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Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Frankel
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machbar gemacht. Und lohnenswert.«
    »Sie haben wirklich Glück«, sagte Edith.
    »Hatte. Ich hatte Glück.«
    »Nein, Sie haben immer noch Glück. Wenigstens haben Sie noch Ihre Erinnerungen.«
    »Das sagt sich so leicht, aber …«
    »Und es sind angenehme Erinnerungen. Ich habe natürlich auch Erinnerungen an Bob und unsere Ehe, aber die sind alle … kompliziert.«
    »Aber Sie sind doch ständig hier und unterhalten sich mit ihm per Video-Chat«, sagte Avery.
    »Nein, ich bin hier und schreie ihn per Video-Chat an«, korrigierte Edith, und Meredith unterdrückte ein Grinsen. »Lachen Sie ruhig. Es ist ja auch lustig. Im Nachhinein zumindest. Früher war es nicht so lustig. Als ihr jungen Leute dieses Ding erfunden habt, habt ihr bestimmt nicht mit verbitterten alten Witwen wie mir gerechnet, die ihre verstorbenen Angehörigen zusammenbrüllen.«
    »Haben wir wirklich nicht«, gestand Meredith.
    »Wissen Sie, ganz am Anfang, vor vielen, vielen Jahren, haben wir uns wirklich gut verstanden. Aber dann verfällt man immer mehr in bestimmte Verhaltensmuster. Während er zur Arbeit gehen und reisen konnte, interessante Menschen traf, sein Gehirn benutzte und sich einbringen konnte, saß ich zu Hause und musste mich um die Kinder und das Haus kümmern, und um ihn. Irgendwann kamen die Kinder dann ohne mich zurecht, und das Haus eigentlich auch. Wir hatten nämlich so ein eingebautes Staubsaugersystem, das alles allein gemacht hat. Aber Bob kam nie ohne mich zurecht. Das war schon in Ordnung so, das waren damals andere Zeiten. Aber er hat fünfunddreißig Jahre lang so getan, als sei es ein Privileg, ihn zu bedienen, da er ja schließlich im Büro schuftete, damit ich auf der faulen Haut liegen kann. Dabei hatte er die einfachere Aufgabe. Ich wäre gerne in die Welt hinausgegangen und hätte all die aufregenden Dinge erlebt, die er jeden Tag erleben durfte. Dann wäre er zu Hause geblieben und hätte gemerkt, was ich jeden Tag leiste. Aber er hielt mich für dumm und faul und tat immer so, als hätte ich das große Los gezogen.«
    »Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er Sie für dumm hielt …«, begann Avery.
    »Vielleicht hat er das auch nicht, aber er hat sich so verhalten, als würde er mich für dumm halten, und das ist noch viel schlimmer. Er hat mich geliebt. Das weiß ich. Aber auch das macht es noch schlimmer. Wenn jemand, dem man gleichgült ig ist, einen so behandelt, ist das leichter zu ertragen. Wenn mich jemand, den ich ohnehin nicht mag, für dumm und langweilig hält, ist mir das egal. Aber mein eigener Mann? Bob hat mich geliebt, aber respektiert hat er mich nicht. Ich war ihm wichtig, aber ihm ist niemals in den Sinn gekommen, mir das auch zu sagen.«
    »Fühlen Sie sich denn wenigstens besser , wenn Sie ihn anschreien?«, fragte Meredith.
    »Ja. Es tut gut, dass die Worte , die ich mir all die Jahre im Kopf zurechtgelegt habe, endlich rausdürfen. Er versteht allerdings nicht wirklich, was ich meine. Laut Sam liegt das daran, dass ich ihn vorher nie angeschrien habe. Niemand hat Bob zu Lebzeiten angepflaumt, deshalb kann er auch als Toter nichts damit anfangen.«
    »Muss frustrierend sein«, sagte Avery mitfühlend.
    »Ach, ich b in ja daran gewöhnt«, winkte Edith ab. »Er hat mir auch früher nie zugehört. Immer wenn ich etwas zu ihm gesagt habe, war er in Gedanken woanders. Vielleicht hätte ich es trotzdem versuchen sollen, als er noch am Leben war, aber irgendwie hatte ich eine Heidenangst davor. Dabei hat die Projektion vollkommen recht: Er hätte sowieso nicht gewusst, wie ihm geschieht, weil ihm nie jemand widersprochen hat.«
    »Sehen Sie, auch Sie haben Glück«, sagte Avery. »Bei Ihnen funktioniert RePrise wenigstens. Für mich ist es nur traurig, weil ich ihn noch mehr vermisse, wenn ich ihn sehe. Natürlich ist es besser als nichts, aber genug wird es nie sein.«
    »Mir hingegen fällt es viel leichter, mit dem neuen Bob umzugehen. Ich vermisse ihn zwar, aber wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich fast glücklicher, jetzt, wo er … Oh, aber bei Ihne n und Sam wird es garantiert nicht so sein, meine Liebe«, fügte Edith an Meredith gewandt hinzu. »Lassen Sie sich ja nicht von mir die Ehe vermiesen. Die Zeiten sind heute ganz anders. Und sehen Sie sich Avery an: Ihre Ehe ist ein viel besseres Vorbild als meine.«
    »Das stimmt.« Avery lächelte schwach. »Sorgen Sie bloß dafür, dass er nie stirbt.«
    »Unglaublich, dass ich nie gemerkt habe, dass Sie beide ein Paar sind! «,

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