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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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wollen, dass ich ihn aufhalte. Es ist meine Entscheidung, und ich werde sie, mit Verlaub, allein fällen. Aber ich will dir noch eine Frage stellen. Du, mit all deinen liberalen Ansichten, wie vereinbarst du dein Eintreten für den Islam mit deiner Unterstützung für die Rechte Homosexueller, die Rechte von Frauen, wenn du dir ansiehst, wie Frauen, Homosexuelle, irgendwelche Minderheiten, in so vielen muslimischen Ländern behandelt werden?«
    »Khan gehört nicht zu dieser Art von Muslimen.«
    »Du hast also deinen eigenen Lackmustest? Die ›akzeptablen‹ Muslime sind die, die derselben Meinung sind wie du?«
    Pikiert trank er sein Glas aus. Zu ihrer Überraschung genoss sie es, ihn aus der Fassung zu bringen, so wie sie es einst genossen hatte, ihm zu gefallen.
    »Du hast dich verändert«, sagte er.
    »Gut möglich«, nickte sie und füllte ihre Gläser nach, obwohl die Wärme des Cognacs ihre Muskeln und ihre Zunge bereits schwer machte. »Wahrscheinlich haben alle, die an jenem Tag jemanden verloren haben, sich verändert.« Eigentlich wollte sie sagen, dass es vielleicht nicht so sehr eine Veränderung war, als vielmehr ein Werden – ein zu sich selbst finden. Aber sie spürte seine abwertende Haltung. »Versuch zu verstehen, Jack. Es war – es gibt keine Worte dafür, wie schmerzlich es war, Cal auf diese Weise zu verlieren.«
    Sie betrachtete das Tableau, das sie auf der Ottomane arrangiert hatte, eine kunstvolle Zusammenstellung von Familienfotos, Korallenzweigen und Stapeln von Kunstbüchern. Es trotz aller kindlichen Sabotageakte zu erhalten, war ein steter Kampf. Ihr Blick fiel auf ein Foto von Cal, auf dem er in die Kamera grinste. Dann schlangen sich seine Arme um sie, so jedenfalls kam es ihr vor, bis sie den Kopf drehte und sah, dass es Jack war, der näher gerückt war, sie in die Arme nahm, sie an sich zog. »Hey, hey«, sagte er. »Es tut mir leid, es tut mir leid.« Er zog ihren Kopf an seine Brust, als sei sie seine Tochter, streichelte über ihre Haare, löste den Knoten, streichelte und streichelte, bis sie sich entspannte, bis ihre Haut anfing zu kribbeln. »Es tut mir leid«, sagte er noch einmal. »Es tut mir leid.« Er hob ihr Gesicht an und neigte den Kopf, um sie zu küssen, und sie waren wieder zwanzig, atemlos, nervös, die Elektrizität zwischen ihnen nach ihrer Auseinandersetzung fast noch stärker. Seine andere Hand öffnete geschickt ihre Bluse, beschrieb kleine Kreise um ihre Brustwarze, rief jeden schlafenden Bereich in ihr ins Leben zurück. Dann zwickte er in ihre Brustwarze, ziemlich fest, wie um zu sagen: »Ich kenne dich, ich weiß, wie du bist.«
    Die Idee, ihn in ihr Haus zu locken, um ihn dann abzuweisen, war ihr auf der Heimfahrt vom Restaurant gekommen. Und doch hob sie jetzt die Arme, damit er ihr die Bluse ausziehen und ihren BH aufhaken konnte, sie ließ ihn ihren Rock hochschieben, ließ zu, dass seine Hand in ihren Slip glitt, in sie hinein. Das Gefühl, das sie durchfuhr, eine Mischung aus plötzlichem Genuss und Schmerz, ließ sie aufstöhnen, fast aufschreien.
    »Leise«, lachte er, »du weckst die Kinder.«
    »Ihre Zimmer sind zu weit weg«, sagte sie, verärgert darüber, dass er sie in diesem Augenblick ins Spiel brachte. Und doch schaffte sie es nicht, seine Hand fortzuschieben, erst als die Erinnerung an ihre Unterhaltung beim Essen zurückkam und ihr Begehren sich abschaltete. Sie löste sich von ihm und versuchte, gelangweilt auszusehen. »Ich – ich bin noch nicht so weit«, sagte sie. Er nahm es absolut gleichmütig hin, als sei es ihm egal, wie weit sie gingen. Sie schlüpfte in ihre Bluse, zog ihren Rock herunter und begleitete ihn zur Tür, hielt ihm die Wange hin, als er sich hinunterbeugte, um sie zu küssen.
    »Bleib standhaft, Claire, und vergiss nicht, die Alarmanlage einzuschalten.« Fast hätte sie bei diesen Worten aufgeschluchzt. Es war die erste beschützerische Geste von ihm, von irgendwem.
    Die Bewegungsmelder taten ihre Arbeit, ließen ihn auf dem Weg zu seinem Auto ein Feld aus Licht durchqueren. Dann verschwand er die Auffahrt hinunter. Sie war nicht nur von den Menschen geformt worden, die sie auf ihrem Weg kennenlernte, sondern auch durch die Art, wie sie sie verlor.



18
    V ierzehn heruntergerissene Kopftücher landesweit, fünfundzwanzig muslimische Selbstschutzgruppen, die als Reaktion auf diese Übergriffe in ihrer Nachbarschaft patrouillierten. Elf Entweihungen von Moscheen in acht Staaten, nicht eingerechnet das am

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