Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime
untergebracht waren und uns selbst versorgen mussten.
Jetzt verdienten wir uns damit sogar etwas Geld, und weil wir uns gut mit den Waldfrüchten auskannten, hatten wir eine gute Ausbeute an manchen Tagen. An einer Waldstation hatten wir Abnehmer, die schon auf uns warteten. Die Händler nahmen uns die gesammelten Waren gern ab und sie bezahlten uns sofort. Es waren nur kleine Beträge, doch wir waren stolz darauf unsere Ausbeute zu Geld gemacht zu haben.
Freundschaften wurden geschlossen; denn alle hatten ein ähnliches Schicksal erlitten, alle waren Flüchtlinge so wie wir.
Wir verbrachten eine Wartezeit für eine Zuweisung in eine Stadt irgendwo in Westfalen.
Man munkelte viel, aber keiner wusste, in welchen Ort die Familien kommen sollten, das war keinem bekannt, auch uns nicht.
Meine Schwester Elke und ich wurden nun auch von unserer Mutter zur Schule angemeldet.
Viele Wochen ist bei uns der Unterricht in der Schule ausgefallen, und wir mussten uns erst wieder daran gewöhnen.
Als wir uns etwas mit der neuen Situation abgefunden hatten, wurden wir schon wieder weiter geschickt. Es ging mit dem Bus nach Massen bei Unna, hier bekamen wir ein eigenes Zimmer.
Der Ablauf des Tages war wie in den anderen Flüchtlingslagern, die Essen-Ausgabe zu ganz bestimmten Zeiten.
Das Warten auf einen Bescheid, in welcher Stadt wir demnächst zu Hause sein könnten, ob wir uns dann auch dort wohl fühlen würden und ob es uns auch dort gefallen könnte, daran haben wir nicht denken können.
Es war, wie wir es schon von jeher kannten, ein täglicher Überlebenskampf, und wir waren schon mit sehr wenig zufrieden. Nur ein Zuhause wollten wir endlich haben, zu wissen wo wir nun hingehörten.
Einen Wald in unserer neuen Umgebung gab es nicht, um wieder Pilze und Waldbeeren zu suchen, damit wir etwas Geld verdienen konnten.
Im Herbst konnten wir bei den Bauern in der Nähe bei der Kartoffelernte helfen, dabei verdienten wir pro Tag fünf Mark und bekamen Marmelade-Brote zur Kaffeezeit und auch noch ein spartanisches Abendessen zum Feierabend. Danach ging es mit einem Trecker vom Bauern wieder ins Lager. Das machten wir den ganzen Herbst. Als die Arbeit dann beendet war, hatten wir Rückenschmerzen und alles am Körper tat uns richtig weh. Meine Schwester Elke war zu dieser Zeit zwölf Jahre alt, ich war ein Jahr älter.
In Altena-Westfalen
Endlich war es soweit, die Stadt die unsere Neue Heimat werden sollte, wurde unserer Mutter bekannt gegeben!
Es sollte Altena-Westfalen an der Lenne werden.
Bei der Ankunft in unserer neuen Heimatstadt bekamen wir Bezugsscheine, Einkaufsscheine für Bettzeug und was man dringend brauchte. Wir kauften alles in der Stadt ein. Der Wert der Gutscheine war knapp bemessen. Jetzt hatten wir wieder unsere eigene Bettwäsche und Decken. Zur Verfügung hatten wir zunächst ein Zimmer, je ein Metallbett für jeden von uns und einen Stuhl und ein Tisch. Für die Wärme im Raum war ein Ofen vorhanden, der auch gleichzeitig zum Kochen genutzt werden musste.
Das erste, was am Morgen gemacht werden musste, war ein Feuer in der Heizungs- und Kochmaschine, das war uns nicht neu, denn sonst gab es kein warmes Wasser und der Raum blieb eiskalt. Eine Waschküche war im Haus, so konnten wir unsere Wäsche gründlicher reinigen, als in einem kleinen Waschbecken wie bisher. Es war alles neu. Wir konnten nun auf unsere Wohnung, die noch nicht fertig gestellt war, mit großer Hoffnung und Vorfreude warten.
Daraus wurden noch drei Jahre Wartezeit, vom November 1956 bis Ende 1959.
Teenagerzeit
Ich war nun vierzehn Jahre alt und war schon mitten in der Pubertät, ein Teenager.
In der Schule hatte ich viel Zeit verloren, ich bin zwar nicht sitzen geblieben, doch ich kam bei jedem Umzug in eine niedrigere Klasse, und dadurch habe ich den Anschluss im Lehr-Programm nie geschafft.
Durch den Wechsel von Lager zu Lager brachten uns unsere Schulbesuche nicht die besten Noten ein. Mit der Sechsten Klasse war ich aus dem „Rennen“. Es blieb nur noch die Möglichkeit, in der Berufsschule etwas dazu zu lernen, was mir auch viel Freude machte.
Ich fing eine Lehre zur Kaufmännischen Angestellten an. Das Büro stellte mich ein, obwohl ich keine gute Schulausbildung hatte. Für ein halbes Jahr sollte ich mich als Laufmädchen in der Fabrikation bewähren, das heißt Materialien besorgen oder für die Einkäufe der einzelnen Frühstückswünsche der Arbeiter zum Kaufmannsladen über die Strasse gehen und für alle
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