Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln
holt man sich ja mindestens ein Rückenleiden, so schlecht, wie der sich tragen und schieben lässt. Die Räder eiern voll, und zu schwer ist der auch. Frau Freitag ist jetzt bestimmt schon zu Hause. Wenigstens habe ich das Baby in der U-Bahn wickeln können, auch wenn es schwierig war.
Ich muss mich beeilen, gegen sieben will Eileen das Kind holen. Dann ist es aber für diese Woche auch mal gut mit Babysitten, schließlich hab ich noch was anderes zu tun. Aber wie süß sie ist, die Kleine! Und so brav! Verschläft fast den ganzen Nachmittag! Nur diese eine kleine Schreiattacke. Ich glaube, Männe ist heimlich auch ganz verliebt in sie. Aber Männer können das ja nicht so zeigen.
«Haaaallo! Bleiben Sie stehen!» Ich drehe mich um. Huch, ein Polizist. Nein, gleich zwei! Meinen die mich? Hab ich was verbrochen? Eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit marodem Kinderwagen? Oder glauben die, ich hätte den Säugling entführt?
«Frl. Krise! Stopp!» Die beiden kommen näher! Woher kennen die meinen Namen? Sie sehen ein bisschen aus wie Pat und Patachon … der eine groß und dünn, der andere klein und dicklich.
Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen! Das sind Emre und Ömür! Meine ehemaligen Schüler. Ich fasse es nicht. Sind die jetzt richtige Polizisten, oder leide ich unter altersbedingter Verwirrtheit?
Emre schüttelt mir so doll die Hand, dass er mir fast den Arm auskugelt, und Ömür fällt mir wie früher um den Hals.
«Jungs, ich glaub es nicht! Wo habt ihr die Uniformen her? Kann man die bei eBay ersteigern, oder gibt’s die bei den Neuköllner Waffenschiebern?»
Emre klopft mir lachend auf die Schulter! «Frl. Krise! Wie früher! Immer für einen dummen Spruch gut!» Und Ömür fragt: «Gehen Sie noch in unsere alte Schule? Ach, das war eine schöne Zeit, wa, Frl. Krise, als wir noch da waren! Wir waren schlimmste Klasse ever!»
Ja, sie sind jetzt bei der Polizei, erzählen sie mir und platzen dabei fast vor Stolz. Emre präsentiert mir irgendwelche ominösen Abzeichen auf der Uniform und Ömür holt sogar seinen Dienstausweis hervor. «Von wegen eBay!»
Ich bin ganz überwältigt.
«Dass ihr das geschafft habt! Das hätte ich nie gedacht!»
«Ja, wa?» Ömür klopft sich auf seinen kleinen Bauch. «Ich habe schwer abgenommen und übertrieben viel Sport gemacht. Emre hat mich immer ins Fitnesscenter geschleppt. Vallah! Die Sportprüfung war aber auch voll hart!»
«Und Ömür hat mit mir Deutsch geübt. Also Schreiben und so. Ich musste sogar jeden Tag Zeitung lesen!»
«Und dann, Frl. Krise! Erinnern Sie sich? Mein Onkel ist doch beim LKA in der Keithstraße. Der hat uns ein bisschen gecoacht!», fügt Ömür verschwörerisch hinzu.
Emre guckt in den Kinderwagen.
«Und Sie, Frl. Krise? Ist das da IHR Baby?»
«Spinnst du, Emre? Das ist von einer ehemaligen Schülerin, ich passe nur drauf auf! Übrigens – habt ihr schon gehört, dass der Altmann tot ist?»
«Natürlich!» Ömür bläst sich ein bisschen auf. «Wir sind bei der POLIZEI , Frl. Krise!»
«Und was sagt die Polizei so dazu? Ich meine, ist das ein Unfall gewesen? Oder …» Ich zeige auf die Aufsteller des Zeitungsladens, vor dem wir stehen: «Mord an der Reichstagstreppe?» titelt die B.Z. heute.
«Zu den Ermittlungen dürfen wir Ihnen natürlich nix sagen …», fängt Ömür an, dann grinst er. «Der Altmann! Wie der immer die Mädchen angebaggert hat!»
«Ja, wa?» Emre nickt. «Damals, als wir noch an der Schule waren, hat es doch schon voll Ärger gegeben mit ein paar Brüder und Cousins von diese Mädchen.»
«
Diesen
Mädchen. Oh, sorry! Hat’s da Ärger gegeben? Kann ich mich gar nicht dran erinnern …», stelle ich mich dumm.
«Wissen Sie nicht mehr? Canan Ünver! Da wäre beinah …» Emre stockt und sieht mich unschlüssig an.
«Stimmt!» Ich schlage mir vor die Stirn, wenn ich mehr aus denen rauskriegen will, muss ich pokern.
«Ja! Da wollte doch der eine …», sage ich dann etwas lahm und fixiere Ömür. Der war doch früher immer so verquatscht!
«Genau!», bestätigt Ömür. «Hat er aber nicht!»
Ja, toll. Jetzt weiß ich alles! «Aber ich dachte, der Bruder …», wage ich noch einen Vorstoß.
«Nein, das haben Sie falsch in Erinnerung! Das waren doch die Cousins, und die haben wir auch jetzt …» Ömür verstummt. «Also, wir natürlich nicht, aber mein Onkel!»
Die Cousins! Stehen die unter Verdacht?
«Was sagt denn dein Onkel so zu dem ganzen Fall? Darf der euch
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