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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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wegbewegen. Er atmete schwer und laut. Seinerseits ein kleiner Berg, zumindest, wenn man sich atmende Berge vorstellen konnte. Und ich muß sagen, daß ich mir seit meinem Erlebnis mit einem explodierenden Wal einiges vorstellen konnte.
    Ich faßte Simon an den Schultern und schaute ihm in die Augen. Mein Blick war ein kleiner Klebestreifen, der ein Versprechen festhielt. Simon sah den Streifen und das Versprechen. Und glaubte es. Sein bergiger Atem kam zur Ruhe. Ich nahm ihn an der Hand, und wir folgten dem Weg, der nach einer Rechtskurve auf den Gebäudeeingang zuführte: Kletterzentrum Stuttgart . Übrigens eine Einrichtung des Deutschen Alpenvereins. – Ich kann mir nicht helfen, aber bei diesem Begriff kommt mir immer in den Sinn, das sei ein Naziverein. Und wie sehr überhaupt in dieser ganzen Kletterei ein stark nationalistischer Zug steckt: ein Heimatwahn und ein Rassenwahn. Bezeichnenderweise war dieser Verein nicht erst in dem Moment antisemitisch geworden, als so gut wie alle den Antisemitismus in sich entdeckten, sondern schon lange zuvor, bereits um die Jahrhundertwende. Und ich vermute, daß diese Wurzel weiterwirkt, weil das Wurzeln so tun. Und daß auf eine heimliche Weise der ganze alpine Tourismus, das ganze Hüttenwesen diesen Samen in sich trägt. Klar, heutzutage ist man international gesinnt, schon wegen der Sportkleidung, und natürlich will keiner Skinheads in den Bergen und auf den Hütten haben. Niemand will Skinheads haben.
    Meine Güte, ich will nicht sagen, ich hätte mich je ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt, Faschismus und Alpenverein, sowenig, wie ich zu denen gehöre, die überall und ständig alte und neue Nazis wittern, doch wenn ich das Wort »Alpenverein« höre, dann meine ich trotz der vielen farbigen Tupfer auf all den Kunstfelsen und trotz der schicken, leuchtenden und weltoffenen Sportbekleidung stets den braunen Grundton zu erkennen. Egal, wie rot oder grün das Herz des Menschen ist, der da hochklettert.
    Aber jetzt war Simon-Zeit. Und schon standen wir an der Theke des Eingangsbereiches und blickten hinüber in die Halle, auf kleine Menschen an hohen Wänden.
    »Der Kindergeburtstag hat schon längst angefangen. Ihr seid spät dran.« Es war eine junge Frau hinter der Theke, die mich angesprochen hatte. Wenn ich etwas nicht leiden konnte, dann war es, von jungen Menschen geduzt zu werden.
    »Sie irren sich«, sagte ich, »wir kommen zu keinem Kindergeburtstag.«
    »Ach ja. Na gut, dann seid ihr natürlich nicht zu spät dran.« Sie blieb stur bei der einmal gewählten Form.
    Ich auch. Und erklärte ihr, daß mein Sohn sich dafür interessiere, in den Klettergarten zu schauen.
    »Schauen oder klettern?« fragte die Tussi.
    »Na, wohl auch klettern.«
    »Hast du denn Erfahrung?« wollte sie von mir wissen. »Kannst du sichern?«
    »Nein, kann ich nicht. Wir hätten gerne einen Trainer.«
    »Den kriegt man hier nicht am Automaten«, meinte sie spöttisch. Ganz offenkundig würden wir zwei kein Liebespaar werden. Sie war mir auch viel zu muskulös. Ihre Arme erinnerten mich an meine Schwester. Aber nur die Arme. Immerhin war sie so freundlich, mir zu erklären, daß eine Voranmeldung nötig sei, welche jedoch prinzipiell über den Alpenverein laufe.
    In diesem Moment trat hinter ihr ein junger Mann an die Theke, welcher zu Simon hinunterblickte und ihn fragte: »Wie alt bist du denn?«
    »Er versteht Sie nicht«, sagte ich und erklärte, daß Simon noch nicht lange in Deutschland lebe und unsere Sprache nicht beherrsche. »Er ist acht und heißt Simon.«
    »Na gut«, meinte der junge Mann, »wir werden das auch ohne Deutsch hinkriegen.« Dann fragte er: »Sie sind aber schon sein Vater, nicht wahr?«
    »Der bin ich.«
    »Wollen Sie auch schnuppern?«
    »Ja, aber nur mit den Augen. Mir reicht es zuzusehen. Ich bin kein Freund der Höhe.«
    »Kein Problem. Hier wird niemand den Felsen hochgejagt.« Er erklärte mir, in einer Dreiviertelstunde einen Kletterkurs für einige Geschäftsleute zu leiten. Bis dahin sei er aber gerne bereit, Simon ein bißchen einzuweisen und auf den Geschmack zu bringen. Er sagte: »Das wäre dann meine gute Tat für diesen Tag.«
    »Aber wirklich!« höhnte die Frau.
    Er sprach jetzt ganz ernst, als er ihr antwortete: »Ich versuche halt, mein Konto halbwegs ausgeglichen zu halten.«

    Sodann erkundigte er sich nach Simons Schuhgröße, verschwand kurz und kam mit einem Hüftgurt sowie kleinen Kletterschuhen zurück, die etwas von den

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