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Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Titel: Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime
Autoren: Regina Page
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sie nie kennen gelernt.
    Auch der Umgang mit Geld war ihnen fremd.
    Wie konnten sie ohne diese wichtigen Lebenserfahrungen den anvertrauten Mädchen auf dem Weg zur Berufsausbildung oder zur werdenden Mutter und Hausfrau etwas Sinnvolles vermitteln, um sie auf ihren weiteren Lebensweg vorzubereiten? Ohne jede pädagogische Ausbildung waren die Nonnen überfordert. Doch Pädagogik war auch nicht der Sinn ihrer Existenz.
    Sie waren lediglich Betschwestern und Vertreterinnen ihrer Konfession. Mehr nicht. Und die Kinder und Jugendlichen sollten dies spüren.
     
     

Erinnerung an meine Kindheit

Zwei Jahre

    Ich erinnere mich an meine Kindheit, da ich gerade zwei Jahre war.
    Wir kamen 1945 in Berlin als Flüchtlinge aus Ostpreußen am Anhalter Bahnhof an. Dort wurden wir vom Roten Kreuz versorgt, erschöpft von den Strapazen der Flucht – vor allem die Kranken, die Kinder und die älteren Menschen.
    Unsere Heimatstadt Elbing mussten wir verlassen; teilten das Schicksal mit vielen anderen Vertriebenen jener Zeit. Die Heimat blieb zurück und mit ihr unsere Wohnung, unser Zuhause. Nur was wir selbst noch tragen konnten, hatten wir bei uns. Und das war nicht viel. Wir bekamen, nach einem Aufenthalt in einer Bahnstation, einen Wohnraum zugewiesen. Es handelte sich um ein kleines Zimmer im ersten Stock, musste ausreichen für die Großmutter, unserer Mutter, meine Schwester Elke und für mich. Das Zimmer war sehr schmal, rechts und links standen je ein Bett, dazwischen ein schmales hohes Fenster, das mit Pappe vernagelt war. Neben der Tür stand ein Kinderbettchen, indem meine Schwester und ich schliefen. Es gab einen kleinen Tisch und zwei Stühle in diesem Raum, in dem wir uns kaum bewegen konnten. An Mobiliar hätte nicht mehr hineingepasst. So lebten wir in Berlin, Baumschulenweg Mosistraße 1, mit Küchen- und Badbenutzung. Es war unser erstes Zuhause nach der Vertreibung aus unserer Heimatstadt Elbing.
    Es war sehr bescheiden. Aber wir waren froh, dass wir noch lebten. Unser Vater ist nach wenigen Wochen der Ankunft in Berlin in das Augusta-Hospital eingeliefert worden. Von den Strapazen der Flucht hat sich unser Vater nie erholt. Nach sechs Wochen Krankenaufenthalt ist er verstorben. Er hatte eine Verwundung am Bein. Bei der Flucht von Elbing nach Berlin konnte diese Wunde nirgendwo richtig behandelt werden. Selbst im Krankenhaus konnte die Wunde nicht mehr geheilt werden. Wie sich später heraus stellte, hatte er auch eine Nieren- und Herzerkrankung. Wir haben ihn nie wieder gesehen. So blieb mir keine schöne Erinnerung an unseren Vater, ich habe ihn viel zu früh verloren.
    Mutti erzählte uns später, dass er in einem Papiersack eingepackt wurde und in Baumschulenweg auf dem Friedhof, in der Kiefholzstraße beerdigt wurde. Zwei Jahre später ging auch unsere Großmutter von uns.
    Wir hatten während dieser Zeit und in den folgenden Jahren immer Hunger und spürten noch oft die fürchterliche Kälte. Mutter bettelte beim Kohlenhändler Sorpart in der Mosistrasse, um ein paar Briketts auf Pump, er würde sein Geld dafür nächsten Monat bekommen. Der Mann war, sehr verständnisvoll. Wir bekamen ein ganzes Brett geliefert, auf dem „angeschrieben“ wurde, zahlbar im nächsten Monat. Es wurde etwas warm in unserem Zimmer, jedes Stück Papier und jedes Stück Holz wurde von uns gesammelt.
    Wir Kinder mussten viel ertragen, wir waren klein und schmächtig, wir hatten keine warme Kleidung es war eine Zeit zum „Durchhalten“ nach dem zweiten Weltkrieg. Es gab kaum zu essen, wir merkten uns die Geschäfte, in denen wir etwas umsonst bekamen. Meine Schwester Elke und ich holten uns in der Milchkanne, die Molke aus der Molkerei. Dann tranken wir schon auf dem Weg nach Hause Schluck für Schluck aus der Kanne. In der Fleischerei konnten wir uns die Wurstbrühe abholen. Wir bekamen sie umsonst, wir wurden mitleidig angeschaut und man tuschelte über uns. Wir bemerkten das alles nicht, die Wurstbrühe war köstlich.
    Nur manchmal vernahmen wir ihre Worte: „Das sind doch die Flüchtlingskinder.“ Es machte uns nichts aus. Wir hatten Hunger. Wir bekamen etwas zu Essen, nur darauf kam es an. und oben drauf noch eine dicke Scheibe Jagdwurst. Wir dachten uns: ,,Die wollen uns was Gutes tun.“ Jahre später haben wir erst den Sinn verstanden. Etwas Mitleid, etwas Schadenfreude, wie sollten wir Kinder das verstehen? So haben wir schon als kleine Kinder gelernt, uns „durchzuschlagen“.
    In unserer „Behausung“ hatten
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