Der Amboss der Sterne
Giacomo.
»Das war für mich eine schwierige Zeit«, gestand Hakim. »Meine Mutter wollte nicht, daß ich ginge. Mein Vater sprach ernst mit ihr, und sie weinte. Ich sagte mir, daß ich gehen müßte, und meine Mutter… ignorierte mich von jenem Tage an. Sehr traurig.«
»Die Tests?«
»Ich habe nicht viele Tests gemacht«, sagte Martin.
Giacomo sagte: »Ich erinnere mich an eine Menge Tests, Physisch…«
»Ach die«, sagte Martin. Er erinnerte sich, daß er in Felder gehüllt wurde, die kitzelten, während die Mütter erwartungsvoll schwebten und nie sagten, ob die Ergebnisse gut oder schlecht waren.
Martin erinnerte sich an das Gesicht seines Vaters, stolz und traurig, am letzten Tag. Die Familien in der Arche versammelten sich an der Ankerbucht des neuen Schiffs des Gesetzes. Hinter der Krümmung der dritten Heimkugel waren Sterne zu sehen. Einige Kinder, noch kaum im Alter von Teenagern, wurden von Aufregung gepackt. Martin entsann sich, wie es Rex Live Oak schlecht wurde und ein eilig ausgebreitetes Feld seinen Mageninhalt packte und wegwischte. Er lächelte. Die Mütter disqualifizierten die Kinder nicht, wenn sie Nervenschwäche oder Furcht zeigten.
Schlaflose Nächte in der Dämmerungsgleiter erhoben sich in der Dunkelheit und kletterten fast ein Jahr lang auf einer Fackel, die in einen Sumpf getaucht war. Die Klassen. Wiederholungskurse in Muttimathe. Martins erstes Rendezvous mit Felicity Tigertail, ungeschickt und entzückend, für ihn etwas erschreckend, wie stark er von ihr gefesselt war. Mit etwas mehr angeborener physischer Weisheit legte sie sich nicht auf ihn fest, wies seine weiteren Annäherungen sanft zurück und stellte ihn ohne Verlegenheit ihren anderen Freunden vor…
Seltsam, daß er sich nicht viel früher von Theresa angezogen gefühlt hatte. Fünfundachtzig junge Besatzungsmitglieder, die subtile oder auch gar keine Führung durch Mütter erhielten, welche ihre Schutzbefohlenen auf menschliche Art zu Weisheit gelangen lassen wollten, nicht nach Art der Wohltäter, wie die auch immer sein mochte…
»Martin, erinnerst du dich, wie du zum ersten Mal Jennifer getroffen hast?« fragte Giacomo.
»Ja.«
»War es auf der Arche?«
»Nein«, erwiderte Martin. »Auf dem Schiff.«
»Wie war sie damals? Ich erinnere mich nicht sehr an sie…«
Sie plauderten stundenlang in der eigenartigen Stimmung, und allmählich verstummte ihr Gespräch. Sie starrten einfach geradeaus oder schliefen fest. Das Universum schien mit Martins Herz zu beben. Es blinzelte wie ein lebendiges Halsband, ein dünnes ausgebreitetes Gewebe von Leben. Seine eigene Skala vergrößerte sich entsprechend. Martin wurde galaktisch, und mit seiner neuen Größe stellte sich eine nervöse Euphorie ein.
Wie lange sie da so saßen, konnte Martin zuerst nicht sagen. Aber Giacomo brach die Nachtwache und sagte: »Das reicht mir.«
Hakim grunzte leise und sagte: »Warum?«
»Weil ich gerade einen feuchten Traum gehabt habe. Verdammt!«
Sie stimmten überein, Schluß zu machen; und die Projektion faltete sich zu einer kleinen Sternsphäre zusammen, die sie in die engen und viel bequemeren Gemächer des Schiffs zurückbrachte.
Ihre Abbremsung war kurz, kaum zwei Stunden, um Kurs und Geschwindigkeit dem Wrack anzupassen. Als die volumetrischen Felder abklangen, warteten sie ungeduldig auf einen ersten Anblick des Schiffs aus ein paar Kilometern Entfernung.
Was zuerst erschien, war unmöglich zu verstehen. Das Schiff ähnelte einem verdrehten und zusammengeknüllten Stück Papier im Feuer, bedeckt mit Löchern, deren Kanten orange und rot brannten. Skelette von Heimkugeln, in einer Wolke treibende Trümmer…
»Großer Gott!« sagte Giacomo.
»Was ist passiert?« fragte Hakim.
Die Mutter führte sie in einer langen Schleife um das Wrack herum und sagte: »Dies Schiff ist sehr alt. Die zentrale Kontrolle seiner Gestalt hat versagt. Falsche Materie zerfällt. In ein paar hundert Jahren werden nur noch die Hülsen aus echter Materie da sein.«
»Gibt es keine Überlebenden?« fragte Hakim.
»Das haben wir schon vermutet«, sagte Martin.
»Nicht mit Sicherheit«, behauptete Hakim.
Die Mutter sagte: »Es gibt keine Überlebenden. Der Verstand des Schiffs ist nicht mehr in Tätigkeit. Wir werden nach Erinnerungsspeichern aus tiefer Zeit suchen.«
In der Seite ihres Schiffs öffnete sich ein Loch. Martin schob sich zuerst hindurch, in ein sphärisches Feld mit einem grünen Lebenserhaltungsballon gehüllt.
Er sagte:
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