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Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Stärke, für die Thorpe sie ebenso bewunderte wie liebte. Jetzt verstand er auch, warum sie ihre Gefühle und Bedürfnisse auf Eis gelegt hatte. Er hatte das Gesicht des Jungen auf dem Foto gesehen – ein Gesicht voller Leben und unbeschwerter Fröhlichkeit. Er litt mit ihr, spürte ihre Trauer und die Qual dieses schrecklichen Verlusts. Es fiel ihm nicht leicht, sich Liv als verheiratete Frau vorzustellen, die sich mit Mann und Sohn ein gemeinsames Leben aufbauen wollte. Ein kleines Häuschen am Stadtrand, ein Stück Garten mit Zaun herum, Spielzeug unterm Sofa – all dies schien Welten entfernt zu sein von der Frau, die ihm jetzt gegenübersaß. Und dennoch war das vor noch nicht allzu vielen Jahren ihr Leben gewesen. Es könnte wieder ihr Leben werden, diesmal mit ihm. Das wünschte sich Thorpe – für sie und für sich.
    Und mehr denn je wurde ihm jetzt bewusst, dass er viel Geduld mit ihr haben musste. Sie war stark, ja, aber sie hatte Fürchterliches durchgemacht.
    Doug , dachte er mit einem heftigen Anflug von Wut. Er verzieh nicht so leicht wie Liv. Dieser Mann, so sah er es, hatte mehr getan, als Liv durch seine eigene Schwäche zu verlieren. Er hatte sie gezeichnet. Und jetzt lag es an ihm, Liv zu zeigen, sie davon zu überzeugen, dass er entschlossen war, an ihrer Seite zu stehen. Für immer.
    Von ihrem Platz aus konnte Liv Thorpe beim Rudern zusehen und das Spiel seiner Muskeln beobachten. Es schien ihn keine Anstrengung zu kosten, das Boot mit kräftigen Ruderschlägen den Fluss entlang zu steuern. Er war kein Mann, der seinen Bizeps spielen lassen musste, um seine Männlichkeit und Stärke zu demonstrieren. Er wusste, dass er stark war, und bezog sein Selbstbewusstsein aus diesem Wissen.
    Sie hatte es ihm also erzählt. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte sie sich einem anderen Menschen gegenüber wieder geöffnet. Jetzt gab es nichts mehr, was Thorpe nicht von ihr wusste. Warum hatte sie es ihm überhaupt erzählt? Vielleicht weil sie wusste – oder hoffte –, dass er immer noch da sein würde, wenn sie mit ihrer Geschichte am Ende angelangt war. Und sie hatte Recht behalten: Er stellte keine Fragen, erteilte keine Ratschläge, war einfach nur da und stützte sie. Er hatte gewusst, was sie in diesem Moment brauchte. Wann hatte sie entdeckt, was für ein ungewöhnlicher Mann er war? Und warum hatte sie dazu so lange gebraucht? Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich zuletzt so entspannt, so sicher und so zufrieden gefühlt hatte. Die Tränen und das vertrauliche Gespräch hatten sie von dem Schmerz befreit. Sie schloss für einen Moment die Augen und genoss die körperliche Erleichterung, die diese Reinigung mit sich brachte.
    »Ich habe mich noch nicht bei dir bedankt«, sagte sie in die Stille hinein.
    »Wofür?« Mit langen, gleichmäßigen Bewegungen zog er die Ruder durchs Wasser.
    »Dafür, dass du da warst, und dafür, dass du mir all die netten, gut gemeinten Trostworte erspart hast, die man gewöhnlich in so einer Situation zu hören bekommt.«
    »Du hast sehr gelitten.« Er sah sie jetzt an; sein Blick war
ruhig und sehr intensiv. »Und es gibt keine Worte, die das, was dir widerfahren ist, ungeschehen machen oder auch nur erleichtern könnten. Aber jetzt bin ich ja da.«
    »Ich weiß.« Liv seufzte und lehnte sich zurück. »Ich weiß.«
    Eine ganze Weile ruderten sie schweigend dahin. Sie begegneten anderen Booten, doch die kamen nie nahe genug heran, um einen Gruß oder ein Winken auszutauschen. Der Potomac hätte ihr eigener Fluss in ihrer eigenen Welt sein können.
    »Um diese Jahreszeit«, sagte Thorpe, »ist noch nicht so viel Betrieb auf dem Fluss. Im Sommer komme ich gern in der Früh hierher. Es fasziniert mich immer wieder, wie anders diese Gebäude bei Sonnenaufgang aussehen. Da vergisst man beinahe die vielen Touristen, die später in Strömen dort umherziehen werden, und kann sich schwer vorstellen, was tagsüber im Pentagon oder im Capitol so vor sich geht. Morgens sind es einfach nur Gebäude, einzigartig und mitunter sogar schön anzusehen. An Samstagen oder Sonntagen, wenn mir keine Story im Nacken sitzt und ich Zeit und Muße habe, dann rudere ich an diesen Gebäuden vorbei, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie oft ich diese Stufen hinaufgeeilt bin, wie oft ich auf den Aufzug gewartet und wie viele Türen ich in all diesen Regierungsgebäuden schon geöffnet habe.«
    »Merkwürdig«, meinte Liv nachdenklich. »Vor einem oder zwei Monaten hätte

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