Der Altman-Code
es dir möglich, jede Beteiligung zu leugnen.«
»Könntest du so viel Freiwillige mit der erforderlichen Ausbildung auftreiben?«
»So viel, wie ich will.« Castilla ließ sich schwer in seinen Sessel plumpsen. Er schlug die Beine übereinander und rieb sich das breite Kinn. »Ich weiß nicht. Die Geschichte meint es nicht gut mit privaten Streifzügen auf feindlichem Territorium.«
»Es ist zugegebenermaßen mit Risiken verbunden. Aber nicht annähernd in dem Maß wie eine offizielle Operation.« Das schien dem Präsidenten einzuleuchten. Er überlegte. »Der erste Schritt wäre also, jemanden nach China zu schicken, um mit Thayer Kontakt aufzunehmen? Herausfinden, ob er überhaupt befreit werden will oder lieber warten möchte, bis er im Zuge des Abkommens freigelassen wird?«
»Zum einen. Zugleich soll der Betreffende militärische Situation, Terrain, bauliche Gegebenheiten und so weiter auskundschaften … die ganzen Einzelheiten eben, die wir benötigen, falls du uns grünes Licht gibst.«
»Gut. Tu das. Aber unternimm keine weiteren Schritte, bevor du sie nicht mit mir abgeklärt hast.«
»Das versteht sich von selbst.«
»Schön.« Der Präsident sah Klein mit ernster Miene an. »Wahrscheinlich hat er sich schon vor Jahren damit abgefunden, nie mehr nach Hause zu kommen. Seine Heimat nie wieder zu sehen. Mir würde es sehr viel bedeuten, ihn da rauszuholen. Stell dir nur vor, ihm hier in der Heimat noch zu ein paar schönen letzten Lebensjahren zu verhelfen.« Er blickte an Klein vorbei auf die Wand des Weißen Hauses. »Es wäre gut, endlich meinen Vater kennen zu lernen.«
»Ich weiß, Sam.« Sie tauschten einen Blick aus, der die Jahre überspannte.
Der Präsident seufzte und rieb sich wieder die Augen.
Klein stand auf und verließ leise das Schlafzimmer.
Freilag, 15. September Hongkong Die asiatische Zentrale von Donk & LaPierre, S. A., nahm drei Etagen eines neuen 42-stöckigen Gebäudes im Herzen von Central ein, dem wichtigsten Bankenviertel auf der Insel Hongkong. Die zwei anderen Downtown-Viertel waren Admiralty und Wanchai, der ehemalige Rotlichtbezirk östlich von Central, der sich inzwischen zu Hongkongs drittem Finanzviertel gemausert hatte. In den vergangenen Jahren waren die meisten Wolkenkratzer in Central und Admiralty gebaut worden, während westlich von Central umfangreiche gewerbliche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Auf der anderen Seite der schmalsten Stelle des Victoria Harbor gab es einen vierten Stadtbezirk, in dem sich viel tat – Kowloon auf dem Festland.
Am Freitag ging bei Donk & LaPierre punkt zwölf Uhr mittags ein Anruf ein, der an der Telefonzentrale vorbei direkt in das Büro eines Mr. Claude Marichal durchgestellt wurde. Es klingelte jedoch nicht das Telefon auf Marichals Schreibtisch und auch nicht der zweite Apparat, der an der Sitzgruppe auf einem Beistelltisch für wichtige Besucher bereitstand, sondern ein Telefon, das für firmeninterne Gespräche zu dienen schien – keine Tasten oder sonstigen Knöpfe. Es stand auf einem Bücherregal unter den Fenstern hinter Marichals Schreibtisch.
Erschrocken ließ Marichal seinen Füller fallen. Dann schwang er fluchend – auf seine Unterlagen war Tinte gespritzt – auf seinem Schreibtischsessel herum und nahm den Hörer ab. »Ja? Kann ich etwas für Sie tun?«
»Ja, wenn Sie Mr. Jan Donk sind.« Marichal fiel fast der Hörer aus der Hand. Dann stieß er hastig hervor: »Was? Ach so. Ja, natürlich.« Um seine Fassung wiederzufinden, holte er tief Luft. »Einen Augenblick, bitte. Ich hole ihn.« Er legte den Hörer auf das Bücherregal … und hob ihn wieder hoch. »Das kann allerdings ein paar Minuten dauern. Bleiben Sie also bitte dran.«
»Ich bleibe so lang dran, wie ich kann.« Marichal legte den Anrufer auf die Warteschleife, drehte sich hektisch zu dem Apparat auf seinem Schreibtisch herum und wählte die Nummer eines Nebenanschlusses. »Sir? Auf dem privaten Donk-Anschluss ist gerade ein Anruf reingekommen. Der Anrufer hat ihn zu sprechen verlangt.«
»Er hat nach ihm verlangt?«
»Ja, Sir.«
»Und es ist nicht Yu Yongfu oder Mr. McDermid?«
»Nein.«
»Sehen Sie zu, dass er nicht auflegt.«
»Ich werde es versuchen.« Marichal unterbrach die Verbindung und drehte sich wieder zu dem anderen Apparat herum. »Bedaure, Sir. Wir können Mr. Donk gerade nicht finden.« Er versuchte zuversichtlich, eifrig und hilfsbereit zu klingen. »Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen. Wenn Sie so freundlich wären, mir zu
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