Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
und Bier. Eine amerikanische Tradition.«
Liv knipste das Licht aus und zog die Decke über die Schultern. »Ich glaube, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt.«
»Dann versuch’s morgen noch mal. Palmer schlägt auf.«
»Das ist sicher sehr aufregend, aber ich …«
»Halb eins«, wiederholte er. »Wir müssen frühzeitig dort sein, damit wir noch einen Parkplatz finden.«
Liv gähnte wieder, wurde immer schläfriger. Der Einfachheit halber würde sie seine Einladung annehmen. Was sollte schon groß passieren? Außerdem war sie noch nie in einem Baseballstadion gewesen.
»Du setzt aber nicht eine dieser komischen Kappen auf, oder?«
Thorpe grinste. »Nein, das überlass ich den Spielern.«
»Halb eins dann. Gute Nacht, Thorpe.«
»Gute Nacht, Carmichael.«
Liv lächelte, als sie den Hörer auflegte. Kurz bevor sie einschlief, stellte sie fest, dass ihre Kopfschmerzen verschwunden waren.
6.
Das Memorial Stadion war so gut wie ausverkauft. Die Fans aus Baltimore ließen ihre Orioles bei einem Heimspiel nie im Stich. Und es waren nicht nur Männer, wie Liv vermutet hatte, die mit Bierdosen in der Hand und der Vereinsmütze auf dem Kopf dem Spiel entgegenfieberten, sondern auch Frauen, Kinder, junge Mädchen, College-Studenten, Arbeiter und Manager. Irgendetwas musste an diesem Spiel dran sein, folgerte Liv, dass sich jedes Wochenende Tausende von Menschen in diesem Stadion einfanden.
»Dugout, drittes Mal«, sagte Thorpe und deutet die Betonstufen hinunter.
»Wie bitte?«
»Dort sind unsere Plätze«, erklärte er ihr. »Hinter der Spielerbank beim dritten Mal. Komm.« Er nahm sie am Arm und zog sie mit sich die Stufen hinunter. Liv besah sich das Spielfeld und versuchte sich zu erinnern, was sie sonst noch über Baseball wusste, außer dass dieses Spiel mit weißen Linien, Dreck und Gras verbunden war.
»Na, irgendeine Ahnung von Baseball?«, fragte Thorpe.
Liv dachte einen Moment nach und lächelte ihn dann stolz an. »Drei Schlagfehler, und du bist draußen.«
Thorpe lachte und nahm seinen Sitzplatz ein. »Heute kriegst du einen Crash-Kurs umsonst. Willst du ein Bier?«
»Ist es sehr unamerikanisch, wenn ich Coke trinke?« Während
Thorpe einen der Bauchladenverkäufer heranwinkte, lehnte Liv sich über das Geländer vor ihr und studierte das Feld. »Na, so schwierig ist das ja nicht«, bemerkte sie. »Wenn das hier das dritte Mal ist, dann ist das da folglich das erste und dies dort das zweite.« Sie deutete mit dem Finger in die besagten Richtungen. »Sie werfen den Ball hoch, der andere Typ schlägt ihn und flitzt dann um die Male herum. Die anderen versuchen inzwischen den Ball zu fangen.«
»Eine sehr vereinfachte Darstellung dieses intelligenten Sports«, kommentierte Thorpe und reichte ihr eine Cola-Dose.
»Wozu braucht man bei diesem Spiel Intelligenz?«, fragte sie zurück, ehe sie einen Schluck Cola trank.
»Strike-Zones, Abschlagwinkel, Force-Outs, Double-Play, Windgeschwindigkeit, Base-on-Balls, Einschätzung der Reserve-Pitcher …«
»Ja, ja, ist schon gut«, unterbrach sie seinen Vortrag. »Anscheinend bin ich doch reif für einen Crash-Kurs.«
»Hast du dir schon mal ein Spiel angesehen?«, erkundigte sich Thorpe und lehnte sich mit seinem Bier zurück.
»Nur Ausschnitte auf dem Monitor während einer Sportsendung«, antwortete sie und sah sich interessiert im Stadion um.
Es war ein herrlicher Tag, die Sonne schien und die Luft war angenehm kühl. Es roch nach Bier, gerösteten Erdnüssen und Hot Dogs. Irgendwo hinter ihnen diskutierten ein Mann und eine Frau bereits hitzig über das Spiel, das noch gar nicht angefangen hatte. Liv empfand eine Art von Verbundenheit, die sie bei den wenigen Spielen, die sie im Fernsehen verfolgt hatte, vermisst hatte.
»Aber das hier ist etwas ganz anderes.« Sie studierte die Anzeigetafel, doch die Zahlen und Buchstaben sagten ihr wenig. »Wann geht das Spiel denn los?«, erkundigte sich Liv und drehte sich zu Thorpe um, der sie intensiv musterte. »Was ist denn?« Sein direkter Blick war ihr unangenehm. Den Vorsatz, Distanz zu wahren, hatte sie nicht halten können. Und jetzt fragte sie sich, ob sie mit der unverbindlichen Freundlichkeit, die sie sich stattdessen vorgenommen hatte, besser fahren würde.
»Nichts. Du hast ein tolles Gesicht, aber das habe ich dir ja schon gesagt«, meinte er unbekümmert.
»Du hast nicht auf mein Gesicht sehen«, versetzte sie, »sondern in meinen Kopf hinein.«
Thorpe lächelte und strich ihr
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