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Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Frankel
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winkte er ab.
    »Das meinte ich nicht«, sagte sie und zog sich in die Damentoilette zurück.
    »Versuchen diese Leute etwa, genügend elektronische Kommunikation mit ihren Kindern zusammenzukriegen?« fragte Sam, obwohl er die Antwort bereits kannte.
    »Ja.«
    »Bevor es zu spät ist?«
    »Ja.«
    »Aber es ist bereits zu spät.«
    »Ja«, sagte Dr. Dixon. »Und gleichzeitig zu früh. Diese Kinder haben noch gar nicht lesen oder schreiben gelernt, können noch keinen Computer bediene n. Und werden es auch nie lernen. Diese Eltern vergeuden nur die kostbare Zeit, die ihnen noch mit ihren Kindern bleibt.«
    Sam nickte, den Blick verschämt auf seine Schuhe gesenkt. Aber dann flüsterte er: »Betrachten Sie es mal aus Sicht der Eltern. Ihre Kinder sterben, und sie wünschen sich etwas, was sie für immer an sie erinnert.«
    »Was diese Leute da anstellen, bringt aber keine schönen Erinnerungen «, antwortete Dr. Dixon.
    Sam hatte Schwierigkeiten, seine Stimme wiederzufinden. »Vielleicht hilft es ihnen aber. Vielleicht hilft es ihnen, sich irgendwann wieder besser zu fühlen. «
    »Das Wohlbefinden der Eltern ist nicht mein Aufgabenbereich. Meine Patienten sind die Kinder. Ihnen bleiben nur noch Monate, manchmal Woch en, in einigen Fällen Tage. Und die sollten sie nicht damit verbringen müssen, sich selbst in einen Computer einzufüttern.«
    »Sie führen doch auch Untersuchungen durch«, sagte Sam leise. »Sie verabreichen den Kindern Spritzen und Chemotherapien, Medikamente mit schrecklichen Nebenwirkungen, wecken sie nachts auf, um ihnen Blut abzunehmen oder Fieber zu messen, schließen sie an Furcht einflößende Maschinen an, verordnen ihnen Bettruhe, geben ihnen Schmerzmittel, bis sie nichts mehr mitkriegen. Ist das etwa ein schöner Zeitvertreib für die Tage, die ihnen noch bleiben?«
    »Die Behandlung ist manchmal brutal, aber oft verlängert sie eben auch das Leben des Kindes. Ich muss mich vor Ihnen nicht rechtfertigen und ich werde auch nicht mit einem Computerprogrammierer über medizinische Sachverhalte diskutieren. Ich kann eine Krankheit nicht in die Station holen, damit sie sieht, welches Elend sie anrichtet, aber ich kann Sie holen und Ihnen das Elend zeigen, das Sie anrichten. Und ich fordere Sie auf, damit aufzuhören.«
    »Es funktioniert ja auch gar nicht bei K indern«, sagte Sam. »RePrise war nie für Kinder gedacht. Das erkläre ich den Eltern sofort, wenn Sie möchten. Und ich tue auch sonst gerne alles, was Ihre r Ansicht nach helfen würde. Natürlich verstehe ich, dass Ihre Patienten für Sie oberste Priorität haben. Wir versuchen nur, uns im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten um die restlichen Menschen zu kümmern.«
    Auf dem Weg nach draußen entdeckten Meredith und Sam einen Anschlag mit Telefonnummern zum Abreißen. Oben stand in fett gedruckten Buchstaben: »Ein neues Leben für einen geliebten Menschen.« Und dann, etwas kleiner, darunter: »Jetzt ist der richtige Moment, sich zusammen mit diesem Menschen auf RePrise vorzubereiten. Tun Sie es, bevor Sie ihn für immer verlieren. Rufen Sie an und erfahren Sie, wie es geht!« Es war nur noch eine Telefonnummer übrig. Meredith riss den Zettel von der Wand, knüllte ihn in der Faust zusammen und warf ihn auf die Straße. Dann stieg sie ins Auto und heulte. Sie weinte nicht leise vor sich hin, sondern wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt, sodass Sam Angst bekam, sie müsste sich erneut übergeben. Auch ihm war jetzt schlecht.
    »Und wa s machen wir jetzt?«, fragte sie schluchzend.
    »Ich weiß nicht.« Je leiser Sam redete, desto lauter wurde Meredith .
    »Wir töten diese Kinder! «
    »Nein, tun wir nicht.«
    »Wir zerstören ihr Leben!«
    »Nein, tun wir nicht.«
    »Sie sind schon so furchtbar unglücklich, und wir machen sie noch unglücklicher! Genau das tun wir! «
    »Nein, tun wir nicht.«
    »Mein Gott, S am, scheiß auf die Formulierung! Nein, natürlich haben sie nicht wegen uns Krebs. Aber diese Kinder haben vielleicht noch drei entsetzliche Wochen zu leben, während ihnen eigentlich mindestens acht Jahrzehnte zustünden. Und wir sind schuld daran, dass sie diese drei Wochen vor einem gottverdammten Computer verbringen!«
    »Nein, sind wir nicht. Das ist nicht unsere Schul d, Merde. Wir zwingen weder sie noch ihre Eltern zu irgendwas.«
    »Aber wir haben ihnen ein Angebot gemacht, das sie nicht ausschlagen können.«
    »Auch das haben w ir nicht. RePrise ist nicht für Kinder gedacht und war auch nie für

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