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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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verdammten Typen, denen verdammt nochmal alles
gehörte, oder die glaubten, irgendeinem Scheißkerl sollte
alles gehören, sie hatten entschieden, verfügt, für richtig erachtet, dass das Eigentumsrecht an dem ganzen
verdammten Habitat – und an vielen anderen ähnlichen
Habitaten, bei denen das Eigentum ebenfalls umstritten / unsicher /
zweifelhaft / von irgendeinem glücklichen Zufall bestimmt war
– an eine offiziell anerkannte und verantwortliche Institution
übergehen sollte. Was im Grunde nichts anderes hieß als an
sie selbst. Oder wenn nicht sie selbst, dann an ihre besten Freunde.
An jemanden, der Dinge wie Eigentumsrecht, Mietinkasso und die
Durchsetzung von kleinlichen Vorschriften ernst nahm. Es war eine
Entscheidung der Gesetzesmacher, der Gesetzgeber, von der man zum
Gesetzlosen erklärt wurde, aber man würde diese
Entscheidung nicht so sehen, würde das Gesetz nicht passieren
lassen, man würde es anfechten, es sollte nicht ohne verdammt
energische Widerstände in die hiesige Rechtsordnung eingehen.
Diese Flachwichser wollten aus irgendeinem hirnrissigen Grund einen
Teil dessen zerstören, was an den Habitaten, am Sepekte-Orbit,
am Ulubis-System, an der Gesellschaft gut war, zu der letztlich auch
sie gehörten. Im Grunde waren sie nur dumm und
zerstörungswütig, und deshalb war es nötig, dass ihnen
diejenigen, die das alles deutlich sahen – weil sie an Ort und
Stelle waren, an vorderster Front, mitten im Geschehen – ihr
Fehlverhalten klar machten. Letzten Endes saßen doch alle im
selben Boot, nur entfernten sich die Scheißkerle an der Macht
manchmal zu weit von der Realität des Lebens, wie die meisten
Leute es führten, und dann musste man Stellung beziehen, seine
Stimme erheben und sich Gehör verschaffen.
    Deshalb gingen sie zu dieser Demonstration, rutschten durch die
Friktionsrohre, ließen sich an den Bungeeseilen hinab und
strebten über die Bahnschienen zum Hauptplatz, wo sich bereits
eine große Menge versammelt hatte.
    »Man muss sich das nur mal vor Augen führen«, sagte
Mome, als sie durch die letzte Straße gingen. »Die
Beyonder greifen niemals Habitate an, niemals ganze Städte,
niemals irgendein großes, einfaches, wehrloses Ziel. Sie
greifen das Militär und die Regierung und die großen
Infrastruktureinrichtungen an. Die Anschläge, die Gewalt, die
militärische Strategie bilden einen Diskurs, der zu analysieren
wäre, wenn man bereit ist, seine propagandistischen Vorurteile
abzulegen. Und die Botschaft ist klar: sie kämpfen, sie
führen Krieg gegen das System der Merkatoria, gegen die Hohe
Kommandantur, gegen die Omnokratie und gegen die Administrata, aber
nicht gegen das gemeine Volk, nicht gegen uns.«
    »Ich verwahre mich gegen die Bezeichnung gemein!«,
protestierte Sonj.
    »Es ist schon allzu großzügig, dich in die
Kategorie ›Volk‹ einzuordnen, Sonj«, schoss Mome
zurück. Mome war ein kleines Kerlchen, blass und verkrampft, er
ging ständig leicht nach vorne gebeugt, als sei er im Begriff,
sich zu ducken oder sich auf etwas zu stürzen. Sonj war riesig;
ein tollpatschiger Kauz mit dunkelbrauner Haut und kurzem, krausem
rotem Haar. Er war starken Stimmungsschwankungen unterworfen und
fühlte sich, unbeholfen wie er war, nur bei niedriger
Schwerkraft wohl.
    »Deshalb sind sie nicht zwangsläufig die Guten«,
beharrte Fassin.
    »Aber sie sind vernünftigen Argumenten zugänglich
und fähig, sich auf einen sinnvollen Dialog einzulassen«,
sagte Mome. »Auch wenn man sie uns als tobende Irre verkaufen
will, die man wie Ungeziefer zertreten muss.«
    »Und was hindert sie dann, mit uns zu reden?«
    »Wir selbst«, sagte Mome. »Zum Reden gehören
immer zwei.«
    Alle sahen ihn an. Mome war bekannt dafür, dass er viel
redete. Manchmal vor einem Publikum, das eigentlich längst
eingeschlafen war. Er zuckte die Achseln.
    »Meine Cousine Lain…«, sagte Thay.
    »Noch eine Cousine?« Mome tat so, als könnte
er es nicht fassen.
    »Die Schwester von Cousine Kel und Halbschwester von Cousine
Yayz«, erklärte Thay geduldig. Sie war mit Sonj zusammen,
eine üppige Frau, bei niedriger Schwerkraft ungeschickt, aber
bei zwei Drittel Ge auf der Innenfläche des Hab umso agiler.
»Meine Cousine Lain«, fuhr sie entschlossen fort, »ist
in der Navarchie, und sie glaubt, die Beyonder greifen nur deshalb so
oft an, weil ihnen die Navarchie und die Generalflotte auf den Pelz
rücken, wenn sie es nicht tun. Und unsere Leute beschränken
sich nicht auf militärische Einrichtungen.

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