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Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Titel: Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime
Autoren: Regina Page
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ihm.

Mädchenträume

    Unterwegs fiel mir das große Plakat auf, das am Bahnhof Johannisthal stand. Ich dachte immer wieder daran und es ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Ein Aufruf an „junge Mädchen und Jungen die für Filmaufnahmen“ gesucht werden. Die Interessierten sollten sich in dem Filmstudio der DEFA in Johannisthal melden. Das ging mir damals nicht mehr aus dem Sinn und ich träumte und schwärmte davon, einmal im Leben auf der Leinwand zu sein und man könnte mich im Kino sehen! In dieser Zeit nahm ich jede Minute war und nutzte die Gelegenheit vor einem großen Spiegel Sprechübungen zu machen. Oder ich fing an zu singen, mit einer alten Gardine als Umhang, erprobte ich meine Stimme eine Opernsängerin wollte ich darstellen, das tat ich nur, wenn ich mal ganz alleine zu Hause war.
    Keinem habe ich davon erzählt, oder zuschauen lassen bei meinen träumerischen Spielereien.
    Ich hatte die Befürchtung, man könnte mich für diese naive Träumerei auslachen und ich hätte mich geschämt, wenn es jemand erfahren hätte, was ich da im Kopf hatte. Mädchenträume eben ...

    „Schmugglerin“ Tante Lena

    An vielen Sonntagen wurden wir auch zum Essen zu unserer Tante Lena und Onkel Bruno (Bild) eingeladen. Tante Lena war die Schwester unseres Vaters. Sie lebte schon seit ihrer Heirat mit Onkel Bruno in Berlin und hat die Strapazen einer Flucht aus Ostpreußen nicht mitmachen müssen. Sie war Geschäftsfrau mit einem Zeitungskiosk. Da sie zu dieser Zeit die einzige in der Gegend war, ging es ihr finanziell sehr gut.
    Elke und ich gingen sonntags oft allein zu dieser Einladung. Wir machten uns „fein“ mit weißen Kniestrümpfen und wir zogen unsere Sonntagskleider an. Tante Lena schaute auf unsere Mutter etwas herab. Mutti blieb dann einfach zu Hause. Tante Lena fragte uns immer wieder, was unsere Mutter so machte und was sie uns zu Essen kochte. Da wir mit großem Appetit aßen, dachte sie wohl, wir bekommen zu wenig bei unserer Mutti. Diese Fragerei störte uns nicht, aber irgendwie hatte Tante Lena Recht mit ihrer Anmahne. Wir bekamen einen leckeren Sonntagsbraten und vielleicht noch etwas Schokolade aus dem Westen.
    Tante Lena hatte immer etwas Geschmuggeltes. Das war auch ihr „Laster“. Sie schmuggelte alles Mögliche, sie schaffte es immer wieder, an Ware zu kommen, um damit das große Geld zu machen. In dieser Zeit versuchten viele das gleiche. Tante Lena schaffte es. Zigarettenschmuggel war ihre große Leidenschaft; davon konnte sie einfach nicht die Finger lassen! Im Baumschulenweg war sie bekannt dafür. Bis sie eines Tages erwischt wurde und beinahe ihren Zeitungsladen verloren hätte. In späteren Jahren hatte unsere Tante dann endlich ihr Zigarettengeschäft. Wie sie das nun wieder geschafft hatte, denn unsere Tante war ja kein unbeschriebenes Blatt, wusste keiner. Sie konnte eben kämpfen, was unserer Mutter nicht gegeben war.

Die Kirchturm-Uhr

    Onkel Bruno war Uhrmacher. Er ließ sich von seiner Frau nicht stören und ließ sie gewähren. Er reparierte gemächlich seine Uhren und ging seiner Aufgabe nach, die Kirchturmuhr in der Baumschulenstraße, in der Nähe der Sonnenallee, täglich aufzuziehen. Dafür musste er viele Treppen zum Kirchturm steigen.
    Eines Tages ging Mutti mit Onkel Bruno ahnungslos auf diesen Kirchturm. Es war für sie mal interessant. Was sollte auch passieren? Aber Onkel Bruno nutzte die Gelegenheit aus und wollte Mutti abknutschen. Da hatte er sich aber verrechnet, entsetzt lief sie die Treppen vom Kirchturm flink hinunter und sah nicht mehr zurück zu ihrem Schwager. Entsetzt kam sie nach Hause und erzählte uns, was mit ihr geschehen war. Meine Güte, was haben wir darüber gelacht! Wir konnten es nicht fassen! Unsere Mutter und Onkel Bruno küssend auf dem Kirchturm! Diese Vorstellung, nie haben wir Mutti mit einem Mann zusammen gesehen. Und dann das. Elke und ich haben wochenlang darüber gekichert. Wenn wir dann bei Tante Lena waren, konnten wir uns vor Lachen kaum halten.
    Als Onkel Bruno uns dann auch eines Tages mit auf den Kirchturm nehmen wollte, war es für uns ein großes Abenteuer. An das Erlebnis unserer Mutter dachten wir in dem Moment natürlich nicht. Jetzt standen wir Flüchtlingskinder auch mal im Mittelpunkt und waren ziemlich stolz, denn so einen tollen Onkel hatte keiner in der Schule!

    „Ausflüge“ nach West-Berlin

    Tante Lena nahm uns manchmal mit nach West-Berlin. Dort kaufte sie dann für Onkel Bruno Ersatzteile beim
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