Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
dann gegen die Wand geschleudert, wo er auf dem weißen Putz einen verschmierten roten Fleck hinterlassen hatte.
»Als das geschah, war er noch am Leben«, sagte Detective Randall Jennings, auf den Blutfleck deutend.
»Ich nehme an, er hat kurz vor seinem Tod keinen Frieden mehr gefunden«, sagte ich.
»Wohl kaum«, stimmte Jennings zu.
Ich zündete mir eine Zigarette an, und niemand forderte mich auf, sie wieder auszumachen.
Weniger als vierundzwanzig Stunden nachdem Kind sein Innerstes vor mir ausgebreitet und um Erlösung gebeten hatte, war jemand über ihn hergefallen und jetzt lag sein Innerstes über das Podest in der Kirche ausgebreitet. Die herausgezerrten Gedärme lagen wie ein graurosa Knäuel neben dem ausgeleerten Rumpf, als habe Kind eine Predigt gehalten und sei dabei explodiert. Um den Leichnam herum war der Teppich schwarz von geronnenem Blut und Gallensaft.
Jennings und ich saßen auf den gemütlichen Kinosesseln, von denen aus so viele Gottesdienstbesucher Kind bei seinen Predigten zugeschaut und zugehört hatten. Kriminaltechniker untersuchten das Podest, machten Fotos und sammelten Proben.
Hatte der große Jude das hier angerichtet? Ich konnte mir vorstellen, dass der Mossad sauberer tötete.
»Trotz der Sauerei, die er angerichtet hat, scheint der Mörder uns kein brauchbares Beweismaterial hinterlassen zu haben«, informierte mich Jennings. »Anscheinend befindet sich unter Kinds Fingernägeln kein Gewebe des Täters. Keine Abwehrwunden an seinen Armen. Es sieht nicht so aus, als hätte der Priester die Chance gehabt, seinen Angreifer zu verletzen, und daher werden wir wohl keine DNA finden. Wir suchen immer noch nach Hinweisen, aber es würde mich überraschen, wenn wir etwas fänden. Dieser Mord ist mit großer Sorgfalt ausgeführt worden.«
»Ein sorgfältiger Unhold bleibt immer noch ein Unhold«. sagte ich.
»Na ja, ich bin schon immer ein Bewunderer von Kompetenz und Detailverliebtheit gewesen. Davon könnten wir hier in unserer Stadt mehr brauchen, auch unter den kriminellen Elementen.«
»Warum wollten Sie, dass ich herkomme und mir das hier anschaue?«
»Ich dachte, es würde Sie interessieren.«
»Vor fünfunddreißig Jahren habe ich aufgehört, mich für so was zu interessieren, und bin in den Ruhestand gegangen.«
»Ja, aber der hier war doch ein Freund von Ihnen.«
Ich überlegte kurz, wie viel der Detective wohl wissen mochte. Möglicherweise hatte er nur eine Vermutung und war darauf aus, sie von mir bestätigen zu lassen. Ich konnte mir nicht vorstellen, woher Jennings von meinen Gesprächen mit Kind hätte wissen sollen, und entschied mich daher, zu lügen.
»Ich bin diesem Mann nur einmal begegnet, und zwar vor einer Woche hier bei einer Beerdigung.«
Jennings neigte den Kopf. »Also, das ist wohl nicht die ganze Wahrheit, Buck, oder?«
Vielleicht war Max Hellers Protegé doch nicht ganz so dämlich, wie ich unterstellt hatte.
»Ich weiß, dass er in den vergangenen Tagen zweimal bei Ihnenzu Hause war. Ich weiß, dass er sie heute Morgen um ein Uhr besucht hat. Und soweit ich weiß, waren Sie der Letzte, der ihn lebend gesehen hat. Abgesehen natürlich von dem Kerl, der das hier getan hat. Also dachte ich, wie gesagt, dass Sie vielleicht interessiert wären.«
Ich gähnte. »Eigentlich nicht.«
»Ich jedenfalls bin daran interessiert, warum er Sie zu Hause besucht hat.«
Hatte Jennings mich beschatten lassen? Warum hätte er das tun sollen? Ich würde nichts zugeben.
»Wie kommen Sie auf den Gedanken, dass er bei mir zu Hause war?«
»In seinem Wagen ist ein GPS-Navigationscomputer installiert, der alle Orte aufgezeichnet hat, zu denen er in der vergangenen Woche gefahren ist.«
Ich wusste nicht, was ein GPS-Navigationscomputer war, aber es hörte sich an, als wenn so ein Ding existierte, und deshalb sparte ich mir einen Einwand. Dieses Mistzeug von DNAs und DVDs. »Mein Freund Jim Wallace, der kürzlich verstarb, hat Kind gegenüber erwähnt, er wolle der Kirche Geld hinterlassen. Kind war besorgt, dass Norris Feely, Jims Schwiegersohn, versuchen könnte, das Geld in die eigene Tasche zu stecken. Er kam zu mir, um sich zu erkundigen, ob ich etwas davon wusste.«
Ich sah keinen Grund, Jennings etwas von Ziegler und dem Schatz zu erzählen.
Jennings nickte. »Was haben Sie zu ihm gesagt?«
»Dass ich von dem Geld nichts wusste.«
Er sah mich skeptisch an. »Wenn das die Wahrheit ist, wieso sollten Sie mich dann belügen?«
»Weil alte Leute manchmal
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