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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Dämmerungsgleiter. Vielleicht nahm der Verstand des Schiffs den Eindruck von Furcht und Verdacht bei der Crew wahr und bemühte sich, diese zu reduzieren.
     
    »Laßt uns etwas versuchen«, sagte Hakim, als gegen Ende des zweiten Tages des Drittens Langeweile eingekehrt war. »Lassen wir uns in der Mitte des Nichts treiben und sehen, was wir darüber denken!«
    Giacomo warf Hakim einen gequälten Blick zu. »Willst du, daß wir verrückt werden?«
    »Das wird amüsant sein«, sagte Hakim. Seine düstere Stimmung war verflogen, aber sein Sinn für Humor hatte einen seltsamen Zug angenommen, in dem auch teils Fatalismus und teils Schalkhaftigkeit steckte. Sein Gesicht blieb ruhig, die Augen groß und nicht aggressiv; aber seine Worte richteten sich manchmal auf Ziele, die keiner seiner Kameraden sehen konnte.
    »Ich bin mir nicht so sicher«, sagte Giacomo.
    Hakim sagte lächelnd: »Du bist groß und stark, ein strammer theoretischer Bursche. Kann ein Katholik nicht ein Geschenk von einem Muslim annehmen?«
    Giacomo kniff die Augen zusammen und sagte: »Quatsch! Meine Eltern sind nicht einmal in die Kirche gegangen.«
    »Niemand erwähnt meine Religion«, sagte Martin. Die Konversation wurde für seinen Geschmack zu grob; aber er konnte sich nicht einfach heraushalten.
    Hakim sagte: »Wir wissen nicht, was du bist.«
    Martin dachte kurz nach und erwiderte: »Das weiß ich selbst nicht. Ich glaube, meine Großeltern waren Unitarier.«
    »Ich fordere uns alle auf, sich mitten in einer Projektion des Außenraums unverändert hinzusetzen und von dem zu sprechen, was wir erleben«, sagte Hakim.
    Giacomo und Martin schauten sich an. Martin sagte: »Okay.«
    Die Schiffsmutter tat ihnen den Gefallen. Binnen weniger Minuten umgab sie die Außenwelt. Intensive scheckige Finsternis voraus, dann eine verdrehte Schleife unscharfer Sterne und schlammige Wärme hinten.
    Martin wurde sofort schwindlig. Die Schwerelosigkeit hatte ihm bis dahin nichts ausgemacht, und er klammerte sich an die Lehne seines Sitzes und fühlte, daß er in Schweiß ausbrach. Sie schauten einander mehrere Minuten lang nicht an, aus Angst, ihr Unbehagen zu offenbaren.
    Seltsamerweise war es Hakims Stimme, die Martins Empfindung eines endlosen Fallens vertrieb. »Es war schlimmer, als ich dachte. Sind alle in Ordnung?«
    »Fein«, erwiderte Giacomo knapp. »Wer wird saubermachen, wenn ich kotze?«
    Martin sagte: »Hakim hat uns herausgefordert.«
    »Gib mir den Mop!« sagte Hakim. Nervöses Gekicher überkam sie.
    »Es ist ziemlich merkwürdig«, sagte Giacomo. »Ich wandte mich nach links, und… Jesus! Das ist unglaublich seltsam. Alles verdreht sich und rotiert wie ein Karussell.«
    Martin versuchte nach rechts zu blicken. Das Drehmoment zuckte, und eine Unendlichkeit von Sternen fügten sich gesellig zusammen wie kleine Knoten in Streifen sich auflösender Farbe. Alles schien ozeanisch, das Glühen eines Unterwasservulkans von hinten und das unheimliche Schimmern von Tiefseefischen voraus. Galaktische Fische, Röntgenstrahlenfische in der Tiefe beginnender Zeit.
    »Was denkt ihr?« fragte Hakim nach ein paar Minuten des Schweigens.
    »Ich denke, ich möchte nach innen gehen«, erwiderte Martin.
    Aber sie blieben ›draußen‹. Eine Minute folgte der anderen, und ihre Hände streckten sich aus und tasteten. Ihr Atem ging im Gleichtakt. »Oho!« sagte Giacomo. »Ich schlafe nicht, oder doch?«
    »Nein«, sagte Martin.
    »Ich sehe ständig Dinge im Augenwinkel, wo das Sternenhalsband sich bildet. Dinge recken sich aus, um mich zu berühren. Ziemlich gespenstisch.«
    Hakim sagte: »Ich höre die Muezzins die Gläubigen zum Gebet rufen. Das ist sehr schön. Ich wünschte, ihr könntet es hören.«
    »Bist du immer noch ein Muslim?« fragte Martin.
    »Wir alle sind Muslims«, sagte Hakim. »Das ist unser natürlicher Zustand. Wir müssen uns irgendwann Allah hingeben und gehorsam sein. Allah schaut nach uns, das fühle ich… Und Mohammed ist sein Prophet. Aber welche Gestalt Allah hat, wer kann das sagen? Und es hat keinen Zweck, sich nach Mekka zu verneigen.«
    Martin sagte: »Ich denke, dies bedeutet, daß du ein Muslim bist.«
    »Der Papst ist mit der Erde gestorben«, sagte Giacomo. »Ist das nicht etwas? Die Mütter haben den Papst nicht gerettet. Ich frage mich, warum.«
    Martin sah Gras am Rande eines Tunnels wachsen. Das Grün war hell und willkommen heißend, zur Mitte hin blendend.
    »Erinnerst du dich, wie du dich freiwillig gemeldet hast?« fragte

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