Der Altman-Code
»Oder inzwischen vielleicht schon im Arabischen Meer.«
»Aha. Und sein Zielhafen ist …?«
»Mit Verlaub, Mr. President … das tut kaum etwas zur Sache. Das Schiff befindet sich auf hoher See, wo jeder souveränen Nation der Welt das Fahrtrecht zu jedem beliebigen Hafen zusteht.«
»Wir beide wissen, Herr Botschafter, dass das Gewäsch ist. Nationen wahren ihre Interessen. Das tut Ihre.
Das tut meine.«
»Und welche Interessen wahren die Vereinigten Staaten, indem sie ein unbewaffnetes Handelsschiff in internationalen Gewässern behelligen, Sir?«
»Das versuche ich Ihnen doch die ganze Zeit zu erklären, Botschafter Wu. Da ich über die Crowe nicht informiert worden bin, weiß ich keine Einzelheiten, nicht einmal, dass sich Ihr Frachter in der Nähe unserer Fregatte befindet. Aber wenn zutrifft, was Sie sagen, nehme ich an, dass dieser Sachverhalt auf eine hinreichend bekannte Routineoperation unserer Navy zurückzuführen ist.«
»Amerika beschattet routinemäßig chinesische Schiffe?« Der Präsident explodierte. »Das ist doch kompletter Unsinn, und das wissen Sie sehr genau! Egal, was der Grund für diese angebliche Beschattung ist, ich werde es herausfinden. Ist das alles, Herr Botschafter?«
Wu Bangtiao zuckte mit keiner Wimper. Er stand auf.
»Ja, Mr. President. Außer dass mir meine Regierung Anweisung erteilt hat, Sie darauf hinzuweisen, dass wir unser freies Fahrtrecht auf hoher See verteidigen werden. Auch gegen jegliche Einmischungen und Angriffe seitens der Vereinigten Staaten.« Der Präsident stand noch schneller auf. »Bestellen Sie Ihrer Regierung, dass wir uns, falls Ihr Frachter gegen internationale Gesetze, Bestimmungen oder akzeptierte Beschränkungen verstößt, das Recht vorbehalten, einzuschreiten, um einen solchen Verstoß zu unterbinden.«
»Ich werde Ihre Ansicht meiner Regierung unterbreiten.« Wu verneigte sich vor Castilla, nickte Ouray zu, drehte sich elegant um und stolzierte aus dem Oval Office.
Der Präsident starrte auf die Tür, die sich hinter Wu Bangtiao geschlossen hatte, ohne sie wirklich zu sehen.
Charlie Ouray ging es ähnlich.
Schließlich erklärte der Präsident: »Sie wissen nicht, was die Empress an Bord hat.«
»Nein. Aber ändert das etwas an der Sache?«
»Normalerweise würde ich sagen, nein.« Castilla rieb sich das Kinn. »Nur war diesmal die Zurückhaltung etwas stärker, als ich erwartet hätte. Finden Sie nicht auch?« Ouray beugte sich stirnrunzelnd vor und verschränkte die Hände zwischen den Beinen. »Ich weiß nicht recht.
Was er zum Schluss gesagt hat, hörte sich für mich eigentlich ganz nach der üblichen Standardwarnung an, dasselbe Blabla wie immer.«
»Pro forma. Wie nicht anders zu erwarten. Aber Wu ist ein wahrer Meister der Nuancierung, und ich hatte den Eindruck, dass sein Auftreten diesmal darauf hindeutete, dass die Warnung tatsächlich pro forma erfolgte. Ich würde sogar sagen, er wollte es als Hinweis darauf verstanden haben, dass es Getue war. «
»Durchaus möglich. Aber er weiß, dass wir gelogen haben, was die Crowe angeht.«
»Natürlich weiß er das, aber andererseits hat er es mir durchgehen lassen. Er hat mich nicht zur Rede gestellt, und er sprach die formelle Warnung erst aus, als ich ihn entließ, womit ihm ja gar keine andere Wahl blieb, als sie auszusprechen, wenn er nicht mit leeren Händen wieder gehen wollte.«
»Er kam auch nicht gerade Feuer spuckend an, so viel steht fest. Aber er trug eindeutig die Mao-Rüstung.«
»Seine Präsentation war doppeldeutig«, fand der Präsident. »Ja, das war die Botschaft. Beijing, oder zumindest die Mehrzahl des Ständigen Ausschusses, tappt eindeutig im Dunkeln. Trotzdem können sie nicht zulassen, dass China vor aller Welt herumgeschubst wird, und zwar egal, was die Hintergründe sind. Andererseits habe ich herausgelesen, dass die Chinesen nicht auf eine Konfrontation aus sind. Sie werden die Sache nicht publik machen, zumindest nicht sofort. Sie lassen uns etwas Spielraum und etwas Zeit.«
»Schon, aber wie viel?«
»Mit etwas Glück zumindest so lange, bis sich die Empress Basra so weit genähert hat, dass wir etwas unternehmen müssen. « Der Präsident schüttelte bedrückt den Kopf.
»Oder bis das Ganze an die Öffentlichkeit durchdringt, explodiert oder sich in Nichts auflöst.«
»Dann sollten wir es lieber verdammt gut unter Verschluss halten.«
»Und uns den Beweis beschaffen.«
»Allerdings«, sagte Ouray. »Ich hätte da einen Vorschlag.«
»Ja?« Ouray blieb
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