Der Altman-Code
gegen die Chinesen sind und Verbindungen nach draußen haben, und als er von dem Menschenrechtsabkommen erfuhr, hat er ihnen erzählt, wer er ist.« Smith nickte. »Was für Informationen haben Sie über seine Vergangenheit?«
»Nicht viel. Unsere Leute sagen, er lebt sehr zurückgezogen und redet nicht viel, vor allem nicht über seine Vergangenheit. Wahrscheinlich bekäme er ziemlichen Ärger, wenn er es täte. Aber dem nach zu schließen, was er erzählt hat, saß er die ganze Zeit in allen möglichen Gefängnissen, und zwar je nach den jeweiligen internen Machtverhältnissen in Beijing und den gerade favorisierten ideologischen Richtungen. Für mich hört sich das Ganze so an, als hätten sie ihn immer wieder verlegt, um ihn möglichst isoliert und versteckt zu halten.« Das hörte sich für Smith durchaus einleuchtend an und reichte auf jeden Fall aus, um Fred Klein darüber zu informieren, sobald es ihm gelang, außer Landes zu gelangen. Da er jedoch kein Chinesisch sprach, waren seine Möglichkeiten äußerst begrenzt. Ohne fremde Hilfe war er im Wesentlichen auf die üblichen Wege für Ausländer angewiesen, in China ein-oder auszureisen: internationale Flughäfen, ein paar Passagierschiffe und noch weniger Züge. Wenn allerdings die öffentliche Sicherheit und diese mysteriöse Organisation, deren Killer ihn auf der Insel gejagt hatten, nach ihm suchten, kamen diese Fluchtmöglichkeiten nicht infrage.
Mahmout hatte Smith die ganze Zeit aufmerksam beobachtet. »Was wird die amerikanische Regierung Ihrer Meinung nach wegen David Thayer unternehmen?«
»Das hängt vom Präsidenten ab. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, im Moment, so kurz vor der Unterzeichnung des Abkommens, nichts. Er wird wahrscheinlich warten, bis das Abkommen zu Stande gekommen ist, und dann Chinas Führer auf David Thayer aufmerksam machen.«
»Oder es vielleicht an die Presse durchdringen lassen, um Druck auf Beijing auszuüben?«
»Möglicherweise.« Smith sah Mahmout forschend an.
»Das ist doch, was Sie wollen – Publicity?«
»Natürlich. Wir wollen mit allen anderen auf der Weltbühne stehen. Und wenn das Abkommen nicht unterzeichnet wird?«
»Wie kommen Sie darauf, es könnte nicht zu Stande kommen?«
»Na, überlegen Sie doch mal. Mondragon ist schließlich nicht heimlich nach Liuchiu gefahren, um Ihren Leuten von David Thayer zu erzählen. Nein, er wollte Ihnen etwas übergeben, stimmt’s? Und Sie sollten es weiterleiten. Er wurde getötet, Sie konnten entkommen – und tauchen kurz darauf prompt in Shanghai auf. Das kann nur heißen, die andere Seite konnte das, was Mondragon hatte, in ihren Besitz bringen, und jetzt versuchen Sie, es wieder zurückzubekommen. Irgendetwas ist an der ganzen Geschichte faul, und wenn dabei auch noch das Abkommen mit hereinspielt, stinkt sie bis zum Himmel.
Immerhin ist es im Moment der wichtigste Verhandlungspunkt zwischen den USA und China.«
»Sagen wir mal, dass Sie zum Teil Recht haben. Wenn dem so wäre … wenn sich der Präsident hundertprozentig sicher wäre, dass aus dem Abkommen nichts wird, könnte er Thayer unter Umständen von einem Sonderkommando rausholen lassen.«
»Das würde weiß Gott für Schlagzeilen sorgen. Wutschnaubende Chinesen und Amerikaner.«
»Wenn ich allerdings meinen Leuten keine genaueren Angaben über Thayers Aufenthaltsort machen kann, wird nichts aus der Sache. Dann ist Ihnen oder Ihrem Volk nicht geholfen. Kann ich hier mein Handy benutzen?«
»Das würde ich an Ihrer Stelle lieber sein lassen. Inzwischen hat die Geheimpolizei sicher Vorkehrungen getroffen, um alle von hier abgehenden Funktelefongespräche zu orten. In den longtangs gibt es so wenig Handys, dass es ihnen durchaus lohnend erscheinen könnte, die Herkunft jedes hier geführten Gesprächs zu bestimmen, und das vor allem, wo sie so scharf auf Sie sind.« Smith überlegte. »Ein Münztelefon würde es auch tun, wenn eines in der Gegend wäre. Ich werde nichts sagen, was uns verraten könnte.«
»Für den Fall, dass ich Sie zu einem Telefon bringe – haben Sie denn schon einen Plan?«
»Unsere Siebte Flotte ist nie weit von China entfernt.
Das heißt, Sie müssten mir helfen, an die Küste zu kommen, damit man mich abholen kann.«
Mahmout blickte eine Weile nachdenklich vor sich hin, dann stand er auf, ohne etwas zu sagen. Er sammelte das schmutzige Geschirr ein und trug es zur Spüle.
Smith nahm den Rest und folgte ihm.
Schließlich fragte Mahmout: »Ist Ihre Regierung bereit zu
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