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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
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Intention nach auch an die Vorgaben der Gründerväter anschließen, so gebrach es ihm an gestaltgebendem Geist. Die Konföderation brachte es während ihrer gesamten Existenz, anders als der Norden, nicht zu vernünftigen gesamtstaatlichen Wahlen. Politik blieb auf die Einzelstaaten und das personale Geflecht in der Hauptstadt Richmond beschränkt. Es fehlte weithin eine freie Presse, eine strukturierte politische Diskussion, es fehlte jene Luft der freien Meinungsäußerung, die für die Gründerperiode der 1780er Jahre kennzeichnend gewesen war, seitdem im Süden praktisch die Zensur abolitionistischer Blätter eingeführt worden war. Die Verfassung konnte darüber hinaus keine Vision für die Zukunft entwickeln, nicht einmal eine konservative. Sie beschränkte sich darauf, das Bestehende starr und unbeweglich, ohne Rücksicht auf laufende historische Prozesse, gewissermaßen für die Ewigkeit festzuschreiben, eine Ewigkeit, die dann nur vier Jahre dauerte. Die Gründe für dieses Defizit lagen klar auf der Hand. Sie ergaben sich aus der Fundamentalaporie eines Staatswesens, dessen Einheit einzig im Streben nach Partikularität begründet lag und dem es über den Erhalt der Sklaverei und der einzelstaatlichen Souveränität hinaus an jedem tragenden Prinzip mangelte. Eigentlich müßte man eine Geschichte der Konföderation nicht von den schwachen und störanfälligen Institutionen in Richmond her schreiben, sondern von den komplexen Interessenkonstellationen in den Einzelstaaten. Selbst die Armeen der Konföderation, die doch organisierte Träger eines gesamtstaatlichen Überlebenswillens hätten sein können, ja müssen, waren kaum etwas anderes als Spiegelbild der Konfusion und Richtungslosigkeit einer in sich widersprüchlichen Staatlichkeit. Immerhin verfügten die konföderierten Streitkräfte über fähige militärische Führer und eine recht simple strategische Grundausrichtung, die sich darauf beschränken konnte, Zeit zu gewinnen, um den Norden zu zermürben. Diesen Vorteil der inneren Linie hatte diepolitische Führung unter Davis nicht. Er blieb allen seinen Anstrengungen zum Trotz ein Getriebener, ein Spielball lokalistischer Fraktionierungen. Es war demnach nicht die mangelnde Handlichkeit einer übertrieben schwerfälligen Verfassung, die den Süden vor unüberwindbare Probleme stellte, sondern die Abwesenheit jeglicher ordnenden Idee. Die Konföderation war, als im April 1861 bei Fort Sumter die ersten Schüsse des
War between the States
abgegeben wurden, ein Torso – organisatorisch, politisch-ideell und territorial. Sie sollte stets ein Torso bleiben.
2. Kein Gleichgewicht der Kräfte:
Ökonomisches Potential und Ressourcenmobilisierung
    Der amerikanische Bürgerkrieg war nicht allein ein politisches Ereignis. Er war ein umfassender, moderner Nationsbildungskrieg mit allen wirtschaftlichen, technologischen und kulturellen Aspekten, welche diesen kennzeichnen. Gelegentlich wurde sogar die These aufgestellt, beim Bürgerkrieg habe es sich um den ersten totalen Krieg gehandelt. Dies erscheint bei genauerer Betrachtung unhaltbar. Definiert man den totalen Krieg über die Totalität der Mobilisierung von Ressourcen und Bevölkerung sowie der Kriegsziele und der Kriegshandlungen, muß man mit der Begrifflichkeit bezogen auf den Bürgerkrieg vorsichtig umgehen. Für den Norden etwa war der Krieg zu keinem Zeitpunkt ein totaler. Es gab weite Bereiche der Union, die Neuenglandstaaten zum Beispiel, in denen man als Mittelklassebürger das Kriegsgeschehen kaum spürte. Und selbst im Süden existierte lange ein Hinterland, das von den Folgen des Konflikts bis etwa 1863 wenn nicht unberührt, so doch relativ unbelastet blieb. Schließlich fehlte für einen totalen Krieg auf beiden Seiten eine umfassende Form der Staatlichkeit, der bürokratischen Kontrolle und der vereinheitlichenden Propaganda, die eine derart rigorose Kriegsanstrengung überhaupt erst möglich gemacht hätte. Weder die Union noch die Konföderation waren 1861 durchorganisierte Nationalstaaten. Die Union konnte, die Konföderation wollte es nicht sein. Dennoch ist die Rede vom totalen Krieg nicht vollkommen irreführend. Der amerikanische Bürgerkriegwar, darin dem Krimkrieg in Europa vergleichbar, ein Konflikt, der durch Produktionskräfte, Waffentechnologie und technische Logistik entschieden wurde. In dieser Hinsicht aber war der Norden in jeder Hinsicht überlegen.
    Allein die Einwohnerzahl der beiden Kriegsparteien sprach Bände: In

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