Der amerikanische Architekt
größtes Vertrauen in den Ausgang dieser ganzen Angelegenheit, Paul, weil Sie sie in der Hand haben. Ich würde niemand anderen an Ihrer Stelle sehen wollen.«
»Danke, Bruce, ich weiß das sehr zu schätzen.« Sean wurde nicht vorgestellt. Er hatte das Gefühl, sich mitten im Lager des Feindes zu befinden – womit dieses Mal nicht die Muslime gemeint waren, sondern all jene, die herumliefen, als hätten sie einen silbernen Spazierstock verschluckt, all jene, die Manhattan zu einer Frau gemacht hatten, die nicht im Traum daran denken würde, Sean ihre Telefonnummer zu geben.
Als Bruce weg war, beugte Sean sich über den Tisch. »Wie zum Teufel konnte das passieren?«
»Was genau meinen Sie damit?«
»Stellen Sie sich nicht dumm. Ich meine Mohammad Khan. Ich meine seinen islamischen Garten.«
»Er bezeichnet ihn nicht so.«
»Aber ich tue es. Hören Sie auf, Spielchen mit mir zu spielen. Mit uns.«
»Also gut. Sie wollen wissen, wie das passieren konnte? Es konnte passieren, weil Leute wie Sie – Sie persönlich, andere Angehörige – auf einer offenen Ausschreibung bestanden haben, einer ach so demokratischen Ausschreibung, an der sich ausnahmslos jeder beteiligen kann. Und genau das hat ausnahmlos jeder gemacht.«
»So hatten wir das nicht gemeint.«
»So funktioniert es aber.«
»Sollte es aber nicht. Jedenfalls werden wir keine muslimische Gedenkstätte dulden. Wenn ich als Vertreter der Angehörigen in der Jury gesessen hätte, wäre das nie im Leben passiert.«
»Wie Sie wissen, Sean, sitzt eine Angehörige in der Jury, und wir sind im Augenblick nicht offen für neue Mitglieder.« Es klang, als handele es sich um einen Country Club.
»Claire ist nicht unsere Vertreterin«, sagte Sean. »Nicht mehr.«
»Sie meinen, weil sie keine Anweisungen von Ihnen entgegennimmt? Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Tut Ihr Kongressabgeordneter etwa alles, was Sie wollen? Claire ist in der Jury, um den anderen Juroren Ihre Wünsche zu vermitteln. Ihre, Sean, und die vieler anderer Angehöriger, die Ihre persönliche Meinung vielleicht teilen, vielleicht aber auch nicht. Sie ist nicht Ihre Marionette, sondern eine eigenständige Person.«
»Immerhin steht die Gouverneurin auf unserer Seite.«
»Dann brauchen Sie sich doch keine Sorgen zu machen. Allerdings ist Politik selten so simpel, wie es scheint, Sean, und die Abläufe, die für dieses Verfahren festgeschrieben wurden, sind ziemlich kompliziert. Die Gouverneurin kann nicht einfach beschließen, dass ein Entwurf ihr nicht gefällt. Sie muss überzeugende Gründe haben, wenn sie ihn als ungeeignet ablehnen will. Es geht schließlich auch darum, die Arbeit der Jury zu respektieren.«
»Die Scheiße zu respektieren, die die Jury gebaut hat.«
»Die Jury wusste nicht, von wem der Entwurf stammt, für den sie sich entschieden hat, wie Sie sehr wohl wissen. Folglich können Sie ihr die Entscheidung nicht zum Vorwurf machen. Und achten Sie bitte auf Ihre Ausdrucksweise, Sean. Es sind Kinder anwesend.« Als sei das ganze Lokal nur dazu da, dieser Zurechtweisung Nachdruck zu verleihen, kam in diesem Augenblick ein junger Mann mit einem stämmigen blonden Kleinkind auf dem Arm auf sie zu. Rubin tätschelte dem Kind flüchtig die Wange.
»Scheint so, als hätten Sie eine ziemliche Schweinerei am Hals, Paul«, sagte der Mann.
»Wahrscheinlich keine so große wie Sie, Phil«, gab Rubin zurück, denn der kleine Junge hatte gerade einen Schwall halb zerkauter Kekse ausgespuckt.
Phil lächelte. »Falls irgendjemand weiß, wie man mit Schweinereien umgeht, dann Sie, Paul.« Und an Sean gewandt: »Sie hätten Paul während der Asienkrise erleben sollen …« Er schüttelte bewundernd den Kopf. »Überall Leute, die nicht mehr wussten, wo oben und unten ist, aber Paul Rubin, der war die Ruhe selbst, der hat nicht einmal mit der Wimper gezuckt.«
Während Phil Arschkriecherei und Finanztalk nahtlos miteinander verwob, sah Sean sich selbst nur allzu deutlich: Ein Niemand, den man zwar ansprechen mochte, aber nicht zu kennen brauchte. Kein Mitspieler, sondern nur ein Zuschauer, in einer schäbigen Windjacke und unrasiert, weil er nicht zu spät kommen wollte.
Rubin trommelte ungeduldig mit den Fingern und verabschiedete den Störenfried. »Danke, Phil, ich weiß das sehr zu schätzen. War nett, Sie zu sehen.« Als Phil samt Kind verschwunden war, senkte er die Stimme und schlug gleichzeitig einen harscheren Ton an. »Es wird eine öffentliche Anhörung geben, Sean.
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