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Der Amerikaner - The American

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Titel: Der Amerikaner - The American Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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und er musste die in ihm aufsteigende Wut abschütteln. Er hatte gerade einen blauen Toyota überprüft und ging zum nächsten Fahrzeug, einem jener großen Lieferwagen, auf die zu achten man ihm eigens aufgetragen hatte. Es war ein Ford Econoline mit Kennzeichen aus Virginia und etlichen Beulen, und als er gerade die Nummernschilder kontrollieren wollte, sah er die offen stehende Tür auf der Seite des Beifahrersitzes und einen Mann, der etwas aus dem Fahrzeug nahm.
    »Entschuldigen Sie, Sir … Sir?«
    Der bärtige Mann blickte auf. Er hielt ein Notebook in der Hand und lächelte freundlich. »Ja?«
    »Ist das Ihr Fahrzeug?«
    »Ja, es gehört mir.«
    Howson erkannte den Akzent sofort und betrachtete sein Gegenüber
aufmerksam. In seiner Jacke steckte das gleiche Faltblatt, das auch an die Secret-Service-Agenten am Jachthafen verteilt worden war, und er hatte sich die Zeit genommen, es auf dem Polizeirevier zu betrachten. Eigentlich ähnelte dieser Mann nicht dem auf den Fotos, auch wenn der Schnitt seines Gesichts halbwegs stimmte …
    Doch das traf auf mindestens dreißig Prozent der Bevölkerung zu, und die Haare waren völlig anders. Dazu kam, dass die gesuchte Person grüne Augen hatte, der ihm gegenüberstehende Mann aber braune, deren Farbe an Eichenholz erinnerte. Ganz zu schweigen davon, dass er offensichtlich Franzose war.
    Trotzdem, Howson wollte auf Nummer Sicher gehen. »Können Sie sich ausweisen, Sir?«
    Der Mann zog umgehend einen Pass aus seiner dicken Jacke. »Selbstverständlich. Hier, Monsieur .«
    Howson nahm den burgunderroten Pass und blickte darauf. Communauté Européenne , darunter: Republique Française . Das Dokument war ausgestellt worden auf einen Claude Bidault und schien einen gestempelten amerikanischen Einreisevermerk zu enthalten, doch damit kannte Howson sich nicht so richtig aus. Er hatte die Vereinigten Staaten nie verlassen und auch nie das brennende Verlangen verspürt, es zu tun.
    Befriedigt gab er den Pass zurück. Sein Gegenüber schien die Personenkontrolle nicht im Mindesten zu stören.
    »Warum herrscht heute solche Unruhe? Das ist doch nicht normal, oder?«
    »Nein, Sir, aber heute trifft sich Ihr Präsident mit unserem. Es überrascht mich, dass Sie nicht davon gehört haben.«
    »Ach ja …« Der Mann strahlte, als wäre ihm plötzlich ein Licht aufgegangen, aber sein Blick blieb neutral. »Stimmt ja. Ein wichtiges Treffen, n’est-ce pas ?«

    Der junge Polizist musste lächeln. »Ja, genau.« Er trat dichter an den Lieferwagen heran und nahm sich die Zeit, einen Blick durch das Fenster in der Hecktür zu werfen. Elektrikerzubehör, jede Menge. »Sie sind Elektriker, Sir?«
    Der Mann nickte nachdrücklich. » Oui. Ich arbeite auf der großen Baustelle an der M Street, wo das neue Restaurant errichtet wird. In Paris findet man nicht so leicht Arbeit, deshalb bin ich hergekommen … Einen Teil meines Verdienstes schicke ich meiner Schwester, die sich um meine kleinen Kinder kümmert.«
    »Und Ihre Frau?«
    Ein schmerzerfüllter Ausdruck glitt über das Gesicht des Mannes. »Sie … ist gestorben. Bei der Geburt meines Mädchens, der kleinen Mirabelle. Nächste Woche werden es vier Jahre.«
    »Das tut mir Leid.« Howson hätte sich selbst in den Hintern treten können. Halt besser die Klappe, bevor du noch mehr Schaden anrichtest, riet ihm eine innere Stimme. »Nun, Sir, entschuldigen Sie, dass ich Sie aufgehalten habe. Ich wünsche noch einen schönen Tag.«
    Das Lächeln kehrte zurück. »Merci, Monsieur. Et vous aussi.«
    Der Mann schloss die Tür auf der Seite des Beifahrersitzes und ging zur Treppe vor dem Haupteingang des nahe gelegenen Hotels. Howson hatte nicht gesehen, ob der Franzose vor der Personenkontrolle aus dem Marriott gekommen war, doch jetzt nahm er stirnrunzelnd die Fassade in Augenschein. Eine Übernachtung in diesem Hotel kostete mindestens hundertachtzig Dollar. Warum sollte eine Baufirma, selbst wenn sie einen Großauftrag hatte, so viel Geld hinblättern, um einen von ihr beschäftigten ausländischen Elektriker unterzubringen? Das ergab keinen Sinn, und der Gedanke beschäftigte Howson unterbewusst noch ein bisschen, als er seine Arbeit wieder aufnahm.
    Aber er wurde schon bald von der Erinnerung an das geheizte
Polizeirevier und dem Wunsch nach einem heißen Kaffee verdrängt, und Howson entging, dass er völlig vergessen hatte, über Funk die Nummernschilder des Econoline-Lieferwagens zu überprüfen.
     
    Naomi Kharmai hatte darauf

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