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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Asche.«
    »Denkst du, es hätte sie gestört, wie ein Dweller
bestattet zu werden?«, fragte Setstyin.
    »Nein«, sagte Fassin. »Das glaube ich nicht. Sie
hätte es eher für eine Ehre gehalten.«
    »Hört, hört«, murmelte Y’sul.
    Valseir machte eine feierliche Verbeugung.
    »Nun denn, Colonel Hatherence«, sagte Setstyin mit einem
kleinen Seufzer und schaute auf den Leichnam im Sarg hinab. »Du
hast das Alter und den Rang eines Colonel der Merkatoria erreicht,
was für deinesgleichen eine beachtliche Leistung ist.
    Wir nehmen an, dass du ein gutes Leben geführt hast, und wir
wissen, dass du ehrenhaft gestorben bist. Mit dir starben viele
andere, aber am Ende sind wir doch alle allein. Für dich gilt
das noch mehr, denn du warst unter Wesen, die dir fremd waren, und du
warst fern von deiner Heimat und deiner Familie. Du bist in die
Tiefen gestürzt, du wurdest geborgen, und nun schicken wir dich
noch weiter in diese Tiefen hinab zu all unseren ehrwürdigen
Toten auf der felsigen Oberfläche um den Kern.« Er sah
Fassin an. »Seher Taak, möchtest auch du noch ein paar
Worte sagen?«
    Fassin zerbrach sich vergeblich den Kopf. Schließlich sagte
er nur: »Ich glaube, Colonel Hatherence war eine gute Person.
Tapfer war sie sicherlich. Ich kannte sie nicht einmal hundert Tage
lang, und sie war immer meine militärische Vorgesetzte, aber sie
wurde mir immer sympathischer, und irgendwann war sie wie eine
Freundin. Sie fand den Tod, als sie mich beschützen wollte. Ich
werde ihr Andenken stets in Ehren halten.«
    Er signalisierte, dass ihm weiter nichts einfiel. Setstyin
rollnickte und deutete auf den offenen Sargdeckel.
    Fassin glitt vor und schloss mit einem Manipulator die eiserne
Klappe, dann sank er noch ein wenig tiefer, fasste zusammen mit
Setstyin die Bahre mit dem Sarg an einer Kante und hob sie an. Der
schwere Behälter rutschte lautlos vom Balkon und versank tief
unter ihnen in der nächsten dunkelvioletten Wolkenschicht.
    Alle schwebten nach draußen und warteten, bis der winzige
schwarze Fleck im rötlich blauen Gewoge verschwunden war.
    »Ein Großcousin von mir ist beim Tauchen von so etwas
getroffen worden«, sagte Y’sul nachdenklich. »Hat nie
erfahren, was es war. Er war auf der Stelle tot.«
    Die anderen sahen ihn an.
    Er zuckte die Achseln. »Was ist? Es ist wahr!«
     
    Valseir fand Fassin auf einer Galerie. Der Alte schaute hinaus in
den nächtlichen Gasstrom, der in Infrarot ruhig dahinrauschte
und die Isaut an ein unbekanntes Ziel trug.
    »Fassin.«
    »Valseir. Dürfen wir schon gehen?«
    »Ich habe nichts gehört. Noch nicht.«
    Gemeinsam sahen sie eine Weile in die bewegte Nacht hinaus. Zuvor
hatte sich Fassin Berichte beider Seiten über die Sturmschlacht
angesehen. Die Dweller zeigten raffiniert ausgewählte Bilder,
nach denen es so aussah, als hätten die Panzerkreuzer und nicht
die Isaut den Sieg davongetragen. Die Sendernetze der
Merkatoria verzichteten ganz auf Bilder und ergingen sich nur in
geheimnisvollen Andeutungen, wonach eine ganze Flotte vermisst wurde.
Dass es nichts zu sehen gab, war unerhört. Offenbar hatte man
sofort entschieden, dass die Sache nach Möglichkeit vertuscht
werden sollte. Beide Seiten spielten nach Kräften herunter,
unterstellten ein entsetzliches Missverständnis und beklagten
erschreckend hohe Verluste, was, wenn Fassin recht überlegte,
immerhin zur Hälfte bis zu drei Vierteln der Wahrheit entsprach
und damit der Realität näher kam, als er unter diesen
Umständen erwartet hätte.
    »Was ist denn nun aus dieser Mappe geworden?«, fragte
Fassin. »Falls es sie überhaupt gab?«
    »Es gab und gibt eine Mappe, Fassin«, sagte Valseir.
»Ich habe sie lange bei mir behalten, aber vor einundzwanzig
oder zweiundzwanzig Jahren gab ich sie schließlich meinem
Kollegen und guten Freund Leisicrofe, der damals gerade zu einer
Forschungsexpedition aufbrach.«
    »Ist er inzwischen zurückgekehrt?«
    »Nein.«
    »Wann kommt er?«
    »Sollte er zurückkehren, wird er die Daten nicht
mitbringen.«
    »Wo werden sie sein?«
    »Wo immer er sie gelassen hat. Ich weiß es
nicht.«
    »Wie finde ich deinen Freund Leisicrofe?«
    »Du musst ihm folgen. Das wird nicht einfach sein. Du wirst
Hilfe brauchen.«
    »Ich habe Y’sul. Er hat bisher immer alles
arrangiert…«
    »Du wirst viel mehr Hilfe brauchen, als er dir geben
kann.«
    Fassin sah den alten Dweller an. »Ich muss den Planeten
verlassen? Ist es das, was du meinst?«
    »Sozusagen«, sagte Valseir, ohne ihn anzusehen.

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