Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln
letzten Gewürzstand hängengeblieben? Dabei kocht die doch nie! Ich könnte auch etwas einkaufen … Ein Riesenbund glatter Petersilie für einen Euro wäre nicht schlecht – aber nein, das Teil ist ja größer als ein Strauß Gladiolen! Aua, wie die Leute hier drängeln und schubsen, schlimmer als auf dem Weihnachtsmarkt am dritten Advent! Frauen mit prallgefüllten Tüten und Männer mit ganzen Spankisten voller Auberginen oder Paprikaschoten versuchen sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Das nächste Mal nehme ich den Kinderwagen mit und schiebe den genauso gnadenlos durch wie diese Tussi da eben ihren Buggy. Direkt in meine Hacken, unverschämt!
«Frl. Krise, warte doch! Ich hab nur schnell Kardamom gekauft!»
«Ich dachte schon, ich hätte dich verloren! Wozu brauchst du überhaupt Kardamom?»
«Keine Ahnung, ich rieche das so gern.»
«Guck mal, da ist ein Kopftuchstand!»
Wahnsinn – an diesem langen Stand gibt es einfach alles, was im weitesten Sinne mit «Kopftuch» zu tun hat. Klammern, Nadeln, Schmuck, Borten, Schals und natürlich Kopftücher in allen Größen, Farben, Mustern und Qualitäten.
«Ach, du Schande!» Fast wie im Baumarkt. Da weiß ich vor lauter Schrauben, Nägeln und Dübeln auch nie, was ich eigentlich haben will.
«Kann ich helfen?» Der junge Verkäufer lächelt uns aufmunternd zu.
«Erst mal gucken …», murmelt Frau Freitag und hebt fragend ein braunes Stück Stoff an.
«Das ist Bone. Unterkopftuch!», erläutert der junge Mann. «Zum Binden. Gibt es auch als elastischen Schlauch! Damit die Haare festsitzen und nicht rausrutschen. Ich habe auch welche mit Einlage!» Er hebt ein Bone mit dickem Wattepolster an.
«Sehr beliebt! Sind für schönen großen Hinterkopf, wenn eigene Haare nicht so dick oder so lang sind, dass man sie gut aufstecken kann!»
«Das brauchen wir!», entscheidet Frau Freitag und weist auf unsere kümmerlichen halblangen Frisuren.
«Welche Farbe? Weil, Bone guckt vorne aus Kopftuch raus. Kostet zwei Euro das Stück!»
«Frau Freitag, dann lass uns lieber erst mal die Kopftücher aussuchen!»
Ich bin unschlüssig. Was ist denn eigentlich gerade «in» bei Kopftuchträgerinnen? Unsere Mädchen lieben einfarbige große Baumwolltücher aus einem Stoff, der an dünne Mullwindeln erinnert. Aber das ist bestimmt Teeniemode. Können wir das noch tragen? Was bevorzugen ältere Frauen? Wohl eher diese Synthetiktücher mit großen Blumenmustern! Nein, die gefallen mir gar nicht. Richtige Omatücher.
«Die hier sind schick!» Frau Freitag nun wieder! Sie wedelt mit einem knallpinken und einem türkisfarbenen Tuch.
«Wir müssen unauffällige dunkle Tücher nehmen, Frau Freitag! Wir gehen nicht auf eine Modenschau!»
«Aber es soll doch auch Spaß machen», murrt Frau Freitag und wühlt weiter in dem neonfarbenen Haufen.
«Zu dunklem Kopftuch nehmen Sie weißes oder beiges Bone! Sieht sehr gut aus!» Der Verkäufer hat schon zwei passende Stücke in der Hand. «Nadeln zum Feststecken? Vielleicht noch eine Zierborte oder bisschen Schmuck?»
«Nein danke! Nur die Nadeln.» Das soll ja nicht in einen Großeinkauf ausarten.
«Ich will noch eine Brosche!» Frau Freitag stampft mit dem Fuß auf. Wie ein kleines Kind.
«Dann nimm noch eine Brosche, wenn dein Seelenheil davon abhängt. Aber nichts Glitzriges, das nachts reflektiert!»
«Zwei Bone, ein schwarzes, ein braunes Kopftuch, eine Schmetterlingsbrosche, ein Päckchen Nadeln. Elf Euro fünfzig!»
«Zehn!» Auf dem Türkenmarkt muss man handeln.
«Okay, elf, und ich gebe euch noch Haarspange mit Schmuckstein dazu!»
Frau Freitag strahlt und nimmt die dünne grüne Plastiktüte in Empfang.
«Teşekkür ederim!»
«Und viel Spaß mit den Kopftüchern!» Der Verkäufer grinst und zwinkert uns zu.
Wenn der wüsste!
«Voll nett, der Verkäufer!» Frau Freitag betrachtet erfreut die Haarspange und befestigt gleich ihren Pony damit. Na ja.
«Du, ich will noch was zu essen kaufen. Bulgur und Tom…»
«Ach, neee, Frl. Krise! Kannst du doch zu Hause kaufen. Ich habe sooo Durst!»
Manchmal kann einem Frau Freitag ganz schön auf den Wecker gehen.
«Na gut. Die Ankerklause ist bestimmt voll. Vielleicht können wir uns in das nette Café drüben in der Sanderstraße setzen? Da war ich schon lange nicht mehr.»
Das kleine Café ist ein Geheimtipp von Kollegin Herz. Die hat sich da eine Zeitlang mit ihrem verheirateten Lover getroffen. Der kam aus dem feineren Charlottenburg, und Frau Herz
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