch daran, daß hinter dieser Mauer Philip Trenda festgehalten wurde, der in wenigen Tagen ermordet werden sollte. Wütend sagte sie: »Nein, ich denke nicht daran aufzugeben. Ist das klar?«
    Sie fuhren ins Magazin zurück und tranken schwachen Tee. Das heiße Wasser bezogen sie
    aus einem von Volkos Heizkesseln, und Mrs. Pollifax steuerte drei Teebeutel aus ihrer
    Handtasche bei. In kameradschaftlichem Schweigen hockten sie beisammen. Volko brach
    schließlich die Stille. »Unmöglich ist es gar nicht«, sagte er nachdenklich.
    »Entscheidend ist zumeist der Geist. Erinnert ihr euch, Tsanko und

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