Der Altman-Code
für uns alle reichen.«
»Mehr nicht?«, sagte McDermid mit unverhohlenem Sarkasmus.
Sie ging nicht darauf ein. »Wir brauchen Pässe und ein Ausreisevisum. Die besten auf dem Markt erhältlichen Papiere.« Er machte eine Pause, um seine Einwände zu überdenken. »Und dafür bekomme ich das Dokument?«
»Das habe ich doch gesagt.«
»Und wenn Sie nicht kriegen, was Sie wollen?«
»Werden Amerikaner und Chinesen das Verzeichnis erhalten. Ich werde mich selbst darum kümmern, dass es in ihre Hände gelangt, genauso, wie ich mich um Yongfus ›Selbstmord‹ gekümmert habe. Das Original kommt nach Washington, eine Kopie davon nach Beijing.« McDermid lachte. »Wenn Yu Yongfu tatsächlich noch am Leben ist, weiß er ganz genau, dass das unmöglich ist.
Dazu darf es auf keinen Fall kommen. Sollte es aus irgendeinem Grund trotzdem dazu kommen, wäre er ein toter Mann – und Sie eine tote Frau.« In der kühlen Erwiderung der Anruferin schwang keine Spur von Humor mit. »Dieses Risiko sind wir bereit einzugehen. Aber wollen Sie auch riskieren, dass das Weiße Haus und Zhongnanhai das Verzeichnis erhalten und erfahren, was wir über die Empress- Affäre wissen?« Wieder zögerte McDermid. Das Leben war voller Überraschungen, manche davon unangenehm. Das hier war so eine Überraschung, und vor allem konnte sie so viele gefährliche Nachwirkungen haben, dass er es sich nicht leisten konnte, diese Frau, wer immer sie sein mochte, zu ignorieren. »Und wie, schlagen Sie vor, sollen wir dieses Geschäft abwickeln?«
»Sie oder Ihr Vertreter bringen das Geld und die Ausweispapiere zu uns. Sobald sich beides in unserem Besitz befindet, erhalten Sie das Verzeichnis.« McDermid lachte wieder. »Für wie dumm halten Sie mich eigentlich, Madame Li? Welche Garantie habe ich, dass mir das Dokument tatsächlich ausgehändigt wird oder dass es überhaupt noch existiert?«
»Auch wir sind nicht auf den Kopf gefallen. Falls wir einen solchen Betrug vorhätten, würden Sie uns mit allen Mitteln zur Strecke zu bringen versuchen. Aber Sie sind kein Verbrecher, bei dem das Verbreiten von Angst und Schrecken zum Selbstzweck geworden ist. Sobald Sie das Dokument haben und wir untergetaucht sind, wird Ihr Interesse, uns umzubringen, deutlich nachlassen. Vermutlich ist es dann das Geld, die Zeit und den Aufwand nicht mehr wert. Warum noch mehr Geld sinnlos verpulvern, wie es so schön heißt.«
»Das müsste ich mir erst gründlich überlegen.«
»Auch hier gilt wieder: Was sollte das groß bringen? Sie müssen es tun.«
»Wo soll die Übergabe stattfinden?«
»Beim Schlafenden Buddha von Dazu. In der Provinz Sichuan.«
»Wann?«
»Morgen bei Tagesanbruch?«
»Sind Sie bereits in Dazu?«
»Denken Sie, das würde ich Ihnen so einfach sagen? Wo wir sind, ist unwichtig. Sicher lassen Sie feststellen, von woher dieser Anruf kommt und werden es deshalb sowieso bald wissen. Lernen Sie, Geduld zu üben. Das ist eine Eigenschaft des Ostens, die der Westen übernehmen sollte.« McDermid musste Zeit gewinnen. Erstens, um Feng das Tonband vorzuspielen und sich zu vergewissern, dass diese Leute tatsächlich waren, wer sie zu sein vorgaben.
Zweitens, um Feng, falls stimmte, was die Frau sagte, zu einer Gelegenheit zu verhelfen, sie vor dem Treffen aufzuspüren und zu eliminieren. »Wissen Sie, wie spät es ist, Madam? Wenn Sie so klug sind, wie Sie sagen, und wenn es sich bei Ihrem Ehemann tatsächlich um Yu Yongfu handelt, ist Ihnen vermutlich auch klar, dass ich unmöglich so schnell zwei Millionen Dollar in bar auftreiben und von Hongkong nach Dazu schaffen kann. Darüber hinaus muss ich Ihre Geschichte erst von Feng bestätigen lassen.« Darauf hörte es sich so an, als beriete sich die Frau flüsternd mit jemand. Diese Leute waren sich ihrer Sache keineswegs so sicher, wie sie vorgaben.
»Kommen Sie selbst?«, fragte sie. »Nach China?« Das hatte er nicht vor. »Madam, Sie scheinen Feng Dun nicht sehr gut zu kennen, wenn Sie denken, ich würde ihm zwei Millionen Dollar in bar anvertrauen.«
Kurzes Schweigen. »Na schön. Zwei Millionen Dollar in bar, neue Ausweise, Reisedokumente und Ausreisevisa.
Übermorgen bei Tagesanbruch am Schlafenden Buddha.« Sie legte auf.
Lawrence steckte den Kopf zur Tür herein. Er grinste.
»Wir haben sie. Sie sind in Ürümqi.«
Samstag, 16. September - Washington, D. C.
Es war spätnachts, und der Jachthafen am Anacostia war wie ausgestorben. In seinem engen Büro sah Fred Klein zum zehnten Mal in der letzten
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