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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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er. »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie mir eine Geschichte auftischen könnten,durch die Ihr Enkel ungeschoren davonkommt. Aber ich schätze, für’s Erste ist es so.«
    Hatte ich mir gedacht. Kein Staatsanwalt auf Erden hätte den Fall vor Gericht gebracht, nachdem ich begründeten Zweifel im Wert von drei Millionen Dollar auf den Küchentisch gestapelt hatte.
    »Er ist unschuldig, wie ich bereits sagte.«
    »Ich muss ihn aber noch verhören.«
    »In ein paar Tagen reist er zurück nach New York, um zu studieren.«
    Jennings strich sich über den Schnurrbart. Was er hörte, gefiel ihm nicht, aber er konnte nicht viel daran ändern. »Er steht hier aber schleunigst auf der Matte, wenn ich es verlange.«
    Tequila half dabei, die Goldbarren in den Rucksäcken zu verstauen und lud sie anschließend in den Kofferraum von Jennings’ Wagen. Dann ging er zurück ins Haus, um zu schmollen. Die Tür ließ er hinter sich zuknallen.
    Jennings hatte Pratt vom Klebeband befreit und ihm Handschellen angelegt. Er legte die Hand auf den Hinterkopf des Schuldeneintreibers und dirigierte ihn auf den Rücksitz eines braunen Zivilfahrzeugs der Polizei
    »Der nichtsnutzige kleine Mistkerl weiß überhaupt nicht zu schätzen, was Sie für ihn getan haben«, sagte Jennings zu mir und deutete mit einer Kopfbewegung aufs Haus, um deutlich zu machen, dass er von meinem Enkel sprach. »Sie hätten den Schatz behalten und dem Jungen die Morde anhängen können.«
    »Er ist der einzige in unserer Familie, der den Namen Schatz weitertragen wird.«
    »Für so sentimental hätte ich Sie gar nicht gehalten.«
    »Na ja, manchmal bin ich eben für eine Überraschung gut.«
    Jennings klopfte mir auf die Schulter und kletterte in seinen Wagen.
    Ich stand da auf dem Rasen, steckte mir eine Zigarette an und schaute zu, wie mein Vermögen davonfuhr.

45
    Ich war der Meinung, dass ich verflucht noch mal zu viel durchgemacht hatte, um einfach zuzusehen, wie mir der Schatz durch die Lappen ging. Es kam mir vor, als sei ich von jemandem ausgestochen oder hinters Licht geführt worden, und das gefiel mir nicht besonders.
    Andererseits hatte ich das Gold auch nicht umsonst hergegeben: Tequila war damit aus einer kompromittierenden Situation freigekauft worden, in die ihn Pratt oder sonst wer gelotst hatte. Und mich hatte es aus einem Vollkontakt-Kampfspiel erlöst, für das ich zu alt und zu schwach und zu verwirrt war, um es noch länger mitzumachen.
    Ich zog an meiner Lucky Strike und drehte mich um und steuerte auf das Haus zu. Im selben Moment hatte ich das Gefühl, als würde eine wütende Pferdebremse mich unten an der linken Körperseite stechen und durch mich hindurchzischen. Ich brauchte ziemlich lange, bis mit klar wurde, dass ich angeschossen worden war.
    Es war niemand in der Nähe, aber mit einem Gewehr hätte man mich aus beträchtlicher Entfernung treffen können. Norris Feely musste auf direktem Weg hergekommen sein, nachdem Jennings ihn freigelassen hatte, und dann die ganze Nacht irgendwo da draußen in der Dunkelheit gewartet haben, um mich vor die Flinte zu bekommen.
    Ich spürte einen sengenden Schmerz, als mein Körper seine Wunde endlich wahrnahm, und wusste, dass ich gleich zusammenklappen und zu Boden gehen würde. Noch vermochte mein Verstand die schrecklichen Konsequenzen meiner Schussverletzungnicht ganz zu erfassen, denn ich war ausschließlich damit beschäftigt, mir auszumalen, was geschehen würde, wenn ich stürzte.
    Wenn ein Kerl meines Alters fällt und sich den Schädel bricht, ist das eine tödliche Verletzung. Ich war vermutlich weder stark noch schnell genug, um einen Sturz mit den Armen abzufangen, und da meine Knochen inzwischen recht spröde waren, würde mein Schädel brechen wie eine Eierschale.
    Genau das war Katharine Graham geschehen, der Verlegerin der Washington Post. Sie war eine der mächtigsten Frauen in einer Stadt voller mächtiger Menschen. Sie brachte Nixon zu Fall. Und sie starb, als sie auf einem unebenen Gehsteig stolperte. So wollte ich mich nicht verabschieden.
    Ich spürte, wie mich der Schock langsam lähmte. Mein Hemd war blutdurchtränkt, und ich merkte, dass auch meine Unterhosen sich mit Blut vollsaugten. Die Blutverdünner schützen mich vor Schlaganfällen, aber wenn ich blutete, blutete ich reichlich. Und hörte nicht auf.
    Ich beugte die Knie, so weit sie es zuließen, und setzte mich, so gut es ging. Dabei versuchte ich so viel Gewicht mit den Armen abzufedern wie möglich. Anschließend

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