Der Angriff
seinem Boss am liebsten ins Gesicht geschrien: »Wenn Sie meine Probleme hätten!« Stattdessen sagte er in beruhigendem Ton: »Zum letzten Mal, machen Sie sich keine Sorgen wegen der Presse. Mit denen werde ich schon fertig. Sie müssen wieder Mut fassen und wie ein echter Präsident auftreten. Wir müssen auf diese neue Situation reagieren, und wenn die Umfragen das Ergebnis bringen, das ich mir erwarte, dann könnten wir wirklich eine Chance haben, heil aus dem Schlamassel rauszukommen.«
»Aber wie?«, fragte Baxter ohne große Hoffnung.
»Das weiß ich noch nicht genau, aber mir fällt schon etwas ein.«
Baxter blickte zur Seite und sah auf die Uhr. Mit einem Seufzer sagte er schließlich: »Dann werde ich wohl jetzt eine Sitzung des National Security Council einberufen.«
King nickte. »Das wäre der logische nächste Schritt.«
»Kümmern Sie sich darum«, sagte Baxter müde.
»Wann und wo?«
Baxter verzog das Gesicht und sah aus dem Fenster. »Zehn Uhr im Pentagon«, sagte er.
30
»Sie wissen, was er vorhat, nicht wahr, Mitch?«
Rapp starrte an die Wand, während er General Campbell zuhörte, der ihm soeben die Aufnahme von Aziz’ Ansprache vorgespielt hatte. Er brauchte nicht lange zu über legen, was er General Campbell antworten sollte. »Stimmt«, sagte er. »Er will euch allesamt verarschen.«
»Wie bitte?«, fragte der General.
»Verarschen«, wiederholte Rapp, der selten ein Blatt vor den Mund nahm. »Er will, dass Baxter und die anderen Politiker mit ihm verhandeln. Wenn er dann bekommen hat, was er will, verschwindet er wieder irgendwo im Mittleren Osten. Ein Jahr später taucht er erneut auf und richtet irgendwo ein Blutbad an.«
»Was ist, wenn er wirklich den Frieden will?«, warf Irene Kennedy ein.
»Das ist völlig ausgeschlossen«, entgegnete Rapp mit Nachdruck.
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
»Irene, bitte verschone mich mit solchen Fragen. Du weißt genauso gut wie ich, dass Aziz sich einen Scheißdreck um das amerikanische Volk schert – und um seine arabischen Brüder und Schwestern übrigens genauso wenig. Verdammt … die einzigen Araber, die ihm wichtig sind, sind die, die Israel auslöschen wollen. Und was uns Amerikaner betrifft – er würde uns ohne zu zögern die Kehle durchschneiden, wenn wir ihm in die Quere kommen.«
»Was meinst du also, hat er vor?«, fragte Irene.
»Er versucht irgendwie heil aus der Sache rauszukommen. Er weiß, dass es auf unserer Seite nicht wenige gibt, die für ein hartes Vorgehen eintreten. Wenn er den Präsidenten in seine Gewalt bekommen hätte, dann sähe die Sache ein wenig anders aus. Ich nehme an, dass er Hayes als Trumpfkarte einsetzen wollte, um sicher nach Hause zu kommen, und dass er jetzt gezwungen ist, seine Vorgehensweise zu ändern.«
»Und was könnte er nun tatsächlich vorhaben?«, fragte Campbell.
Rapp blickte zu Anna Rielly hinüber, die ihn schon die ganze Zeit über mit ihren smaragdgrünen Augen ansah.
Sie hörte zweifellos alles mit, was er sagte – doch das ließ sich nun einmal nicht vermeiden.
Rapp schaute zur Seite und sagte: »Er versucht die Medien und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Weil er genau weiß, dass ihm die Geiseln am Ende auch nicht viel helfen werden. Wenn er seine aggressive Strategie beibehält, zwingt er uns irgendwann, das Weiße Haus zu stürmen. Wir können schließlich nicht zusehen, wie er eine Geisel nach der anderen umbringt – und das noch dazu vor laufender Kamera. Deshalb hat er sich heute Morgen vor die Kamera gestellt und diese Nummer als großer Friedensbringer abgezogen. Damit will er uns den Wind aus den Segeln nehmen. Baxter wird es nicht zulassen, dass wir zuschlagen. Er wird zuerst nach einer friedlichen Lösung suchen wollen.«
»Da könnten Sie Recht haben«, sagte General Campbell. »Aziz will den Politikern einen friedlichen Weg aus der Krise anbieten.«
»Ja, aber dazu wird es nicht kommen, wenn ich es verhindern kann.«
»Iron Man«, erwiderte Campbell mit fester Stimme, »ich will nicht, dass Sie irgendetwas Eigenmächtiges unternehmen. Irene und ich müssen jetzt ins Pentagon zu einer Sitzung. Sie warten erst einmal ab. Wenn wir zurückkommen, werden wir entscheiden, wie es weitergeht. Haben wir uns verstanden?«
Rapp zwang sich, ruhig zu bleiben. Er wusste mittlerweile, dass es keinen Sinn hatte, eine Frage zu stellen, wenn einem die Antwort ganz sicher nicht gefallen würde.
»Ja, Sir«, antwortete Rapp schließlich.
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