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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sich
überlegen, wie man die Invasionsflotte der Hungerleider zu einem
Angriff auf Nasqueron bewegen könnte, damit sie sich an den
Wunderschiffen, die bei der Sturmschlacht die Streitkräfte der
Navarchie zerstört hatten, die Köpfe einrannte.
    Stoff zum Nachdenken gab es genug.
    Saluus hatte eine Jacke angezogen, als er ins Freie ging, aber
keine Handschuhe, und musste nun die Hände in die Taschen
stecken. Plötzlich war Liss an seiner Seite, schob ihren Arm
unter den seinen und schmiegte sich an ihn. Der Duft ihrer Haut war
berauschend. Er schaute auf sie hinab, und sie presste sich fester an
ihn und folgte seinem Blick nach Süden zur Lichterkette der
Orbitalbauten.
    Er spürte, wie sie in der Kälte zitterte. Sie war nur
leicht bekleidet. Er zog seine Jacke aus und legte sie ihr um die
Schultern, eine Geste, die er aus Filmen kannte. Sie gab ihm immer
noch ein gutes Gefühl. Er selbst fror nicht, obwohl es
kälter geworden war und oben ein Wind aufkam. Jemand hatte ihm
erklärt, es handle sich um einen teilkatabatischen Wind: die
kalte Luftströmung von den höher gelegenen Eiswüsten
verdränge die wärmere, weniger dichte Luft weiter unten,
fließe sanft aber unaufhaltsam abwärts und ergieße
sich wie der Geist des gefrorenen Wassers über den Rand der
Klippe.
    Lange standen sie schweigend da, dann erinnerte ihn Liss, dass er
vor dem Abendessen zu einem Gespräch unter vier Augen mit
Peregal Emoerte verabredet sei. Doch bis dahin war noch Zeit. Jetzt
begann Saluus doch zu frösteln, aber er wollte erst hineingehen,
wenn er zitterte. Der Himmel war vollends dunkel geworden. Saluus
beobachtete, wie ein planetennaher Satellit wie ein Fünkchen
über sie hinwegzog. Neben ihm zuckte Liss zusammen. Er zog sie
fester an sich.
    »Was ist das?«, fragte sie wenig später und
streckte den Arm aus.
    Er folgte ihrem Finger. Im Westen, wo Ulubis untergegangen war,
war noch ein schwacher violetter Schimmer zu sehen. Etwas über
dem Horizont, im unteren Himmelsabschnitt, hinter und über der
Stelle, wo der Widerschein des Orbitalbandes am stärksten war,
flackerten Lichter. Ein annähernd runder Fleck aus leuchtend
blauen Punkten, etwa so groß wie eine auf Armeslänge
gehaltene Münze, der mit jeder Sekunde größer wurde.
Die flimmernden blauen Punkte verfestigten sich allmählich.
Immer mehr leuchteten auf, das kleine Himmelsfenster füllte sich
mit kaltem blauem Feuer und stand fast reglos in der frostig stillen
Luft über den gefrorenen Ebenen.
    Saluus begann zu zittern, aber nicht vor Kälte. Er setzte zum
Sprechen an, doch Liss schaute zu ihm auf und sagte: »Das sind
sie, nicht wahr? Die Kerle vom Hungerleider-Kult. Das E-5-Separat.
Die Invasionsflotte. Sie bremst ab.«
    »Wohl schon«, sagte Sal. Der Knopf in seinem Ohr pfiff,
und das Komgerät in der Suite trillerte kläglich. »Wir
sollten reingehen.«
     
    Wieder benommen. Immer noch in der Fahrgast/Frachtkabine der Velpin. Fassin fuhr die Systeme des Gasschiffchens wieder
hoch. Der Bildschirm spielte verrückt, wurde klar, zeigte
Sterne, erst fest, dann schwankend, und schließlich einen
Planeten – grünlich blau und weiß. Auf den ersten
Blick erschien Fassin die Welt fremd, ungeeignet für ein Leben
ohne Schutzanzug. Dann erkannte er, dass sie aussah wie
’glantine oder Sepekte; oder wie die Bilder, die er von der Erde
gesehen hatte. Du wirst zum Gasriesenbewohner, sagte er sich. Denkst schon wie ein Dweller. Das ging gewöhnlich nicht
so schnell.
    »Oh verdammt! « , rief Y’sul und
starrte das Bild auf dem Schirm wütend an. »Das ist noch
nicht einmal ein richtiger…«
    Die Wellen rasten heran, als hätte jemand blinde
Starrköpfigkeit konzentriert und in flüssige Form gebracht.
Unermüdlich und langsam warfen sie sich gegen die
zerklüfteten, massiven Felsbarrieren. Immer neue lang
gestreckte, niedrige Wasserfronten bäumten sich auf und
stürzten herab wie allzu schwere, unbeholfene Akrobaten, rollten
wieder hoch und kippten, hoffnungsvoll und hoffnungslos zugleich,
nach vorne, wurden auf den brüchigen steinernen Totenacker
geschmettert und zerbarsten zu Gischt und Schaum.
    Wenn das Wasser nach jeder Attacke wieder ablief, schleuderte es
Felsblöcke, größere und kleinere Steine zwischen den
stumpfen und spitzen Granitsäulen umher. Es schälte sich ab
wie eine nasse Haut, und das Klappern der Steine berichtete von den
allmählichen Erfolgen seiner Beharrlichkeit. Die Wellen –
der Ozean – nagten am Festland, sie spalteten es,

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