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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
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der Union lebten rund 23 Millionen Menschen, davon nur ein winziger Bruchteil Sklaven, die sich auf Missouri, Maryland, Kentucky und eine unbedeutende Population in Delaware konzentrierten. Demgegenüber brachte es die Konföderation mit ihren elf Mitgliedsstaaten gerade einmal auf neun Millionen Einwohner, davon allein 3,5 Millionen potentiell unruhiger und unzuverlässiger Sklaven. In einzelnen Staaten, Louisiana, Georgia, Florida und Alabama, belief sich der Anteil von Sklaven auf rund 45 Prozent, in South Carolina und Mississippi waren es gar über 55 Prozent. Im Küstenstreifen von South Carolina lag das Verhältnis zwischen Sklaven und freien Weißen gar bei 10:1, was die Radikalität erklärt, mit welcher die Plantagenbesitzer ausgerechnet dieses Staates am Sklavensystem festhielten. Noch negativer fiel der Vergleich der Industrieproduktion für den Süden aus. Dort fanden sich etwa 18.000 Industriebetriebe, von denen freilich kaum einer in der Eisen- oder Stahlverarbeitung tätig war, mit etwa 110.000 Beschäftigten, im Norden hingegen waren es 110.000 Betriebe mit über 1,3 Millionen Arbeitern. Der Norden produzierte zehnmal mehr Güter als der Süden, bei der Eisenproduktion war er im Verhältnis 20:1, bei der Produktion von Feuerwaffen sogar 32:1 überlegen. Und selbst in der Textilproduktion übertraf er den Süden 17:1. Darüber hinaus befanden sich, was für die moderne Kriegführung ungemein wichtig war, 70 Prozent des Schienennetzes im Norden. Bei den Eisenbahnen im Süden kam noch hinzu, daß sie nicht unter kriegstechnischen Aspekten geplant und gebaut worden waren und deswegen für den Nachschub oder den Truppentransport nicht sinnvoll eingesetzt werden konnten. Von den 470 Lokomotiven, die im Jahre 1860 in den USA gebaut wurden, stammten nur ganze 17 aus südstaatlicher Produktion.
    Die Faktoren Eisenbahn und Dampfschiffahrt aber waren von zentraler Bedeutung. Der Union gelang es rasch, dasvorhandene Schienennetz und die Kanäle, die gleichfalls überwiegend im Norden lagen, für den Kriegseinsatz zu nutzen. Im Vergleich zu ihren konföderierten Kameraden mußten Soldaten der Union deutlich weniger marschieren. Truppenteile konnten relativ flexibel von einem Kriegsschauplatz zum nächsten verlegt werden, vom Nachschub an Material und Mannschaften ganz zu schweigen. Es ist erstaunlich, wie schnell sich die militärischen Führer der Union dieses Vorteils bewußt wurden, während sie ansonsten, gerade zu Beginn des Krieges, nicht immer an der Speerspitze moderner Kriegführung marschierten. Das eigentliche Problem beider Kriegsparteien aber bestand darin, die Industrie auf Kriegsproduktion umzustellen und den Krieg zu finanzieren. Beides war für die Konföderation schon aus strukturellen Gründen nahezu unmöglich. Obwohl die südstaatlichen Großgrundbesitzer zu den reichsten Personen der Welt zählten und für den Kriegsausbruch maßgeblich mitverantwortlich waren, zeigten sie wenig Neigung, ihr Hab und Gut zu opfern. Zudem erschwerte ihr traditionales Verständnis von Wirtschaft die Lage erheblich. Die Pflanzer hatten zwar das kapitalistische Prinzip der Profitmaximierung in der Produktion tief verinnerlicht, gaben ihr Geld aber ganz im vorindustriellen Sinne aus. Dies bedeutete vor allem Investitionen in Sklaven und Land, nicht aber in technisches Produktivvermögen. Kapitalreserven waren demnach eher die Ausnahme. Als mit zunehmender Kriegsdauer ab 1863 die Steuereintreiber der Konföderation durchs Land zogen, fanden sie kaum nennenswerte Barvermögen vor und sahen sich gezwungen, Sklaven oder technisches Material beziehungsweise Tiere zu requirieren. Daher blieb dem Süden kaum etwas anderes übrig, als den Krieg über die Notenpresse zu finanzieren, da auch die europäischen Mächte nur ausnahmsweise bereit waren, seine Sache finanziell, durch Kredite oder Staatsanleihen zum Beispiel, zu unterstützen. Die Folge war eine verheerende Inflation. Die finanziellen Probleme behinderten zusätzlich den Aufbau einer adäquaten Kriegsproduktion, so daß der Süden während des gesamten Krieges in der waffentechnischen Ausrüstung dem Norden hinterherhinkte. Bis 1862 etwa mußten die Regimenter der Konföderierten noch mit vollkommen veraltetenFeuersteinmusketen auskommen, die sich schon im Krieg von 1846 nicht sonderlich bewährt hatten. Sie waren umständlich zu handhaben und entgegen landläufigen Mythen über schußsichere amerikanische Scharfschützen von der
frontier
wenig treffgenau.

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