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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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Geburtstagsgeschenke für sie. Die Unterlagen über Cals unerwartete Rückzahlung ihrer Darlehen für College und Jurastudium, rund 100.000 Dollar. Er hatte sie an einem einzigen Tag beglichen, ohne sie auch nur zu fragen, ob es ihr recht sei. Sie war damals schier überwältigt gewesen, nicht mehr ganz so überwältigt, als sie erfuhr, wie schwindelerregend hoch sein Vermögen war. Sie wünschte, dieses Wissen hätte seine Geste nicht geschmälert.
    Solche Dokumente erzählten ihre gemeinsame Geschichte ebenso wie ihre Heiratsurkunde. Als sie sich an dem Abend liebten, an dem er ihr von der Rückzahlung der Darlehen erzählte, spürte sie, dass er irgendeine neue Spielart, eine neue Zügellosigkeit erwartete, irgendein Zeichen ihrer Dankbarkeit. Was dazu führte, dass sie sich innerlich verkrampfte, weil sie ihm eben nicht vorbehaltlos dankbar war. Denn mit der Sorgenfreiheit, die er ihr geschenkt hatte, hatte er ihr auch eine hart erarbeitete Selbstbestimmtheit gestohlen. Aber am nächsten Morgen entschied sie, dass sie überreagiert hatte. Er hatte doch nur gewollt, dass sie sich nicht so viele Gedanken machte.
    »Ich will den Garten malen«, sagte William, der, den Zeichenblock an die Brust gepresst, plötzlich neben ihr stand. Hastig schob sie die Nacktfotos in den Ordner zurück und machte auf dem Schreibtisch Platz für ihn. Er reichte ihr seine Buntstifte als stumme Aufforderung.
    Sie spielten dieses Ritual nun schon seit Wochen durch, seit dem Tag, an dem sie ihm von dem Garten erzählt hatte, überzeugt davon, dass es kein Verstoß gegen ihr Schweigegebot als Jurorin war, wenn es sich um einen Sechsjährigen handelte. Denn während die Auswahl für die Gedenkstätte einen immer größeren Teil ihrer Zeit in Anspruch nahm, war William immer schwieriger geworden. Jeder seiner Wutanfälle erfüllte sie mit einer Mischung aus Traurigkeit und Schuldgefühlen, Verärgerung über seine Manipulationsversuche und Gereiztheit über sein Gequengel. Sie hatte das Gefühl, zu ersticken. Die Kinder brauchten sie immer mehr, brauchten mehr von ihr denn je: Ein Elternteil weniger erforderte mehr Elternarbeit vom anderen. Mehr mit weniger erreichen, eine emotionale Rezession. Hin und wieder erkannte sie, dass ihr Schmerz über Williams Schmerz so unerträglich war, dass sie ihm unterschwellig Vorwürfe daraus machte. Seine Traurigkeit, zu groß für seinen schmächtigen Körper, war wie ein Schatten, der das Wachstum einer Pflanze hemmt.
    Der Garten, hatte sie zu William gesagt, war ein ganz besonderer Ort, an dem er seinen Vater wiederfinden konnte, auch wenn er ihn nicht würde sehen können. Das war nur allzu wahr: Fetzen, Partikel von Cal, lagen aller Wahrscheinlichkeit nach immer noch in der Erde, auf der die Gedenkstätte entstehen würde, was William allerdings nicht wusste. Jedenfalls schien die Vorstellung des Gartens ihn zu trösten, und seitdem hatten sie gemeinsam die Bäume und Blumen gezeichnet, die Wege und Kanäle. Außerdem malte William jedes Mal auch zwei kleine Figuren, sich selbst und seinen Vater, in die Bilder hinein, auf denen immer die Sonne schien.
    Ein kleiner, unerklärlicher Widerstand regte sich in Claire. »Manchmal wird es im Garten sicher auch regnen«, sagte sie heute und strichelte eine graue Wolke. William malte einen Schirm über die beiden Figuren.
    Es wurde Zeit fürs Mittagessen. Gemeinsam verließen sie das Arbeitszimmer, sie mit dem Packen Zeichnungen in der Hand. Ein Blick darauf zeigte ihr, dass sich die Unterlagen über Cals Rückzahlung ihrer Schulden dazwischengemogelt hatten. Ihr erster Gedanke war, sie zurückzubringen. Stattdessen ging sie weiter mit ihrem Sohn den Flur entlang.
    Paul schlief schlecht und wachte steif und verkrampft auf. Sonnenlicht strömte durch das Fenster und blendete ihn, als er die Vorhänge aufzog. Er machte sie wieder zu, duschte zu lange, brauchte zu lange, um sich anzuziehen. »Paul!«, rief Edith, sobald sie hörte, dass er sich regte. »Die Eier sind fertig.«
    Zum Kummer der Köchin waren die Eier kalt, als er endlich am Frühstückstisch erschien. Wie ein Kind schob er sie auf seinem Teller hin und her und versuchte, das Maschinengewehrgeratter von Ediths Fragen zu ignorieren: »Wer hat gewonnen? Wie wird die Gedenkstätte aussehen?«
    Sein Schweigen irritierte sie. »Paul, wieso antwortest du mir nicht?«, fragte sie dann dicht neben seinem rechten Ohr. »Muss ich etwa einen neuen Termin beim Ohrenarzt ausmachen?«
    »Ich höre ausgezeichnet,

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