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Der Angriff

Der Angriff

Titel: Der Angriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Vorsichtig zog er seine linke Hand unter Annas Hals hervor. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es fast drei viertel acht war. Er musste an die zweieinhalb Stunden geschlafen haben. Das war fürs Erste mehr als genug. Er war schließlich hier, um eine Mission zu erfüllen, und nicht, um zu schlafen. Wenn Langley sich nicht meldete, dann würde er eben selbst Kontakt aufnehmen, damit die Dinge wieder in Gang kamen.

29
     
     
     
    Rafik Aziz hatte sich geduscht und rasiert. Er trug wieder seinen teuren Anzug, den er bei seinem historischen Besuch im Weißen Haus getragen hatte. Seine Männer waren auf ihren Posten – mit einer Ausnahme: dem Mann, der im Presseraum des Weißen Hauses hinter einer Fernsehkamera stand. Das Licht der Morgensonne flutete durch die Fenster des schmalen Raumes herein.
    Aziz stand an dem vertrauten Rednerpult und lächelte bei dem Gedanken, dass er gleich einen weiteren wichtigen Teil seines raffinierten Plans in die Tat umsetzen würde. Er wollte sich direkt an das amerikanische Volk wenden und auf diese Weise wiederum die Politiker erreichen. Der einzige neue Aspekt war, dass er auf den zurückgeschlagenen Angriff der vergangenen Nacht Bezug nehmen konnte. Es war wirklich ziemlich knapp gewesen. Aziz zweifelte nicht daran, dass jeder Versuch der Amerikaner, die Geiseln zu befreien, in einem Blutbad enden würde. Diesen Preis war er bereit zu zahlen. Er wollte nicht, dass es so weit kam – schon allein aus Gründen der Selbsterhaltung –, doch wenn es sein musste, würde er keinen Augenblick zögern, alles und jeden zu vernichten, einschließlich sich selbst.
    Die Ansprache, die er gleich halten würde, sollte dazu beitragen, dass es zu keinem Angriff durch das FBI kam. Aziz hatte eingehend studiert, wie sich die amerikanischen Politiker in Konfliktsituationen verhielten. Voller Bewunderung hatte Aziz beobachtet, wie Saddam Hussein so wie einst Adolf Hitler in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg seine Ziele einmal ganz offen, dann wieder heimlich verfolgte, wie er mit List und Tücke vorging und mit seinen Gegnern Katz und Maus spielte. Saddam war ein Meister in der Kunst, die schwache UNO und einen großen Teil der Politiker in Europa und den USA an der Nase herumzuführen. Er kümmerte sich nicht um das, was er gestern noch zugesagt hatte, und provozierte die Westmächte ein ums andere Mal. Und wenn es diesen dann schließlich doch einmal zu bunt wurde und sie einen Militärschlag ins Auge fassten, schickte er seine Botschafter zur UNO, um die Wogen zu glätten. Und nur wenn es gar nicht mehr anders ging, lenkte er schließlich ein. Ein halbes Jahr später begann das Spiel dann wieder von vorn.
    Aziz hatte von Saddam gelernt. In weniger als einer Minute würde er dem amerikanischen Volk ein Friedensangebot unterbreiten. Danach würde er seine letzte Forderung stellen und anschließend triumphierend in seine Heimat zurückkehren.
    Aziz blickte zur Kamera hinüber und rückte seine Krawatte zurecht. Er hatte seine Ansprache ursprünglich vom Oval Office aus halten wollen, doch war ihm schließlich klar geworden, dass das seinen Plan untergraben hätte. Es würde beim amerikanischen Volk gar nicht gut ankommen, wenn er sich auf den Sessel des Präsidenten setzte. Daher hatte er nur schwer der Versuchung widerstehen können, seine Ansprache von dem Platz aus zu halten, von dem so viele Präsidenten sich an ihr Volk gewandt hatten. Nur zu gern hätte er es diesen arroganten Amerikanern unter die Nase gerieben, dass er das Weiße Haus in seiner Hand hatte – doch dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Jetzt galt es, eine versöhnliche Botschaft auszusenden und die Politiker für sich arbeiten zu lassen.
    Der Mann an der Kamera hob beide Hände und startete den Countdown. Aziz legte die Hände auf das Rednerpult und begann, als das Signal kam, mit seiner einstudierten Ansprache:
    »Ich wende mich heute mit schwerem Herzen an Sie«, sagte Aziz mit ernster Miene in perfektem Englisch. »Ich bin nicht der Feind des amerikanischen Volkes, und ich würde mir wünschen, dass dieser Konflikt zu einem raschen Ende käme. Ich entschuldige mich bei den Familien der Frauen und Männer, die in diesem Konflikt ums Leben gekommen sind. Viele von Ihnen werden das als leere Worte empfinden, aber Sie müssen verstehen, dass es sich hier um einen Krieg handelt – um einen Krieg, den Ihre Militärs und politischen Führer begonnen haben. Ich

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