Der Amerikaner - The American
in Ungnade gefallen, so viel ist klar … Ich weiß, worauf es dir ankommt. Du möchtest lückenlos über seine Vergangenheit Bescheid wissen, ihn in- und auswendig kennen. Aber das ist unmöglich. Dieser Mann ist ein Rätsel und wird es bleiben. Wir müssen seine Hilfe dankbar annehmen, im Vertrauen darauf, dass Allah ihn uns geschickt hat.«
Ein dünnes Lächeln des anderen, gefolgt von einem weiteren Schluck Tee. Dies war der gefährliche Augenblick, wo ein Lächeln alles Mögliche bedeuten konnte. Hamza wusste, dass Saif misstrauisch war. Er hatte den Amerikaner drei Stunden lang befragt, ohne eine der gewünschten Antworten zu bekommen. Einmal hatte er ihm sogar die Pistole an die Schläfe gepresst und ihn beschuldigt, für den Westen zu spionieren, doch auch das hatte ihn nicht weitergebracht. Schließlich hatte er es im Morgengrauen frustriert aufgegeben. Jetzt sah Hamza, wie der andere fieberhaft nachdachte, mit zuckenden Gesichtsmuskeln, und seine Meinung einzuschätzen versuchte.
Hamza seinerseits glaubte, dass seine wohlabgewogenen Äußerungen positiv aufgenommen werden würden.
»Du hast Recht, Hassan, wie immer.« Al-Adel spreizte die Arme, Hamza die offenen Hände zukehrend - eine zögernde Geste der Kapitulation. »Es war ein Fehler von mir, einem Mann zu misstrauen, der deiner Meinung nach gut in unsere Organisation passt. Ich habe dein Urteil immer respektiert.« Dieser letzte Satz wurde besonders betont, und al-Adels stechender Blick bohrte sich förmlich in Hamzas Augen. Es waren aufrichtige, beruhigende Worte, und Hamza genoss das ihm geschenkte Vertrauen.
»Wenn du einverstanden bist, würde ich ihm gern die Verantwortung für die Operation in Afrika anvertrauen.«
»Ausgeschlossen.« Al-Adel fegte den Vorschlag mit einer abweisenden Handbewegung vom Tisch. »In der Region haben wir unsere Möglichkeiten erschöpft. Seit den Bombenanschlägen in Nairobi und Daressalam haben die Amerikaner die Sicherheitsmaßnahmen in ihren afrikanischen Botschaften verstärkt. Die meisten diplomatischen Vertretungen sind mindestens hundert Meter von der Straße zurückgesetzt, und die Außenseite der Fenster ist mit Mylar beschichtet. Außerdem gibt es viel mehr Personen- und Fahrzeugkontrollen. Kurzum, ein neuer Anschlag würde weniger Todesopfer fordern. Ich will die Talente dieses Ungläubigen nicht für so eine nutzlose Operation vergeuden.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Hamza. Der andere hatte Recht. Die Anschläge des Jahres 1998 hatten allein in Nairobi zweihundertdreizehn Todesopfer gefordert. Es würde schwierig werden, diesen Erfolg zu wiederholen, und die den Anschlag ausführenden Kämpfer der Organisation würden mit Sicherheit von amerikanischen Marines getötet werden. »Ja, wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen, mein Freund. In Zukunft wird die Unterstützung der Iraner von unschätzbarem Wert für uns sein. Rückzugsorte, Ausbildungslager mit anständiger Ausrüstung, Waffen, Geld, Freiwillige. Das ist ein neuer Anfang für uns.«
»Es wird dich interessieren, Hassan, dass dieser Amerikaner sehr viel gesprächiger war, wenn es nicht um ihn selbst ging.«
Hamza runzelte die Stirn. Er war bei der Befragung nicht dabei gewesen. »Was meinst du? Was für Informationen hat er herausgerückt?«
»Wie es aussieht, ist unser Freund Shakib direkt nach dem Tod des Senators über hochsensibles Material gestolpert. Diese Dokumente sind jetzt in der Hand unseres amerikanischen Freundes.«
Hamza hob lächelnd seine Teetasse. »Und sie sind von Interesse für uns?«
»Der Amerikaner behauptet, die Informationen seien von unschätzbarem Wert. Seiner Ansicht nach sollten wir diese Gelegenheit nutzen, und ich bin geneigt, ihm Recht zu geben. Stell dir einen Garten vor. Um ihn in einem gepflegten Zustand zu erhalten, muss man Unkraut vernichten. Halbherzige Maßnahmen helfen nicht weiter, man muss es mit Stumpf und Stiel ausziehen, das Übel an der Wurzel ausrotten. Und es ist möglich, mein Freund, dass wir bald dazu Gelegenheit haben …«
Hamza sah das diabolische Funkeln in den Augen des anderen. So treu ergeben er der Organisation auch war, der Fanatismus eines Saif al-Adel lag außerhalb seiner Natur, und er war dankbar dafür.
»Der Amerikaner glaubt, dass sich in einem knappen Monat die Chance bietet, seinen Präsidenten zu töten.«
10
Brooks County, Georgia
Trotz wiederholten Widerspruchs beharrte man im Georgetown University Hospital darauf, Naomi Kharmai noch zwei Tage zur
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