Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
hatte sich ein Beispiel an Meredith genommen und vorsorglich die Bensons für neun Uhr in den Salon bestellt. »Die Tochter von Mr. und Mrs. Benson ist im ersten College-Semester aus dem Fenster gestürzt. Den beiden würde ein bisschen Ablenkung durch ein Kleinkind guttun, und Sie könnten ein bisschen Zeit für sich brauchen. Die beiden nehmen Ihnen Oliver liebend gerne für den heutigen Tag ab.«
Die Bensons hatten nicht nur sofort eingewilligt, sondern sich geradezu darum gerissen. Beide hatten sich den Tag freigenommen. Um zehn vor neun standen sie mit einem Wäschekorb voll Kinderkleidung in den verschiedensten Größen – winzigen Mützchen, Fäustlingen, Schals, Stiefeln, Jacken und Ohrenschützern – sowie Spielsachen, Stofftieren, Bauklötzen und Puzzles im Salon. Emmy war sprachlos. »Wir wussten nicht, wie warm er angezogen ist, deshalb haben wir lieber noch ein paar Sachen mitgebracht«, erklärte Mrs. Benson. »Wir dachten, dass Oliver vielleicht gerne in den Zoo möchte. Oder wir könnten uns den Weihnachtsbaum im Zentrum angucken und Karussell fahren. Vor dem Mittagessen wollten wir ihm die Teddybären im Fairmont Hotel zeigen und später irgendwo heiße Schokolade trinken und Kekse essen, und dann … Na ja, Sie wollen ihn sicher abends wieder zu Hause haben, aber wir haben trotzdem vorsichtshalber ein paar Kleider zum Wechseln mitgebracht.«
»Wie kann ich Ihnen bloß danken?«, fragte Emmy.
»Indem wir nächste Woche wieder auf ihn aufpassen dürfen?«, schlug Mr. Benson vor.
Emmy lachte. »Warten wir erst mal ab, ob Sie nach dem heutigen Tag noch Interesse haben.«
»Ich weiß genau, wie sie in diesem Alter sind«, sagte Mr. Benson mitfühlend. »Kleine Sturköpfe und furchtbare Nervensägen.« Er grinste seine Frau an.
»Oh, ich kann es kaum erwarten«, antwortete sie.
»Eine weniger. Bleiben noch zwei«, sagte Dash.
»Ja, aber Emmy war die unkomplizierteste«, gab Sam zu bedenken.
»So schlimm wird Runde zwei auch nicht.«
»Du hast gut reden. Du hast ja auch gewonnen.«
Dash setzte sich mit Nadia zusammen und kam direkt zur Sache: »Die Projektion Ihrer Mutter ist nicht hängen geblieben. Wenn sie noch leben würde, würde sie diese Männer tatsächlich alle für Idioten halten.«
»Jeden einzelnen?«
»Absolut jeden. Und wollen Sie wissen, was noch schlimmer ist?«
»Was?«
»Dass sie recht damit hätte.«
»Bei allen?«
»Ja. Ich habe mir die Profile der Männer mal angeschaut und auch Ihre früheren Beziehungen durch die Augen Ihrer Mutter betrachtet. Das Problem ist nicht, dass Sie auf den kreativen, gefühlvollen Dichtertyp abfahren – glauben Sie mir, ich verstehe, was Sie an dem finden –, das Problem ist, dass Sie mit Männern ausgehen, die es für eine gute Idee halten, dass Sie den ganzen Tag arbeiten und abends noch den Haushalt schmeißen und kochen, während sie faul auf ihrem Hintern sitzen und tiefgründigen Gedanken nachhängen. Das Problem ist nicht, dass Sie auf heiße, gut gebaute Typen abfahren – glauben Sie mir, auch das kann ich nachvollziehen –, das Problem ist, dass die Kerle, die Sie sich aussuchen, keinen einzigen Abend auf ihr Fitnessstudio verzichten würden, um mit Ihnen essen zu gehen.«
»Aber sie hat diese Männer doch noch nie getroffen. Ich habe sie ja nicht mal getroffen.«
»Eine weise Mutter kennt eben ihre eigene Tochter, hat meine Großmutter immer gesagt. Die Sache ist die, dass S ie bisher nicht gerade die optimale Erfolgsbilanz vorweisen konnten, was Männer angeht.«
»Ich weiß«, räumte Nadia ein und ließ den Kopf hängen .
»Kopf hoch! Jeder von uns hat eine miese Bilanz, bis er den Richtigen trifft.«
»Meinen Sie?«
»Ja. Und selbst wenn Ihre Mutter unrecht hätte und Sie den Richtigen schon gefunden hätten, müssten Sie die Projektion erst einmal von ihm überzeugen, bevor sie bereit wäre , Sie zu unterstützen.«
»Weil sie mich zu Lebzeiten nie unterstützt hat?«
»Weil ihr nie ein Mann gut genug sein wird für ihr kleines Mädchen.«
»Ich bin aber kein kleines Mädchen«, sagte Nadia.
»Das sagten Sie bereits.«
Sam lud Edith zum Mittagessen in ein Bistro ein. Er war sich nicht sicher, ob Meredith diese Herangehensweise gutgeheißen hätte, aber er war mit der Situation nun mal vollkommen überfordert. Wenn man Merediths Reaktion auf Alberts Seitensprünge als Grundlage nahm, wäre wohl auch sie überfordert gewesen. In Anbetracht der Ergebnisse seiner Nachforschungen war er außerdem der Ansicht, dass
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