Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
erblickte, schnappte sie beinahe über vor Begeisterung. Vor ihrem Tod hatte sie mit beiden Enkeln regelmäßig gechattet, aber dass diese nun gemeinsam vor ihr saßen, war eine besonders schöne Überraschung.
»Dash! Ich wusste gar nicht, dass du Meredith besuchst!«
Dashiells Mund öffnete sich (ob aus Schreck oder aus Gewohnheit war nicht klar), aber zum ersten Mal, soweit Meredith sich entsinnen konnte, bekam er keinen Ton heraus.
»War eine spontane Idee«, erklärte Meredith. »Wir dachten, wir melden uns kurz und sagen Hallo.«
»Das ist ja schön«, antwortete Livvie.
Dashiell sagte nichts.
»Ach, ich wünschte ich wäre bei euch! Wie geht es dir, Dash?«
Es entstand eine Pause, in der man förmlich hören konnte, wie es in Dashs Kopf ratterte. »Mir geht’s … gut?«, fragte er unsicher.
»Du siehst jedenfalls toll aus«, schwärmte Livvie. » Wie läuft’s in L. A.?«
» Alles … gut?«, stammelte Dash.
»Und die Arbeit ? Was ist aus dem Vertrag mit diesem Typen geworden, der einen Film über Erdferkel drehen wollte? Wie ist das gelaufen?«
Dash sah jetzt noch ein bisschen verblüffter aus, was man einen Moment zuvor nicht für möglich gehalten hätte. »Das … das lief ganz gut. Na ja. Sehr gut sogar.«
»Oh, Schatz, ich bin so stolz auf dich! Was für tolle Enkel ich doch habe! Was feiert ihr da eigentlich?«
» Mama und Papa sind heute Nachmittag abgereist«, sagte Meredith. Dash sah aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen.
»Solche Spielverderber. Ohne die habt ihr doch sowieso mehr Spaß. Was habt ihr für Dashs Besuch alles geplant?«
»Ach, du weißt schon. Das Ü bliche«, antwortete Meredith. »Wein, Kuchen, ein bisschen quatschen.«
»Aber bleibt nicht die ganze Nacht wach«, ermahnte sie Livvie. »Ich kenne euch beide doch. Erst quasselt ihr die Nacht durch, und morgen seid ihr dann müde und knatschig.«
» Im Moment bin ich weder müde noch knatschig «, brachte Dash hervor.
»Das sagst du jetzt. Warte ab bis morgen früh. Hört zu, ihr Süßen, ich muss los. Wir trinken Piña Coladas bei Marta.« Meredith und Sam tauschten einen vielsagenden Blick aus. Diesen Grund hatte Livvie schon beim letzten Mal genannt. Ein Systemfehler? Begrenzte Antwortmöglichkeiten? Zufall? Kokosmilch im Sonderangebot? »Aber ich rufe euch morgen an und verabschiede mich von Dash. Hab euch lieb! Ganz viele Küsse!« Und weg war sie.
» Verdammte Scheiße ! «, rief Dash.
»Ja, nicht wahr?«, antwortete Meredith.
»Wie betrunken bin ich?«
»Ziemlich betrunken«, sagte Meredith.
»Das war kein … wie hab t ihr …? Das war kein altes Gespräch.«
»Nein.«
»Das war neu.«
»Ja.«
»Es war auch nicht aus alten Gesprächen zusammengeflickt … Diese Erdferkelgeschichte … hab ich ihr erzählt, als wir zum letzten Mal miteinander gesprochen haben.«
»Ja.«
»Bevor sie gestorben ist.«
»Ja.«
»Du hast mich angerufen. Weil du sie in ihrer Wohnung gefunden hast. Hier. Tot.«
»Ja.«
»Und ich war bei der Beerdigung. Ich habe ihren Sarg gesehen. Ich habe ihren Sarg zum Grab getragen und geholfen, ihn unter die Erde zu bringen.«
»Ich weiß«, sagte Meredith.
»Habt ihr sie von den Toten auferstehen lassen? Falls ja, könnt ihr es mir ruhig sagen, wisst ihr. Ich h atte genug mit Zombiestreifen, Vampir- und Gruselfilmen zu tun und weiß, wie der Hase läuft.«
»Nein«, antwortete Meredith traurig. »Sie ist immer noch tot.«
Nachdenklich goss sich Dash noch ein Glas Wein ein und sah Sam aus halb zugekniffenen Augen an. Dann drehte er sich zu Meredith um. » Genau das hat Oma befürchtet, weißt du.«
»Was ? Dass ich praktisch alleine einen ganzen Schokoladenkuchen in mich reinstopfe?«
»Dass du dich in einen Computernerd verliebst. Die mögen ja gute Aktienanteile und ziemlich heiße Körper haben, aber was ist mit der dunklen, morbiden Seite ihres Genies?«
»Okay. Ganz langsam und von vorne. Erklärt mir, wie es funktioniert«, bat Dash am nächsten Morgen über Katergetränk (B loody Mary), Aufputschmittel (doppelter Espresso) und sämtlichen Kohlenhydraten, die bei Meredith und Sam zu finden waren und zum Aufsaugen dienten (Bagels, Kuchenreste von Thanksgiving und fragwürdige tiefgefrorene Waffeln). »Obwohl, fangt doch lieber damit an, warum es funktioniert.«
»Es funktioniert, weil zwischenmenschliche Kontakte vorhersehbar sind. Vor allem zwischen Menschen, die sich gut kennen«, erklärte Sam.
»An mir ist gar nichts vorhersehbar«, widersprach Dash.
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