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Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Maske zu finden gehofft hatte – das jedenfalls nicht. Die Erinnerung an diesen schrecklichen Verlust machte sie blind und taub, und Thorpe glaubte nicht, dass sie ihn oder seinen schützenden Arm überhaupt noch wahrnahm.
    »Unsere Ehe war zerbrochen. Wir wussten es beide, doch wir waren nicht im Stande, es auszusprechen. Es war, als glaubten wir beide, wenn wir nur an unserer Ehe festhielten, dann käme er zurück. Wir waren höflich zueinander, schlichen auf Zehenspitzen umher. Ich brauchte jemanden, an dem ich mich festhalten konnte, der mir sagte … Ich weiß nicht, welche Worte ich gebraucht hätte, aber Doug jedenfalls hatte sie nicht. Und ich hatte wahrscheinlich auch keinen Trost für ihn. Wir teilten dasselbe Bett, berührten uns aber nie. So lebten wir über einen Monat lang. Einmal – einmal bat ich ihn, mit mir in Joshs Zimmer zu gehen und mir zu helfen – seine Sachen wegzuräumen. Ich wusste, dass ich das allein nie fertig gebracht hätte, aber es musste getan werden. Er ging fort und kam die ganze Nacht nicht nach Hause. Er konnte es nicht ertragen. Ich musste Greg anrufen, und wir …« Sie presste die flache Hand gegen die Stirn, als hülfe ihr das, nicht an den Worten zu ersticken. »Doug und ich haben nie wieder davon gesprochen …
    Dann kam Melinda, meine Schwester. Sie hatte Josh sehr gern gehabt und ihn ständig mit teuren, sinnlosen Spielsachen überhäuft. Anfangs schien uns ihr Besuch zu helfen. Ihre Anwesenheit lenkte uns ab. Sie brachte uns dazu, aus dem Haus
zu gehen, sie zu unterhalten und hinderte uns dadurch am Grübeln und Nachdenken. Mir hat sie wirklich geholfen, denn mir wurde bald klar, dass Doug und ich uns nur gegenseitig wehtaten, indem wir vorgaben, eine Ehe zu führen. Wir mussten damit aufhören. Ich beschloss, ihn um die Scheidung zu bitten, ehe einer von uns beiden etwas Unverzeihliches tat. Der Entschluss fiel mir nicht leicht. Tagelang habe ich darüber nachgedacht.
    Eines Nachmittags kam ich früher als sonst nach Hause. Ich wollte mir Zeit nehmen und mir genau überlegen, wie ich es ihm am schonungsvollsten beibringen könnte. Ich wollte mit ihm an diesem Abend über die Scheidung sprechen. Als ich zu Hause ankam, stand Dougs Wagen in der Einfahrt. Vermutlich war er krank und deshalb zu Hause geblieben, dachte ich mir. Als ich nach oben ging, fand ich ihn im Bett – mit meiner Schwester.«
    Ganz behutsam legte sie das Foto zurück auf ihren Schoß. »Das war der letzte Schlag. Meine Schwester, mein Haus, mein Bett. Ich drehte mich auf dem Absatz um und verließ das Haus, ehe einer der beiden noch den Mund aufmachen konnte. Ich wollte nichts hören. Und ich wollte nicht die schrecklichen Dinge sagen, die ich gesagt hätte, wenn ich noch eine Minute gewartet hätte. Ich fuhr in ein Motel. Und dort wurde mir klar, dass meine Eltern absolut Recht gehabt hatten. Wenn du ein ruhiges Leben führst und dich nicht von Gefühlen wie Liebe beeinflussen lässt, kann dir niemand wehtun. Und genau nach diesem Motto wollte ich leben, beschloss ich damals. Von diesem Moment an. Nichts und niemand würde mich jemals wieder an diesen Punkt bringen; ich hatte genug Kummer und Leid erlitten. Am nächsten Tag reichte ich die Scheidung ein. Doug bat Greg, mich als Anwalt zu vertreten. Ich habe nie wieder ein Wort mit ihm gesprochen. Was besprochen werden musste, erledigten wir über Greg. Nach einer Weile erkannte ich, dass Doug mir nur einen Schritt voraus gewesen war. Er hatte Melinda benutzt, um unsere Beziehung zu beenden, die uns früher oder später umgebracht hätte. Das hat es mir leichter gemacht, ihm zu verzeihen. Und weil wir beide
gemeinsam etwas Außergewöhnliches besessen und verloren hatten.«
    Nach dem letzten Satz begann sie hemmungslos zu weinen. Als sie sich an Thorpe lehnte, umfingen sie seine Arme und hielten sie fest, bis der Schmerz nachgelassen hatte.

14.
    Eine leichte Brise kräuselte das Wasser des Potomac, ließ die Spiegelbilder der Bäume verschwimmen und spielte mit Livs Haarspitzen. Jetzt, da sie sich unter dem strahlenden Himmel ausgestreckt hatten, war Thorpe froh, dass er Liv zu dem Ausflug überredet hatte. Die Sonne und die Bewegung würden ihr gut tun. Eine andere Frau, überlegte er, hätte nach all den Tränen und wiedererlebtem Kummer wahrscheinlich nur schlafen wollen. Nicht aber Liv.
    Sie war immer noch sehr blass und die Spuren um ihre Augen verrieten die Tränen, die sie geweint hatte. Und doch umgab sie eine unverkennbare Aura von

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