Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln
Wir kommen in Teufels Küche!»
«Quatsch, Frau Freitag! Los, komm!»
«So … wunderbar! Bitte alle lächeln! Danke! Moment! Noch einmal! Seeeehr schön! Und fertig! So, das war’s schon!» Der Fotograf ist zufrieden. «Vielen Dank, meine Damen! Das ist doch auch eine prima Werbung für Ihre Schule! Tschüss, und nicht vergessen! Morgen Zeitung lesen!» Und schon ist der Fotograf weg, Richtung Ausgang.
Zeitung lesen – gerne, aber welche? Hat der das eigentlich gesagt? Große Tageszeitung … Ach herrje!
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Heute erst zur dritten Stunde Unterricht! Herrlich – so liebe ich das! Nicht, wie sonst immer, aus dem Bett fallen, verschlafen vor der Klasse stehen und komatöse Schüler aufrütteln.
Nein, erst mal zu Hause gemütlich frühstücken, dann ganz entspannt mit dem Fahrrad in die Schule zockeln, in einem ruhigen Lehrerzimmer Arbeitsblätter kopieren und das andere Material für die Stunden bereitlegen. Warum kann nicht jeder Tag so beginnen?
Zuerst Deutsch in der Zehnten. Wo ist das Kursbuch?
Oh, nein. Da kommt jemand. Hoffentlich nicht die Schirmer, die geht mir morgens immer so auf den Wecker mit ihren Launen.
Ach, der Pommer. Mit einer Zeitung in der Hand. Typisch.
«Guten Morgen, Frl. Krise, oder sollte ich lieber sagen, Frl. Holmes? Hast du schon die Zeitung gelesen?»
«Hallo, Peter! Welche Zeitung?»
«Na, der Berliner Kurier natürlich! Hier!»
Oh nein, das Foto! Daran hatte ich ja gar nicht mehr gedacht. Im Berliner Kurier! Mist! Und ich dachte, dass der Fotograf von einer seriöseren Zeitung käme. Ausgerechnet der Kurier! Das ist ja fast so schlimm wie die Bild-Zeitung! Weshalb habe ich auch nicht noch mal nachgefragt?
«Zeig mal, Peter!»
«Hier, ein schönes Bild, du Heldin des Alltags! Wir sind gut getroffen!»
«Wir?»
«Na, ich bin doch auch drauf!»
«Ach! Jetzt gib schon her!»
Ich glaube es nicht! Auf der Titelseite: «Lehrerinnen stellen Kinderwagenbande!»
Und darunter ein Riesenfoto. Vorne prangt der rote Bugaboo, links grinse ich in die Kamera, rechts steht Frau Freitag mit leicht verkniffenem Gesicht, um uns herum lachende Kinder, und ganz hinten feixt der Pommer ins Bild. Hat der sich heimlich dazugemogelt! Tzzz. Ich sehe eigentlich ganz passabel aus. Gut, dass ich die Versace-Sonnenbrille aufhabe, damit wirke ich ein bisschen glamourös. Und meine Haare liegen ausnahmsweise auch perfekt.
«Gib mir mal die Zeitung zurück, Frl. Krise! Ich will das Bild ausschneiden und ans Schwarze Brett hängen!»
«Das muss doch nicht sein!»
«Natürlich muss das sein! Die anderen sollen auch etwas davon haben!»
Da! Jetzt klingelt es! Erste große Pause. Alle stürmen ins Lehrerzimmer …
Na, meinetwegen – eigentlich kann ein bisschen Ruhm und Ehre nicht schaden. Ich bin gespannt, was Frau Freitag sagt. Die ist lange nicht so gut getroffen wie ich. Sie hätte lächeln sollen, anstatt so finster zu schauen …
Schon steht eine Traube Kollegen am Schwarzen Brett.
«Hallo! Was sehe ich da?»
«Ist das hier auf dem Hof gemacht worden?»
«Oha! Sherlock Holmes und Watson! Bei uns im Kollegium!»
«Frl. Krise! Du hättest vielleicht lieber zur Kripo gehen sollen!»
«Da ist ja meine halbe Klasse auf dem Foto!»
«Wusste der Fischer Bescheid?»
«Huh, Frau Freitag und Frl. Krise, die großen Privatdetektive!»
Na, bitte, geht schon los! Jetzt bescheiden in die Runde lächeln, nicken und nichts sagen. Das ist die beste Taktik. Die Kollegen sind ja bloß neidisch, weil sie nicht in der Zeitung stehen.
«Frl. Krise! Ich vermisse seit gestern meinen Schlüssel! Könntest du bitte mal ermitteln, wo der ist?» Wernitzki, der blöde Hund.
Und jetzt hängt sich die Nolte noch an: «Ja, und ich wüsste auch gerne was, nämlich wo mein Ahmad steckt. Der schwänzt immer noch. Oder bist du für so schnöde Fälle nicht zuständig?»
Da kommt Frau Freitag. Der doofe Pommer schleppt die sofort zum Schwarzen Brett. Wie die guckt. Als ob da ein Nacktfoto von ihr hinge. Mindestens. Und jetzt kommt sie zu mir, au Backe.
«Frl. Krise!»
«Guten Morgen, meine Liebe!»
«Von wegen ‹Liebe›! Das Foto! In der Zeitung! Na toll! Hat der Fischer das schon gesehen? Wir werden so einen Ärger bekommen! Na ja, ich eher nicht, aber DU ! Ich bin ja bloß angestellt, aber du bist Beamtin!»
«Na, und? Deswegen werden sie uns schon nicht gleich entlassen. Die sollen sich mal nicht so anstellen.»
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Jeden Tag bräuchte ich so eine Aufregung in der Schule nicht. Diese Kollegen!
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