Der Amerikaner - The American
zusätzlich mit Schlamm und Zweigen getarnt worden war. Diese Neuigkeit war in den Lokalnachrichten noch nicht gemeldet worden, und es war nicht hilfreich, sie Hargrove jetzt mitzuteilen. »Nein, leider noch nicht. Aber es wird weiter nach ihr gesucht.«
Die blauen Augen der Frau wurden feucht. »Sie ist so ein nettes Mädchen … Hoffentlich geht es ihr gut. Da ist nur etwas, das ich einfach nicht verstehe. Normalerweise kann ich Menschen ziemlich gut beurteilen, aber ich gestehe ein, dass dieser Mann mich wirklich in die Irre geführt hat. Er muss der Teufel persönlich sein.«
»Meinen Sie den Mann, der die Farm gemietet hat?« Hargrove
nickte, aber Kharmai war verwirrt. »Moment … Woher wissen Sie eigentlich, dass ich deshalb hier bin?«
»Mein Schwiegersohn ist Polizist«, erklärte Hargrove mit einem Anflug von Stolz. »Ich habe ihn gebeten, mich auf dem Laufenden zu halten. Er hat mich angerufen, als Ihr Laden um zusätzliche Informationen gebeten hat.«
Diese Indiskretion seitens der Virginia State Police gefiel Kharmai überhaupt nicht, aber sie beschloss, fürs Erste nicht weiter darauf herumzureiten. »Können Sie mir erzählen, was genau passiert ist, Mrs Hargrove?«
Die Frau suchte sich eine bequemere Sitzposition und nickte begeistert. »Als der Mann hier auftauchte, war nicht viel zu tun. Nicole hat ihn in ihr Büro gebeten. Sie hat nichts gesagt, aber ich habe diesen Blick in ihren Augen erkannt … Sie wissen schon, diesen verwirrten Blick, den junge Frauen haben, wenn sie eine unwiderstehliche, mit Diamanten besetzte Kette oder ein Paar Schuhe sehen, etwas, das sie unbedingt haben müssen …«
Kharmai musste lächeln. »Wahrscheinlich hat man den bei mir auch schon häufiger gesehen.«
Hargrove schaute sie amüsiert an. »Da bin ich sicher. Wie auch immer, Nicole hatte diesen Blick, und ich wusste, woran sie dachte. Und sie, eine verheiratete Frau … Doch das ist eine andere Geschichte.«
»Und der Mann ist sofort in ihrem Büro verschwunden? Zu Ihnen hat er nichts gesagt?«
»Nein.« Hargrove trank einen Schluck Kaffee. »Er war sehr nett, sogar charmant, hat mich aber nur kurz begrüßt. Wahrscheinlich war er genauso an Nicole interessiert wie sie an ihm.«
»Wie lange ist er geblieben?«
»Nicht lange. Vielleicht waren sie etwa zehn Minuten in ihrem Büro … Dann sind sie in Nicoles Geländewagen weggefahren.«
»Zusammen?«
»Genau.« Offenbar war das ein kleiner Skandal, und die ältliche Frau musste lächeln.
»Hier vorn gibt es große Fenster. Haben Sie ihn vorfahren gesehen?«
Hargrove schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe gar nichts gesehen. Das habe ich der Polizei bereits gesagt.«
»Sind Sie sicher, Mrs Hargrove? Es ist wirklich wichtig.«
»Ganz sicher. Außerdem hat er erzählt, er hätte gar kein Auto.«
Kharmai blickte erstaunt auf. »Ich dachte, er hätte nicht mit Ihnen gesprochen.«
Hargrove runzelte die Stirn. »Nun, er ist nicht ins Vorzimmer gekommen …«
Kharmai bemühte sich um Geduld. »Und weiter?«
»Auf dem Weg nach draußen habe ich ihn sagen gehört, er besitze kein Fahrzeug, sei aber auf der Suche nach einem. Also habe ich ihn gefragt, wonach er suche, und er hat geantwortet, nach einem Lieferwagen.«
»Haben Sie darauf noch etwas gesagt?«
Hargrove wirkte verunsichert. »Sehen Sie, ich habe einen Bruder, der in der Nähe von Rivers Bend lebt und kürzlich in den Ruhestand gegangen ist. Daher wusste ich, dass er etwas zusätzliches Geld gebrauchen konnte. Er ist ein ziemlicher Tunichtgut, aber immerhin mein Bruder … Also habe ich diesem Mann Walters Telefonnummer gegeben.«
»Walter ist Ihr Bruder?«
»Leider.«
»Und er hatte einen Lieferwagen?«
»Genau, einen ganz schön großen. Hat ihn für seine Arbeit gebraucht. Er war zwanzig Jahre lang Elektriker, wenn auch kein besonders guter.«
Etwas irritierte Kharmai. »Warum haben Sie nichts davon der Polizei erzählt?«
Hargrove zuckte die Achseln. Sie war ein bisschen nervös und dachte darüber nach, ob sie etwas falsch gemacht hatte. »Zum einen wusste ich nicht, wie das der Polizei bei der Suche nach Nicole helfen sollte …«
Kharmai musste zugeben, dass man es so sehen konnte. Bis vor zwölf Stunden hatte es nur eine Vermisstenanzeige gegeben, was alle Tage vorkam, und keinen Grund, einen von Milberys Kunden zu verdächtigen. »Und zum anderen?«
»Er hat gesagt, er suche nicht nach einem solchen Lieferwagen. Zu groß, zu hoher Spritverbrauch … Angeblich wollte er nur
Weitere Kostenlose Bücher