Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
dass du eine Mütze Schlaf kriegst!«
»Halb so wild. Ich vermisse dich einfach. Wie verrückt.«
»Ich weiß, Süßer. Mein a rmer Sam. Ich vermisse dich auch.« Er wusste, dass das nicht stimmte.
»Irgendetwas stimmt mit der Software nicht «, wech selte er das Thema. »Davids Kunden sind richtig sauer. Irgendwo muss der Wurm drin sein. Keine Ahnung, ob ich das repariert kriege.«
»Natürlich kriegst du das repariert. Ich liebe dein Superhirn, Sam. Und diverse andere Körperteile. Du bist ein Genie. «
»Ein Computergenie vielleicht. Zwischenmenschliche Beziehungen sind viel schwieriger zu durchschauen.«
»Dafür hast du ja mich«, sagte sie fröhlich. »Ich bin bald wieder zu Hause.«
Sam nickte unglücklich. »Am liebsten würde ich alles im Klo runterspülen, Merde.«
»Ich glaub, jetzt ist alles raus, und zwar vorne und hinten.«
Sam hörte Dashs besorgte Stimme aus dem Wohnzimmer. »Irgendwann muss er ja mal rauskommen. Er verbringt viel zu viel Zeit im Schlafzimmer. Online.«
»Mit ihr?«, fragte Jamie.
»Klar, was sonst.«
»Mir ging es am Anfang genauso«, sagte Eduardo. »Ich hatte einfach nicht genug Energie, um das Bett zu verlassen, und hätte am liebsten ununterbrochen mit Miguel geredet. Man sollte nicht meinen, dass es so anstrengend ist, den ganzen Tag nichts zu tun, aber … Trauer laugt einen irgendwie völlig aus.«
»Es ist ja auch noch nicht lange her«, sagte Dash. »Das sehe ich ein. Keiner behauptet, dass er jetzt schon darüber hinweg sein muss, aber es wird wirklich langsam Zeit, dass er mal sein Zimmer verlässt.«
Sam hörte, wie die Haustür aufging und auch Josh die Wohnung betrat. Dann kam Dash den Flur entlang und öffnete die Schlafzimmertür.
»Wo steckst du denn?«
»Unter der Decke.«
»Redest du mit Meredith?«
»Nicht mehr.«
»Das ist ja, als würdest du dir Pornos reinziehen.«
»Überhaupt nicht.«
»Ich vermisse sie auch.«
»Ich weiß.«
»Aber das ist nicht dasselbe.«
»Ich weiß.«
»Komm und trink ein Bier mit uns, Sam.«
»Danke, Dash. Wirklich nett von euch. Aber mir ist einfach nicht danach.«
»Wenn Josh mitkommen kann, kannst du das auch. Wäre ein Cola vielleicht besser?«
»Vielleicht.«
»Okay.«
»Okay.«
Sam spritzte sich ein wenig Wasser ins Gesicht und kam dann ins Wohnzimmer. Wenigstens musste er dieser Männerrunde nicht seine schlechte Laune erklären. Dash sah sich unterdessen vor ein ganz anderes Problem gestellt, das weniger kulinarischer als psychologischer Natur war. Mozzarella ließ sich in einer Stunde fabrizieren, und auch Chèvre war schnell angesetzt und musste dann nur noch ein paar Tage abtropfen. Mascarpone, Neufchâtel … an all diesen Käsesorten konnte man sich fast sofort erfreuen. Aber die Hartkäsesorten, die gereiften Sorten, die Schimmelkäse brauchten Monate, manchmal Jahre, bis sie sich richtig entfalteten. Natürlich hätte Dash den Cheddar servieren können , den er im August zum Reifen eingelagert hatte, aber nächsten Monat würde er noch besser schmecken, und im Monat danach sogar noch besser, und überhaupt umso besser, je länger man wartete. Dash hatte überall Käse gebunkert, konnte ihn jedoch nie essen, weil die Perfektion, die er in seiner Vorstellung erlangen würde, wenn er nur geduldig genug war, schwerer wog – wenn auch nur knapp – als der Wunsch, ihn zu essen. Sie aßen also fünf verschiedene Weichkäsesorten, die sie auf Cracker strichen und mit männlichem Bier und kopfschmerzstillendem Cola hinunterspülten. Obwohl das Gespräch schleppend verlief, war es der beste Abend, den Sam seit Monaten gehabt hatte.
Den Rest des Wochenendes brütete Sam über Codes und führte Unit-Tests und Plausibilitätskontrollen durch. Die gute Nachricht war, dass RePrise einwandfrei funktionierte. Die schlechte Nachricht war natürlich ebenfalls, dass RePrise einwandfrei funktionierte. Wie Meredith bereits richtig festgestellt hatte, fiel die Lösung des Problems daher in ihren Fachbereich, für den sie dringend gebraucht wurde. Ohnehin war sie auf allen Gebieten unentbehrlich, daran erinnerte Sam jedes Molekül seines Körpers, jedes Atom der Luft, jedes Zeichen, das er vom Universum empfing, ständig und überall. Verbissen stritten sich Dash und er darum, wer welche Aufgabe übernehmen musste. Schließlich warfen sie eine Münze, und Dash gewann und durfte sich um Nadia kümmern. Sam verlor und hatte Edith am Hals. Aber zuerst nahmen sie sich gemeinsam Emmy vor, sie war der leichteste Fall.
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